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Die Kirche geht stiften

Was sich in den vergangenen Monaten abgezeichnet hatte, ist jetzt beschlossene Sache: Der Verkauf der Verlagsgruppe Weltbild ist vom Tisch. Die Gesellschafter (zwölf katholischen Bistümer, der Verband der Diözesen Deutschlands und die Soldatenseelsorge Berlin) wollen die Anteile an der Verlagsgruppe auf eine noch zu gründende kirchliche Stiftung öffentlichen Rechts übertragen.
Die Gesellschafter hätten sich am Dienstag dieser Woche auf die Stiftungs-Lösung verständigt, hatten zunächst die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ und DPA gemeldet, inzwischen liegt auch buchreport eine Bestätigung von Peter Beer, Aufsichtsratsvorsitzender der Verlagsgruppe Weltbild, vor: Er habe die Geschäftsführung  gemeinsam mit seinem Stellvertreter, Michael Fuchs, über den Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 26. Juni 2012 informiert: Demnach sollen sämtliche Anteile in eine neu zu gründende Stiftung eingebracht werden:

  • Die Stiftung werde alleiniger Gesellschafter der Verlagsgruppe Weltbild sein.
  • Die Gesellschafter verzichteten auf Verkaufserlöse und zukünftige Gewinnausschüttungen.
  • Bei der Stiftung werde es sich um eine kirchliche Stiftung öffentlichen Rechts handeln, die ausschließlich gemeinnützige, kulturelle und kirchliche Ziele verfolgt.
  • Einzelzeiten dazu würden in den kommenden Monaten ausgearbeitet und geklärt. 

In der Pressemitteilung begrüßt Weltbild-Chef Carel Half die Entscheidung: „Die Stiftungslösung gibt dem Unternehmen eine gute Stabilität und Perspektive angesichts der Umbruchsituation im Buchmarkt. Das Unternehmen kann nun mit der nötigen langfristigen Perspektive den Herausforderungen der Digitalisierung begegnen.“

Erfuhr Betriebsrat aus der Presse von der Entscheidung?

Beim Betriebsrat von Weltbild wundert man sich, weil man erst aus der Presse von der Entscheidung erfahren habe, heißt es im Verdi-Blog – „obwohl Halff mehrmals öffentlich versprochen hat, die Belegschaft im Zusammenhang mit dem Verkauf stets zu informieren. Ganz schlechter Stil!“

Zu den Gründen der Kirche, sich für eine Stiftungslösung und gegen einen Verkauf zu entscheiden, ist bislang nichts bekannt geworden. Angesichts des wirtschaftlichen Umfelds – in der Wirtschaft im Allgemeinen und der Buchbranche im Besonderen – dürfte  der Verkauf an mangelnden Interessenten oder zu niedrigen Kaufangeboten gescheitert sein.  

Hinzu kommt, dass der kämpferische Betriebsrat und das vergleichsweise große Engagement der Belegschaft bei der Verteidigung der eigenen Interessen auf mögliche Investoren, die grundlegend an der Weltbild-Struktur Veränderungen vornehmen wollen, abschreckend gewirkt haben.

Ist „Weltbild clean“ eine gute Lösung?

Ob Weltbild unter dem Stiftungsdach allerdings zur Ruhe kommt, ist unklar. Fraglich ist nämlich, ob mit dem neuen Eignermodell inhaltliche Auseinandersetzungen – ursprünglicher Auslöser für den Verkauf war eine Debatte um erotische Bücher – auf Dauer vermieden werden könnten. Im Interview mit buchreport.de hatte Weltbild-Betriebsratschef Peter Fitz erklärt, dass eine Beschneidung des Weltbild-Angebots (d.h. jegliche Bücher mit erotischen oder esoterischen Inhalten herausfiltern) für das Unternehmen nicht zielführend wäre: Eine Sortimentsbereinigung, die im Sinne der „fundamentalistischen Ecke“ der Kirche erfolgte, würde Weltbild einen „gigantischen Schaden“ zufügen:

Rückblick: Der Streit um das Erotik- und Esoterikangebot von Weltbild war im Oktober 2011 nach einem buchreport-Bericht ausgebrochen – zur Frankfurter Buchmesse bemerkte buchreport, dass der Erotik-Verlag Blue Panther mit der Bezugsquelle weltbild.de wirbt (hier mehr zur Vorgeschichte). Daraufhin rügten die Bischöfe die Weltbild-Führung und setzen die Prüfung eines Verkaufs auf die Agenda. Mit Blick in die unsichere Zukunft erkämpften sich Betriebsrat und Gewerkschaft einen „Zukunftstarifvertrag“ (hier mehr). 

Einen Überblick über die komplette Berichterstattung von buchreport.de zur Weltbild-Affäre finden Sie in unserem Dossier.

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