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Buchhandlung Weidinger: Einsatz für die Literatur

Der Österreichische Buchhandlungspreis wird seit 2017 jährlich vom österreichischen Bundeskanzleramt und dem Hauptverband des Buchhandels an „herausragende Buchhandlungen“ vergeben, darunter in diesem Jahr unter anderem die Buchhandlung Weidinger in Seewalchen am Attersee.


Das Team der Buchhandlung Weidinger freut sich über die Auszeichnung 2021. (Foto: Michael Maritsch)

Das Team der Buchhandlung Weidinger freut sich über die Auszeichnung 2021. (Foto: Michael Maritsch)

Buchhandlung Weidinger

Inhaber: Erich Weidinger

Atterseestraße 38, 4863 Seewalchen

www.atterbuch.at

Auszug aus der Jurybegründung: „Seewalchen am Attersee ist ein kleiner Ort, der im Sommer sehr belebt und jenseits der warmen Jahreszeit eher ruhig ist. Das ist keine ideale Voraussetzung für den Standort einer Buchhandlung und verlangt großen persönlichen Einsatz und Durchhaltevermögen. Seit 1995 betreibt Erich Weidinger hier seine Buchhandlung und pflegt ein literarisches Sortiment, das besonders auch regionale Autorinnen und Autoren im Fokus hat, schließlich ist Erich Weidinger nicht nur Buchhändler, sondern auch selbst Autor. Als Vorleser trägt er aktiv zur Lese- und Literaturförderung in der Region bei, insbesondere in den Schulen, und gibt auf seinem Kinderbuchblog Lesetipps. Betritt man die Buchhandlung Weidinger, bemerkt man, dass neben dem klassischen Vollsortiment, das die Buchhandlung als Nahversorger für Kunden lagernd hat, viele literarische Titel auf den Tischen liegen und dass hier auch ein großes Augenmerk auf die österreichische Literatur gelegt wird. Erich Weidinger ist ein literarischer Nahversorger mit viel Engagement und wird aus diesem Grund mit dem Österreichischen Buchhandlungspreis 2021 ausgezeichnet.“


Was zeichnet Ihr Unternehmenskonzept aus und wo liegen die besonderen Stärken Ihrer Buchhandlung?

Wir sind eine Buchhandlung am Land, deren es in Österreich nicht mehr viele gibt. Wir setzen auf individuelle Betreuung unserer Kunden. Lesen alle sehr viel und können dadurch auch eigene Bestseller generieren. Wir schaffen es öfters mit gewissen Titeln die Nummer 1 im Verkauf in Österreich zu sein.  Eine große Stärke ist auch unsere Auswahl und auch Engagement für das Kinder und Jugendbuch.  Weiters betreuen wir viele Veranstaltungen mit Büchertischen ca. 50 – 70 im Jahr.

Wie groß ist die Aufmerksamkeit infolge der Auszeichnung und was versprechen Sie sich von dem Preis?

Das Echo der Auszeichnung war enorm und manchmal auch berührend. (z.B. kommt ein älterer Mann herein, gratuliert uns zum Preis und überreicht uns eine bemalte Holzente, die er selber hergestellt hatte, mit den Worten: Da wir am See wohnen, dachte ich, ihr braucht eine Ente!)

Diese Ente sitzt jetzt neben unserem Kunden-Computerbildschirm. Eine andere Kundin steht plötzlich mit einem Tulpenstrauß vor uns. Viele echte und herzliche Gratulationen gelangen auf verschiedenste Art und Weise zu uns.  Wir versprechen uns von dem Preis für die Zukunft nicht zu viel, da es für uns vor allem die Bestätigung unseres „Tun’s“ der letzten 20 Jahre ist.  

Was machen Sie mit dem Preisgeld?

Wir unterstützen heuer das Krimi-Literatur-Festival am Attersee, da trotz Corona die Planung weiter läuft und viele tolle Veranstaltungen auf uns warten. Weiters habe ich mit dem Tourismusverband ein Projekt geplant, das noch im Mai ausgeschrieben wird. „Schreiben unter Sternen“ – (Author in Residence) Eine AutorIn und eine KinderbuchautorIn werden im Herbst für 14 Tage an den Attersee eingeladen und wohnen jeweils in einer Ferienwohnung am See. Aufenthalt und Verpflegung wird übernommen.

