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Die agile Unternehmens-Organisation

Was kommt nach dem agilen Projektmanagement? Viele Unternehmen haben gelernt, dass es nicht ausreicht, einzelne Projekte agil voranzutreiben. Denn agile Projektabläufe können mit Vorgaben klassischen Managements wie etwa Kontroll- und Berichtspflichten kollidieren.

Für den Erfolg eines mittelständischen Unternehmens muss das Management in erster Linie sicherstellen, dass die Projektergebnisse stimmen. Change- und Managementberaterin Katja von Bergen von der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner schlägt im Channel Produktion & Prozesse von buchreport.de vor, über die klassische Linienorganisation nachzudenken, die auch im Verlagswesen vorherrscht. Dabei sind Verlage mit ihrer meist partizipativen Unternehmenskultur ideal geeignet, ihre Organisation und ihre Prozesse so aufzusetzen, dass Agilität im Projekt funktioniert.

 

Agile Unternehmensentwicklung

Das agile Projektmanagement entfaltet seine Vorzüge nur, wenn sich im Umfeld der Projekte die nötigen kulturellen Lern- und Veränderungsprozesse vollziehen. Diese Erfahrung sammelten in den zurückliegenden Jahren viele Unternehmen.

Unter dem Stichwort „Agiles Projektmanagement“ wird aktuell in Unternehmen vieler Branchen – auch im Mittelstand – lebhaft darüber diskutiert, wie sich die Projektarbeit nicht nur effektiver gestalten, sondern eventuell sogar auf ein ganz neues Fundament stellen lässt. Dabei deutet das Adjektiv „agil“ bereits an, was das Ziel des agilen Projektmanagements ist: Neben der Planung soll auch die Steuerung der Projekte so dynamisch und flexibel wie möglich erfolgen, damit die Innovationskraft und -geschwindigkeit der Unternehmen und die Effizienz und Effektivität der Projekte steigen.

 

Die wichtigsten Transformationshebel

Als mögliche Hebel, um diese Ziele zu erreichen, gelten vor allem:

1. Inkrementelle (Projekt-)Planung

Das heißt: Statt zu Projektbeginn einen detaillierten Projektplan zu entwerfen, wird ein vorläufiger Plan erstellt, der im Projektverlauf fortgeschrieben und abhängig vom Erkenntnisstand modifiziert wird.

2. „Osmotische“ Kommunikation

Das heißt: Die Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten (firmeninternen „Kunden“ und „Lieferanten“) erfolgt möglichst direkt, ohne Hindernisse wie Bereichsgrenzen.

3. Sich selbst organisierende Teams

Das heißt: Die Projektteams entscheiden selbst, wie sie sich organisieren und ob sie eine Führung benötigen. Sie entscheiden auch selbst, wer wann welche Aufgabe wie erledigt.

4. Enge Zusammenarbeit von Fachexperten und Entwicklern

Das heißt: Zwischen firmeninternen „Kunden“ und „Lieferanten“ erfolgt ein regelmäßiger, kurzzyklischer Austausch über den Stand des Projekts, damit das Verstehen wächst und „Fehler“ früh erkannt werden.

5. Iteratives Vorgehen

Das heißt: Bereits entwickelte Teile der Problemlösung werden so früh wie möglich an die firmeninternen Kunden ausgeliefert und erprobt.

 

Das Umfeld und die Kultur müssen passen

Inzwischen haben viele Unternehmen bereits Erfahrung mit dem agilen Projektmanagement gesammelt. Diese zeigt: Das agile Projektmanagement ist ein sinnvolles Vorgehensmodell, zum Beispiel,

  • wenn ein Projekt (oder Unternehmen) in einem sehr diffusen Umfeld angesiedelt ist und die Anforderungen nur schwer erfasst werden können oder sich rasch wandeln
  • wenn, um die bestmögliche Problemlösung zu entwickeln, Experten unterschiedlicher Provenienz sehr eng miteinander kooperieren müssen.

Keinesfalls ist das agile Projektmanagement aber ein Allheilmittel, denn sein Erfolg hängt unter anderem von folgenden Faktoren ab:

  • Verfügt das Unternehmen über das nötige Know-how und Personal?
  • Verträgt sich die agile Methodik mit der etablierten Unternehmens- und Führungskultur?

Komplexe Change- und Innovationsprojekte sind in der Regel in einen gewachsenen organisationalen Rahmen eingebettet, der durch gewisse Denk- und Verhaltensmuster, also eine bestimmte Kultur, geprägt ist. Und mit diesem stehen die Projekte in einem interdependenten Verhältnis. Deshalb können sich agile Ansätze in Unternehmen nur entwickeln, wenn zugleich im Umfeld ein entsprechender Lern- und Veränderungsprozess erfolgt.

