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Warum das Kinderbuch auch Geschäftsfantasie weckt

Die aktuellen Wachstumsbereiche der Buchbranche sind identifiziert und werden entsprechend gefüttert: Es sind die Sachbücher, die im bisherigen Jahresverlauf zweistellig zugelegt haben, es sind die  Audioformate mit digitalen Zuwächsen (PLUS)  und es sind Bücher für den Nachwuchs.

Verlage und Entwickler im Kinder- und Jugend-Segment können sich zwar über schöne Zuwächse freuen, die Gemengelage ist allerdings komplex: Der Preisfaktor spielt eine wesentliche Rolle und der Trend ist von Buchtyp zu Buchtyp und je nach Alterszielgruppe durchaus unterschiedlich.

Umsatz: In den ersten 8 Monaten 2019 hat das Nachwuchssegment stolze 5% mehr umgesetzt. Auch der September wird absehbar mit einem Zuwachs enden, eine gute Ausgangslage für die im Kinder- und Jugendbuch besonders ausgeprägte Hochsaison im 4. Quartal, in dem zuletzt 38% des Jahresumsatzes realisiert wurden. Hinter der Kinder- und Jugendbuch-Dynamik steckt kein Bestsellereffekt durch einen Ausnahmetitel, sondern sie hat zwei erkennbare Treiber:

  • Es werden höhere Stückzahlen verkauft, Größenordnung im bisherigen Jahresverlauf: +1,4%.
  • Der erzielte Durchschnittspreis steigt stärker als in anderen Warengruppen: pro Exemplar im Schnitt um 34 Cent, das sind im vergleichsweise niedrigpreisigen Kinder- und Jugendbuchmarkt +3,6%.

Das Wachstum basiert also wesentlich auf höherer Zahlbereitschaft: Verlage und Handel haben noch stärker als in anderen Segmenten Preissteigerungen durchgesetzt. 

Nachfrage: Der Absatz, in der Gesamtbranche nach Rückgängen in den Vorjahren stabeil, hat im Kinder- und Jugendbuch-Bereich immerhin auch etwas zugelegt, aber recht unterschiedlich in den einzelnen Genres: Auffällig ist neben anhaltender Bilderbuch-Konjunktur die verstärkte Nachfrage nach Sachthemen. Kinderbücher fürs Erstlesealteer und Jugendbücher ab 12 waren dagegen zuletzt weniger gefragt. Von den Kinderbüchern bis 11 wurden ebenfalls weniger verkauft, was dem Umsatz aber wegen deutlich höherer Preise nicht geschadet hat. 

Formate: Auch wenn es derzeit gut läuft und Backlist wie Novitäten im traditionellen Format alles andere als schwächeln, steht die Frage im Raum: Welche Auswirkungen haben das veränderte Medienverhalten, der intensive Bewegtbild-Konsum und die damit lancierten Themen auf das Buchformat? Verlage experimentieren deshalb mit neuen Darreichungsformen.

 

Junge Leser treffender ansprechen: Starke Konkurrenzmedien, andere Lesegewohnheiten, Leserschwund – das sind die großen Herausforderungen der Branche. Loewe-Verlagsleiter Christoph Gondrom will ihnen im Kinder- und Jugendbuch mit Loewe Wow! begegnen. (Foto: Loewe)

Loewes »radikale« Bild-Text-Antwort

Auf das veränderte Rezeptionsverhalten der Youtube- und WhatsApp-sozialisierten Generation reagiert Christoph Gondrom, Verlagsleiter des Loewe Verlags, mit der neuen Programmschiene Loewe Wow!. Die Rezeptur:

  • Bei den Büchern kommt eine „radikal andere Text-Bild-Gestaltung“ zur Anwendung. Für die Titel gilt die Faustregel: 90% Bild, 10% Text. Gondrom: „Geringere Aufmerksamkeitsspannen machen Lesepausen notwendig, die durch die starke visuelle Komponente ermöglicht werden“.
  • Proklamiert wird „ein Abschied von der Textwüste“, aber auch eine klare Abgrenzung von Comic. Es gibt keine Sprechblasen, die Bildsequenzen sind in die Fließtextelemente integriert.
  • Im Januar 2020 erscheinen die ersten 4 Titel des Programms, im Herbst kommenden Jahres werden 6 weitere folgen.
  • Das Startprogramm richtet sich an die Altersgruppe von 7 bis 11 Jahren, perspektivisch werden junge Leserinnen und Leser im Alter von 6 bis 12 Jahren in den Blick genommen.
  • Lizenzen aus dem Ausland sind Ausnahmen, Loewe plant vor allem Eigenproduktionen.

 

Oetingers Schnellschuss-Imprint

Die Oetinger-Gruppe arrondiert die stolze Backlist und eingeführte Erzähler durch gezielte Schnellschüsse. Der Verlag kündigt fürs kommende Frühjahr das Imprint Migo an, mit dem der Verlag „rein vertriebsgesteuert und projektorientiert“ auf aktuelle Anstöße aus Entertainment, etwa TV-Formate, Games und Sport, reagieren will. Angekündigt werden „ungewöhnliche Buchformate, etwa mit digitalen Erweiterungen, Humorbücher oder auch Apps“. Wobei die Entwicklungen jeweils nach intensiven Testphasen in der Zielgruppe auf den Markt kommen sollen. Siehe ausführlicher: Oetinger launcht Imprint Migo.

 

HarperCollins »Dragonfly«-Programm

HarperCollins Germany, Tochter des internationalen Publikumsverlagsriesen HarperCollins, hat unterdessen weniger neue Formate als ein grundsätzliches Entree in den Wachstumsmarkt Kinder & Jugend im Sinn, um sich ein Stück vom Kuchen zu sichern. Während die US-Mutter im Kinder- und Jugendbuch bereits breit mitspielt, gab es beim deutschen Ableger bislang nur punktuelle Auftritte im Jugendbuch. Mit dem neuen Kinder- und Jugendbuch-Imprint Dragonfly, das jetzt gestartet ist, setzt HarperCollins Germany auf einen ambitionierten Auftritt.

Programmchefin Carina Mathern, im August 2018 von Oetinger ins Unternehmen gewechselt, hat fürs Debüt ein Paket von 15 Titeln gebündelt. Inhaltlich reicht die Palette vom Bilderbuch über Romance bis zur Fantasy. Als Autoren sind u.a. Ami Ewing mit dem Titel „Kristallblau“, („Echte Helden“) und Jennifer L. Armentrout mit ihren Reihen „Götterleuchten“ (Hardcover) und „Dark Elements“ (Taschenbuch) mit an Bord.

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