Der Preis war die Bestätigung, dass ich mein Leben weiter der Literatur widme: Im Juli 2021 beginne ich mit einer eigenen Kinder- und Jugendliteratur Radiosendung im Freien Radio Salzkammergut.  Zusätzlich werden wir auch zwei sozialen Einrichtungen eine Spende überbringen.

Was ist die größte Herausforderung, vor der Sie als Buchhändler stehen?

Spannend wird es in Zukunft vor allem mit einer neuen Kundenschicht. Wir erleben leider auch schon jetzt, sehr häufig, dass sich (neue) jüngere KundInnen nicht mehr beraten lassen. Es ist manchmal wirklich zu spüren, dass Anfangs wenig Vertrauen da ist. Geschäftsleuten wird leider oft nachgesagt, dass sie nur den Umsatz im Kopf haben. Hier kommt sicher eine große Herausforderung an alle BuchhändlerInnen – egal ob in Deutschland, der Schweiz oder Österreich.

Wie hat die Corona-Krise Ihr Geschäft verändert? Was machen Sie künftig anders?

Durch die vielen Lockdowns hat sich jedes Geschäft verändert. Wir am Land hatten zum Glück die Möglichkeit sehr flexibel zu reagieren und gaben auch unseren KundInnen einen großen Vertrauensvorschuss, der nie, und wirklich nie ausgenutzt wurde. Dafür Danken wir all unseren lieben KundInnen.  Da wir seit vielen Jahren auch Online Bücher verkaufen, auf mehreren Social-Kanälen präsent sind und auch dort Werbung für Bücher einsetzen haben wir Wirklich über alle Kanäle auch Bestellungen erhalten.  Wie viele BuchhändlerInnen Landauf und Landab war das Arbeitsaufkommen plötzlich beinahe auf das Dreifache gestiegen. So wie alle, haben auch wir durchgehalten und das Land mit Literatur versorgt. 

Was wir an Zukunft anders machen, können wir noch nicht sagen, da wir erst abwarten müssen, wann wieder eine „neue“ Normalität eintritt. Unsere Prämisse lautet flexibel zu bleiben und möglichst alles „positiv“ anzugehen, obwohl zur Zeit leider immer noch das Wort „negativ“ positiver gesehen wird.  

Gehen Sie womöglich sogar gestärkt daraus hervor?

Die Mehrfachbelastung zu Corona-Zeiten ist sehr anstrengend und auch mühsam. Gleichzeitig freut man sich darüber, dass unsere Ideen angenommen wurden und auch fruchten.  Jede Krise ermöglicht auch gestärkt daraus hervorzutreten. Ich wünsche allen da draußen, dass sie es schaffen. 

Ich selber habe zwei schlimme Jahre hinter mir – 2019 hatte ich einen Schlaganfall, von dem ich mich zum Glück gut erholen konnte, dann kam das erste Corona-Jahr.  Genau deshalb gehe ich persönlich gestärkt aus dieser Krisenzeit. Die persönlichen und gesellschaftlichen Einschränkungen der vielen Lockdowns waren nichts im Vergleich zu den erlebten gesundheitlichen Einschränkungen. Vergessen wir nicht, es gibt auch andere Krankheiten und Schicksale. Bevor wir zu sehr über unsere eigene jetzige Situation schimpfen, sollten wir mal an andere denken.

 

Der Österreichische Buchhandlungspreis

Der mit insgesamt 50.000 Euro dotierte Preis (5 x 10.000 Euro) wurde 2017 in Analogie zum Deutschen Buchhandlungspreis erstmals ausgelobt. Er wird vom Bundeskanzleramt der Republik Österreich (BKA) und dem Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB) jährlich vergeben. 

Ausgezeichnet werden Buchhandlungen, die

  • ihren Sitz in Österreich haben
  • inhabergeführt und unabhängig sind
  • ein literarisches Sortiment oder ein kulturelles Veranstaltungsprogramm anbieten
  • innovative Geschäftsmodelle verfolgen oder sich im Bereich der Lese- und Literaturförderung engagieren

Die Preisträger 2021:

 

Das sind die besten Buchhandlungen Österreichs

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