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Erst warnen, dann klagen

Auf der Suche nach effektiven Mitteln der Pirateriebekämpfung hat der Börsenverein für die seit Jahren erhobene Forderung nach einem gesetzlich verankerten Warnhinweis-System (hier mehr) jetzt Rückendeckung von hoher Stelle bekommen. In einem Anfang des Monats vorgestellten Gutachten (hier zum Download) plädiert das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) für ein „vorgerichtliches Mitwirkungsmodell“. Doch die Internetwirtschaft kündigt Widerstand an.
Es sieht als Verfahren vor:
  • Wenn ein Rechteinhaber einen Rechtsverstoß entdeckt, ermittelt er die IP-Adresse des Anschlussinhabers und übermittelt sie dem Zugangsanbieter.
  • Der Zugangsanbieter versendet eine aufklärende Warnung an den Anschlussinhaber, dessen Klarnamen und Anschrift er als Vertragspartner hat.
  • Zugleich legt der Zugangsanbieter Namen und Verstoßvorwurf in einer intern geführten Liste ab.
  • Ab einer bestimmten Anzahl von Verstößen gibt der Zugangsanbieter die anonymisierte Liste an den Rechteinhaber.
  • Der Rechteinhaber kann dann, wie bereits nach derzeit geltendem Recht, im Wege eines gerichtlichen Auskunftsverlangens Namen und Anschrift des Anschlussinhabers heraus verlangen.
  • Nach der Herausgabe der Daten kann der Rechteinhaber den Anschlussinhaber wie bereits nach geltendem Recht für die Urheberrechtsverletzung in Anspruch nehmen.
Durch dieses Verfahren soll
  • verhindert werden, dass Internetnutzer sich ohne vorherige Vorwarnung mit teuren Haftungsklagen konfrontiert sehen. 
  • Rechteinhabern ermöglicht werden, „Mehrfachtäter“ ausfindig zu machen und zielgenau gegen sie vorzugehen.
  • Die Zivilgerichte von den Auskunftsbegehren in „Einzelfällen“ entlasten.
Ob dieses Modell allerdings eine Chance auf Realisierung hat, steht in den Sternen. Grund: Es sieht vor, auch die Zugangsanbieter für den Kampf gegen illegale Downloads in die Pflicht zu nehmen. Und die wehren sich dagegen ebenso energisch wie die One-Click-Hoster. 
Die Federführung für Gesetze zur Pirateriebekämpfung liegt nicht beim BMWi, sondern beim Bundesjus­tizministerium. Dessen Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat sich deutlich gegen eine Verpflichtung der Zugangsanbieter ausgesprochen.
Die Provider unter den Mitgliedern des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco schon erklärt, die Einführung von Warnmodellen verhindern zu wollen. Begründung: Sie hätten kein Interesse daran, die nötige Infrastruktur auf eigene Kosten aufzubauen und dafür auch noch den Ärger ihrer Kunden auf sich zu ziehen. Sie wollten außerdem neutrale Anbieter von Internetzugängen bleiben und keine Verantwortung für das übernehmen, was ihre Kunden mit diesen Zugängen anstellten  (hier mehr).
In einem Gegengutachten, das von eco in Auftrag gegeben wurde, kommt der Juraprofessor Thomas Hoeren zu dem Schluss, solche Modelle seien in mehrerlei Hinsicht rechtswidrig. Kritisch sei die „Privatisierung der Rechtsdurchsetzung“, zitiert die „Zeit“ (hier) aus dem Gutachten. Das Modell führe „im Kern dazu, dass Private Befugnisse erhielten, die eigentlich (Strafverfolgungs-)Behörden oder den Gerichten vorbehalten sein sollten.“

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