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Waterstones-Eigner kauft Barnes & Noble

Neun Monate hat der Vorstand von Barnes & Noble nicht nur nach einem neuen Mann für den Chefsessel, sondern auch einem neuen Eigentümer gesucht. Am Freitagmittag wurde beides präsentiert – mit Namen, die in der internationalen Buchbranche zwar durchaus geläufig sind, die aber in dieser Konstellation kaum jemand auf der Rechnung hatte:

  • Herr der Bücher: James Daunt steigt absehbar zu einem der wichtigsten Buchhändler der Welt auf. In doppelter Mission soll er künftig die Geschicke von Waterstones und von Barnes & Noble leiten –  und damit den Kurs der größten Standorthändler Großbritanniens und der USA bestimmen. Dem ehemaligen Banker von J.P. Morgan gehört auch die britische Indie-Kette Daunt Books, die in London und im Umfeld der Metropole mit neun Buchhandlungen unterwegs ist (Foto: Hartmut Sieg).

    Die Private-Equity-Firma Elliott Management, die vor einem Jahr den britischen Buchfilialisten Waterstones übernommen hat, hat so viel Spaß am Buchverkauf bekommen, dass sie jetzt auch den größten stationären US-Verkäufer unter ihr Dach geholt hat.

  • Sobald der Deal rechtskräftig ist, wird Waterstones‘ Geschäftsführer James Daunt auch für Barnes & Noble verantwortlich zeichnen.

Die Rede ist von einem Kaufpreis von 6,50 Dollar pro Aktie, in der Summe sind das ca. 683 Mio Dollar (umgerechnet knapp 600 Mio Euro), die Elliott zahlt. Marktkenner sprechen angesichts der angespannten finanziellen Situation, in der sich Barnes & Noble seit mehreren Jahren befindet, von einem fairen Angebot für den Marktführer, das deutlich über dem Aktienkurs der letzten Monate liegt. Es wurde vom Vorstand einstimmig abgenickt.

 

Barnes & Noble: Schwankender Branchenprimus

Chairman und Firmengründer Len Riggio, mit 19% größter Anteilseigner der US-Buchkette, spricht von „einer einzigartigen Gelegenheit“, sein Lebenswerk langfristig wieder auf eine tragfähige Basis zu stellen. Barnes & Noble hatte zuletzt mit 627 Filialen und dem Online-Shop bn.com umgerechnet  3,3 Mrd Euro umgesetzt und war damit weltweit größter Standortbuchhändler. Damit ist die Kette zwar dreimal so groß wie Thalia / Mayersche als deutsche Nr. 1, doch anders als in Hagen geht beim amerikanischen Branchenprimus derzeit kaum etwas zusammen. Die Umsätze sinken von Quartal zu Quartal; dass es an einem durchgängigen Konzept fehlt, zeigt zudem die Tatsache, dass seit 2013 fünf CEOs verschlissen wurden.

 

Daunt verhalf schon Waterstones zu alter Größe

Mit Elliott im Rücken muss sich Daunt darüber keine Gedanken machen. Dass die Amerikaner Barnes & Noble dem 55 Jahre alten Engländer anvertrauen, spricht Bände für die gute Arbeit, die er bei Waterstones geleistet hat und weiterhin leisten wird, denn er wird seine Zeit zwischen London und New York aufteilen. Als Daunt 2011 ins Haus kam, stand der Filialist vor der Pleite, heute ist er mit 293 Filialen und einem Umsatz von umgerechnet 432 Euro so stark aufgestellt wie zu seinen besten Zeiten und wieder in der Lage, im Alleingang Bestseller „zu machen“.

Es wird interessant sein zu beobachten, wie Daunt das Projekt Barnes & Noble angeht. In einem ersten Statement deutete er bereits an, dass die von ihm bevorzugten „altmodischen buchhändlerischen Tugenden“ auch jenseits des Atlantiks zur Anwendung kommen werden. Angeeignet hat sich der ehemalige Banker von J.P. Morgan diese Tugenden in der 1990 von ihm gegründeten Londoner Minikette Daunt Books, die ihm weiterhin gehört, aber aus deren Tagesgeschäft er sich mit dem Einstieg bei Waterstones zurückgezogen hat.

Waterstones und Elliott Advisors

Seit Ende April 2018 hat Waterstones mit Elliott Advisors, dem britischen Ableger des US-Investmentunternehmens Elliott Management, einen neuen Eigentümer. Als der Vertrag unterzeichnet wurde, lagen die Zahlen für das Geschäftsjahr 2017/18 bereits vor, sodass die Investoren wussten, welchen Gegenwert sie für den auf rund 200 Mio Pfund geschätzten Kaufpreis bekommen.

Der Deal hatte seinerzeit auf der Insel vergleichsweise wenig Wellen geschlagen, weil Elliott, der in dem Ruf steht, einen aggressiven Geschäftsstil zu pflegen, bei seinem Einstieg in den britischen Buchmarkt sehr behutsam vorgegangen ist – und sich daran auch bis heute offensichtlich nichts geändert hat. Ein weiterer wichtiger Grund war, dass Paul Best, der das Europageschäft der Amerikaner verwaltet, James Daunt als Wunsch-Geschäftsführer der britischen Verlage nie in Frage gestellt hat.

Gepunktet hatte Best auch, weil er – für eine Investmentfirma nicht unbedingt alltäglich – im Vorfeld der Übernahme mehrere Londoner Verlage besucht hatte, um sich aus erster Hand einen Überblick zu verschaffen, wie die Buchbranche im Vereinigten Königreich funktioniert. Außerdem hatte er hinreichend finanzielle Unterstützung zugesichert, damit Daunt seinen Wachstumskurs mit Augenmaß fortführen kann.

 

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