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Zukunft des Lesens? Auf Smartphones und Papier

Die offenbar sehr erfolgreiche Markteinführung des neuen iPhones 6s von Apple am Wochenende hat einmal mehr gezeigt, dass Smartphones zu den wichtigsten elektronischen Geräten für den Medienkonsum avanciert sind – sie sind hierzulande jetzt sogar stärker verbreitet als Laptops. Ein Trend, auf den sich besonders die Buchbranche einstellen muss.


Mit dem Smartphone als „Über-Objekt“ beschäftigt sich auch eine Veranstaltung des Orbanism-Space auf der Frankfurter Buchmesse. Am Donnerstag, 15.30 Uhr, diskutieren Sascha Lobo und Christiane Frohmann das Phänomen kulturwissenschaftlich, soziologisch, psychologisch und ökonomisch. Hier weitere Infos

Nach einer aktuellen Studie der Unternehmensberater von Deloitte ist in den vergangenen Monaten im Gerätepark der Deutschen eine Wachablösung erfolgt: Das Smartphone habe den Laptop als die am weitesten verbreitete mobile Gerätekategorie verdrängt: Drei Viertel der Konsumenten haben demnach hierzulande nun Zugriff auf ein smartes Telefon.

Unternehmen, die mit neuen Apps auf den Markt stoßen, haben es jedoch schwer, denn die Neugierde der Nutzer auf neue Apps bzw. ihr Bedarf scheint bei weiten Teilen der Nutzerschaft gesättigt zu sein: Fast die Hälfte der deutschen Mobilfunknutzer hätten angegeben, im letzten Monat keine App heruntergeladen zu haben. Selbst im Segment der Konsumenten zwischen 18 und 25 Jahren hätten 45% der Befragten im letzten Monat keine neuen Apps installiert. Im Gegenzug würden die wenigen vorhandenen Apps intensiver genutzt.
Mit den Auswirkungen des Mobile-Trends hat sich auch der Berater Benedict Evans (vom  Risikokapital-Geber Andreessen Horowitz) beschäftigt: „Mobile“ bedeute nicht „wenn man mal mobil ist“, sondern der „universale Zugang zum Internet für jeden zu jeder Zeit“. Dies betreffe nicht nur die Verbraucher in reicheren Ländern: Von den 5 Mrd Menschen auf der Welt hätten 4 Mrd ein Handy, und fast alle würden in den kommenden Jahren zu Smartphones wechseln (deren Preise jetzt bei 40 Dollar anfingen). „Mobile ist ein universales Produkt, was beim PC nie der Fall war.“
Was bedeutet das für die Inhalteindustrie?
Nach Einschätzung des „Wall Street Journal“ zeichnet sich längst ab, dass nicht E-Reader die „Revolution des digitalen Lesens“ vorantreiben, sondern Smartphones. Judith Curr, Verlegerin des Simon & Schuster-Imprints Atria Books, sieht die Zukunft des Lesens entsprechend „auf Smartphones und Papier“.
Nach Nielsen-Zahlen liest jeder zweite E-Book-Leser in den USA inzwischen auch auf Smartphones. Der Anteil derjenigen, die primär auf E-Readern lesen, seit seit 2012 von 50% auf 32% gesunken (Stand: 1. Quartal 2015); ein ähnlicher, wenn auch wenig dramatischer Trend bei Tablet-Lesern, deren Anteil in einem Jahr von 44% auf 41% schrumpfte.
Eine Entwicklung, die auch Apple in den USA bestätigt: Nach der Einführung des großen iPhones 6 im September 2014 erfolgten 45% der Käufe mit der Lesesoftware iBooks von iPhones aus, vorher seien es nur 28% gewesen, vor der Einführung des 5,7-Zoll-Geräts ging das Gros der Bestellungen von iPads aus. 
Wie stellen sich Verlage auf den Smartphone-Boom ein?
  • Die Cover der Titel würden zunehmend mit Blick auf Smartphones designed.
  • Marketing-Maßnahmen wie E-Mail-Kampagnen oder Facebook-Posts würden auf Smartphone-Nutzung hin konzipiert.
  • Einige Verlage versuchten, Leser unterwegs zu erreichen, z.B. mit freien Zugängen zu E-Books an Flughäfen und in Hotels. Zu diesem Zweck kooperiere beispielsweise Simon & Schuster mit dem Dienstleister Foli, der E-Books an bestimmten GPS-Koordinaten anbiete.
  • Penguin Random House dagegen habe E-Book-Ausgaben von Paula Hawkins „The Girl on the Train“ in bestimmten Bahnverbindungen von Amtrak zur Verfügung gestellt. 
  • Verlage entwerfen jetzt wieder vermehrt Apps, die zusätzlich zum reinen Text weitere Inhalte umfassen.
Umstritten bleibe jedoch, ob auch die Lektüre längerer Texte am Smartphone verbreitet sei. Ähnlich wie hierzulande der Bonner Professor Alexander Markowetz argumentiert die US-amerikanische Linguistik-Professorin Naomi S. Baron: Selbst wenn der Leser alle Benachrichtigungen ausschalte, seiein längeres Konzentrieren am Smartphone schwierig.

Foto: Japanexperterna.se, flickr, CC BY-SA 2.0

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