Deshalb fragen sich viele Unternehmen, die Erfahrung mit agilen Ansätzen haben, vor allem eins: Genügt es, unsere Projektarbeit in Richtung einer höheren Agilität zu trimmen, oder muss unsere gesamte Organisation so strukturiert werden, dass sie dynamischer im Markt agiert?

 

Der Channel Produktion & Prozesse

Weitere Lösungen, Impulse und Erfahrungsberichte für die Verlagsproduktion lesen Sie im Channel Produktion & Prozesse von buchreport und Channel-Partner Publisher Consultants.
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Die Abteilungen durch Kreise ersetzen?

Die meisten Unternehmen haben heute noch eine Linienorganisation. Das heißt, jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter ist genau einer Abteilung zugeordnet, die jeweils eine Leiterin oder einen Leiter hat. Das führt im Unternehmensalltag oft dazu, dass Abteilungs- und Bereichsdenken dominiert und viele Schnittstellen den Projektfortschritt verlangsamen können. Deshalb fragen sich zurzeit viele Unternehmen: Wäre es nicht zielführender zumindest in unseren Kernbereichen die Arbeit anders zu strukturieren – zum Beispiel in themenbezogenen Kreisen? Das heißt: Die einzelnen Mitarbeiter sind nicht länger einer Abteilung zugeordnet. Sie arbeiten stattdessen abhängig von ihrer Funktion in der Organisation in mehreren Kreisen mit: 

  • Die Kreise haben jeweils ganz konkrete Aufgaben in der Organisation (oder Teilaufgaben in Projekten).
  • In ihnen finden sich die Mitarbeiter zusammen, die gemeinsam über die hierfür nötige Kompetenz verfügen.

Diese Kreise verfügen über alle nötigen Entscheidungsbefugnisse zur Erfüllung ihrer Aufgaben, wobei die relevanten Entscheidungen stets im Team getroffen werden. Hierzu zählt auch die Entscheidung, ob ein Kreis (zeitlich befristet) eine Führung braucht – und wer diese Funktion übernimmt.

Zwischen den Kreisen besteht in der täglichen Zusammenarbeit ein reger Informationsaustausch. Dieser ist unter anderem dadurch garantiert, dass es zwischen den Kreisen personelle Überschneidungen gibt, da jeder Mitarbeiter Mitglied mehrerer Kreise ist. Außerdem entsenden die einzelnen Kreise bei Bedarf Vertreter in andere Kreise. Die Kreise koordinieren ihre Zusammenarbeit also selbst und reflektieren diese auch regelmäßig.

 

Die hierarchischen Strukturen aufbrechen?

Durch eine solche Organisation – zumindest der Bereiche, in denen aufgrund der Komplexität der Aufgaben eine sehr dynamische Zusammenarbeit und ein reger Informationsaustausch nötig sind – erhoffen sich die Unternehmen dreierlei:

  1. ein Aufbrechen der klassischen hierarchischen Strukturen in ihrer Organisation, sodass das Abteilungs- und Bereichsdenken überwunden wird
  2. eine höhere Identifikation der Mitarbeiter mit ihren Aufgaben und den zu erreichenden Zielen, weil sie in den Kreisen zwar ihren Fähigkeiten angepasste Aufgaben, aber alle den gleichen Rang und die gleichen Rechte haben
  3. eine effektivere Zusammenarbeit sowie höherwertige Ergebnisse beim Erfüllen komplexer Aufgaben, weil die involvierten Personen und Kreise unmittelbar miteinander kommunizieren und selbst die für die bestmögliche Lösung erforderlichen Entscheidungen treffen.

 

Führung neu definieren?

In einem solchen, sich weitgehend selbst steuernden System verändert sich auch der Charakter von Führung. Ihre Hauptfunktion besteht darin

  • die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Kreise in der Organisation und die einzelnen Mitarbeiter in den Kreisen ihre Funktion erfüllen können
  • den Mitarbeitern die Vision und Strategie zu vermitteln, sodass diese ihre Arbeit hieran orientieren können.

Zudem muss Führung die agilen Werte vorleben und die angestrebte Veränderung im Unternehmen vorantreiben.

Inzwischen werden die agilen Prinzipien in einer Reihe von Unternehmen zumindest versuchsweise gelebt. Hierbei zeigt sich immer wieder: Diese Form der Organisation setzt gewisse Kompetenzen bei den Mitarbeitern und Führungskräften voraus. Sie sollten zum Beispiel über eine hohe Veränderungsbereitschaft verfügen und mit Unsicherheit umgehen können. Außerdem sollte die Unternehmenskultur von einem wechselseitigen Vertrauen geprägt sein und den Kreisen und Mitarbeitern die nötigen Entscheidungs- und Handlungsspielräume zugestehen, um die eigene Arbeit selbst zu organisieren. Beide gilt es zu entwickeln, damit die agilen Prinzipien die gewünschte Wirkung entfalten.

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