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Gericht nimmt ResearchGate in die Pflicht

Wann ist eine Plattform lediglich ein passiver Infrastrukturanbieter und ab wann dann doch verantwortlich, wenn seine Nutzer darüber urheberrechtlich geschützte Inhalte verbreiten? Das ist eine viel diskutierte Grundsatzfrage der Internetwirtschaft, die auch die Verlagsbranche beschäftigt.

So befinden sich der internationale Wissenschaftsverlag Elsevier und die American Chemical Society (ACS) seit Jahren im Clinch mit dem Forschernetzwerk ResearchGate, weil auf dessen Plattform Forschungsartikel aus den Fachzeitschriften der Verlage veröffentlicht werden. Die von internationalen Wissenschaftsverlagen gebildete „Coalition for Responsible Sharing“, der auch Elsevier und ACS angehören, schätzt, dass über das soziale Netzwerk für Forschende 4 Mio urheberrechtsverletzende Inhalte verfügbar sind. Zuletzt waren im Herbst 2021 bei ResearchGate auf einen Schlag 200.000 Takedown-Notices, also Löschaufforderungen von Artikeln, von Elsevier und der ACS eingegangen.

Vorm Landgericht München hat das Verlagsduo jetzt einen Teilerfolg in einem seit 2017 geführten Rechtsstreit errungen:

  • Das Gericht hat in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil ResearchGate verboten, verlagsgebundene Artikel über die Plattform zugänglich zu machen.
  • Schadenersatzforderungen wurden dagegen zurückgewiesen, weil dafür höhere Anforderungen an den Nachweis der Rechtsinhaberschaft bestehen.

ResearchGate war der Ansicht, nicht für die Veröffentlichung der Artikel verantwortlich gemacht werden zu können, weil diese von den Nutzern hochgeladen worden seien. Das Gericht sah das anders.

ResearchGate installiert Upload-Filter

Anstatt nur den Weg der nachträglichen Löschaufforderungen (Takedown-Notices) zu gehen, hat ResearchGate im Herbst 2021 begonnen, einen Upload-Filter zu installieren, der bereits beim Upload prüfen soll, ob ein User eine Publikation hochladen darf oder ob das einen Urheberrechtsverstoß darstellt. Verlage müssen dazu Referenzdateien ihrer Publikationen bereitstellen. Aber das Netzwerk betont auch: „Wie immer liegt es in der Verantwortung der Forscher, ihre Rechte zu kennen und zu bestätigen, bevor sie einen Inhalt hochladen.“

Die Verlagsinitiative „Coalition for Responsible Sharing“ fordert bereits seit Jahren eine solche automatisierte Inhalteprüfung beim Upload. Die Mitglieder der Coalition haben laut eigener Aussage bislang mehr als 500.000 Löschaufforderungen verschickt, weil ResearchGate urheberrechtsverletzende Inhalte verbreitet habe. Angesichts dieses Ausmaßes sei dieser Weg langfristig keine praktikable Lösung.

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