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Regierung startet Lösungssuche für E-Lending

Vor einem Jahr haben Verlage und Autoren ein Zeichen gesetzt – zur Frankfurter Buchmesse 2021, aber vor allem zu den damaligen Koalitionsverhandlungen der Ampel-Bundesregierung. In der Kampagne „Fair Lesen“ ging es um die hochstrittigen Bedingungen, zu denen öffentliche Bibliotheken populäre E-Books, überwiegend Romane, verleihen dürfen.

Der Streit geht ums Geld und um die Kernfrage, ob Bibliotheken E-Books sofort nach Erscheinen ausleihen dürfen oder ob Verlage sie erst mit einem Zeitabstand für die „Onleihe“ freigeben können, um die E-Book-Verkäufe nicht zu beeinträchtigen.

»Existenzbedrohende Enteignung«: Im Oktober 2021 hatten sich Autoren, Verlagen und Handel zu Wort gemeldet. Im Fokus der Anzeigenkampagne stehen die Autoren, sowohl populäre Unterhaltungsautoren wie Sebastian Fitzek als auch Literatinnen wie Juli Zeh unter dem Motto „Schreiben ist nicht umsonst“. Die Autoren und Verleger wehren sich gegen die Forderung der Bibliotheken, alle E-Books ab Erscheinen verleihen dürfen – egal ob die Rechteinhaber das wollen oder nicht. „Das wäre ein massiver staatlicher Eingriff und käme einer Enteignung gleich, die für viele Autoren, Verlage und Buchhandlungen existenzbedrohend werden könnte“, erklärte u.a. Piper-Verlegerin Felicitas von Lovenberg. 2016 hatten sich die großen Publikumskonzerne Random House, Holtzbrinck und Bonnier mit der Divibib, der Digitaltochter des Bibliotheksdienstleisters EKZ, über Konditionen für die Onleihe geeinigt. Im Zuge des Onleihe-Booms sind Verlage und Bibliotheken mit den Bedingungen unzufrieden – in gegensätzlicher Richtung.

Der im November 2021 verabschiedete Koalitionsvertrag gab sich dann völlig offen mit dem schönen Ziel „faire Rahmenbedingungen beim E-Lending in Bibliotheken.“ Das Thema war im Handling der diversen allgemeinen Krisen in den Hintergrund gerückt, wird jetzt aber angegangen. Börsenvereins-Justiziar Christian Sprang berichtete jetzt am Rande der Frankfurter Buchmesse 2022 von einer Auftaktveranstaltung in Berlin mit Vertretern des Justiz- und des Wirtschaftsministerium sowie des Kanzleramts und Autoren-, Bibliotheks- und Verlagsverbänden. Unter Federführung der Beauftragten für Kultur und Medien (BKM), Staatsministerin Claudia Roth (Die Grünen) soll der E-Lending-Knoten  durchgeschlagen werden. Das könnte allerdings wegen der gegensätzlichen Positionen dauern, denn das Urhebberrecht müsste modifiziert und wohl auch mehr Geld für die E-Book-Budgets der Bibliotheken bereit gestellt werden. Wegen des komplexen Abstimmungsprozesses werden dem Vernehmen nach konkrete Lösungen nicht vor Herbst 2023 erwartet.       

 

Studie soll Verkaufs- und Verleihmarkt vermessen

Als Auftakt soll eine neue Studie die Nachfrage- und Erlösstrukturen eruieren. Es geht um die Größenordnungen und Wechselwirkungen zwischen der E-Book-Vermarktung zu festen Preisen und der Nutzung von E-Books aus dem Portfolio der Bibliotheken, das für Nutzer im Rahmen pauschaler Bibliotheksnutzungsgebühr kostenlos ist.

2019 hatte bereits der Börsenverein eine Studie in Auftrag gegeben, derzufolge das E-Lending die wirtschaftlichen Interessen von Autoren und Buchbranche beeinträchtigt.

Der Interessenskonflikt »Windowing«

In der entscheidenden Frage prallen die Interessen aufeinander:

  • Urheber und Verlage sind in Sorge, dass die Politik mit dem Argument des freien Literaturzugangs die digitale Ausleihe zu Niedrigpreisen erzwingen könnte. Autoren und Verlage wollen weiter entscheiden, wann und zu welchen Bedingungen die Digitalausgaben ihrer Bücher öffentlich verliehen werden dürfen.
  • Bibliotheken monieren, dass durch das „Windowing“ genannte Zurückhalten aktueller E-Book-Veröffentlichungen von teilweise bis zu einem Jahr die Literaturversorgung der Bürger behindert wird. Die Bereitstellung aktueller E-Books in Bibliotheken sei dann komplett abhängig von Marktentwicklungsprognosen der Verlage.

In einer ersten Fassung dieses Beitrags war von einer neuen „Marktforschungsstudie“ die Rede. Der Charakter der Studie und die Fragestellungen werden aber noch mit den Verbänden abgestimmt.

Kommentare

1 Kommentar zu "Regierung startet Lösungssuche für E-Lending"

  1. Wann wird endlich mal über eine vernünftige Ausleihpauschale der öffentlichen Bibliotheken an die VG Wort diskutiert? Die meisten Autoren sind keine Großverdiener und auf diese Einnahmen angewiesen.

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