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Vom Ende des Billigbuchs

Für die Fortschreibung des Weltbild-Dramas (hier das Dossier) gibt es eine Bandbreite an Szenarien: Die einen setzen auf den radikalen Veränderungsdruck eines Insolvenzverfahrens als eine Art Befreiungsschlag, andere hoffen, dass die vorliegende konzeptionelle Multichannel-Substanz doch noch irgendwie trägt. Einstellen wird man sich so oder so auf Entflechtung, Filetierung, Verschlankung mit massiven Folgen nicht nur für die Mitarbeiter, sondern auch für die Gesamtbuchbranche, für die sich der (Aus-)Fall eines marktführenden Unternehmens zu den großen anderen strukturverändernden Herausforderungen addiert: Digitalisierung, Großflächen-Rückbau, Aufrollen des Marktes durch Amazon.
Bei allen Unwägbarkeiten des Weltbild-Verfahrens insgesamt, ein Schlusskapitel kann geschrieben werden: Das Geschäftsmodell Billigbuch-handel hat seine Zeit hinter sich und verschwindet in der Ramschnische. Während der Club Bertelsmann bereits seit Jahren still und leise als Sonderausgabenvertrieb vor sich hinsiecht, Standort für Standort räumt, bis absehbar der Letzte das Licht ausmacht, zeigt jetzt auch das modernere Pendant Weltbild, dass dieser Ansatz überholt ist und Teil des Problems. Weil die Buchpreise an sich sehr niedrig sind, weil auch der übrige Buchhandel keine Schwellenängste mehr erzeugt, weil Frische und Aktualität gefragt sind, weil es E-Books gibt, die sehr preisgünstiges Lesefutter enthalten, und weil es einen im Internet organisierten Second-Hand-Markt gibt.
Fazit: Den Kampf um das bessere Billigbuchkonzept hat Weltbild gegen den Club gewonnen, aber es ist eine Schlacht von gestern.

Kommentare

5 Kommentare zu "Vom Ende des Billigbuchs"

  1. Das Billigbuch kommt mit dem eBook durch die Hintertür wieder ganz dick zurück. Besonders durch das Self-Publishing. Jeder Selbstpublizierer weiß, dass er selbst bei einem Verkaufspreis von 3 Euro noch mehr einnimmt als bei einem Verlag, der den Text als Hardcover vertreibt. Die Tatsache, dass die größten Kostenfaktoren wegfallen (Papier Druck, Vertrieb, Buchhandelsspanne usw) wird sich langfristig nicht ignorieren lassen. Der Preis wird sich in der Höhe einpendeln, die Leute mal gerade so für ein App auf ihrem Smartphone akzeptieren.

  2. Amélie von Tharach | 21. Januar 2014 um 21:57 | Antworten

    Also nach meiner Meinung ist die These „das Geschäftsmodell Billigbuch-handel hat seine Zeit hinter sich und verschwindet in der Ramschnische“ falsch, einem Gute-Hoffnungshütten-Traum und entspringt einem „theoretischen“ Wunschgedanken, mit Anflügen von Literatur-Nostalgie.

    Heute morgen und im realen Leben erlebt. Die Buchhandlung am Ort hat mehrere Verkaufstische aufgestellt, und verkauft als Mängelexemplare gekennzeichnete Bücher, deutlich preisreduziert. Darunter mehrere Bestseller-Schinken kurz vor dem Halbjahres-Verfalldatum. Um die Verkaufstische stehen mehr Interessenten, als im 200 m² großen Laden.

    Originalton: „Die sind reduziert, da nehmen wir gleich mehrere mit.“ Die Kundin hat vier Bücher unterm Arm, und geht zur Kasse. Das reguläre Angebot im Laden bleibt unbeachtet. Das ist die Realität, denn für mündige Menschen gilt mehr denn je: „Ich bin doch nicht blöd.“

    Das Problem ist die nach meiner Meinung die unselige Buchpreisbindung, die einen freien und fairen Wettbewerb erfolgreich verhindert. Menschen wollen sich nicht mehr gängeln lassen. Darum behaupte ich, dass ein freier Wettbewerb mit frei kalkulierbaren Preisen den Buchhandel sofort aus der Talsohle holen und in unvorstellbare Höhen katapultieren würde. Eine uralte Verkäuferregel besagt, dass Menschen das Schnäppchen, die einmalige Gelegenheit, das Besondere suchen. Und bei Büchern geht es schon lange nicht mehr um schützenswerte Kulturgüter. Bücher und Literatur und Taschenbücher und eBooks sind Produkte und müssen auch so verkauft werden.

    Zu Bertelsmann: Das Konzept ist schon seit Jahren überholt. Wer will heute noch Clubmitglied werden, um ein Produkt zu bekommen, das es an jeder Straßenecke gibt, und immer wissend, dass mit der Clubmitgliedschaft mehr Nachteile als Vorteile verbunden sind.

    Zu den angeblich „niedrigen“ Buchpreisen: Ich behaupte, dass es nur wenige Branchen mit ähnlich hohe Handelsspannen gibt, die durch reduzierte Steuersätze zusätzlich subventioniert werden. Außerdem kann es für manch ein Unternehmen durchaus reizvoll sein, Produkte zu verkaufen, die mit 19% Vorsteuer eingekauft werden, um dann in der Umsatzsteuer-Voranmeldung die Umsätze (abzüglich des Wareneinkaufs und der Vorsteuer) mit 7% anzugeben – jedenfalls so lange das Finanzamt nicht zu genau hinsieht.

  3. Entschuldigung, aber haben sie sich überhaupt mal mit der Materie befasst? Wir bringen in unserer Filiale hundertfach die aktuellen Sonderausgaben (Dan Brown: Inferno, etc.) unter die Leute. Die Bertelsmann Club Ausgaben kann man damit überhaupt nicht vergleichen. Bei denen spart man in der Regel nur 1-2 euro (bei HCs auch mal 3), bei den Weltbild-Ausgaben spart man oft mehr als 10 Euro (wieder bestes Beispiel… Dan Brown momentan 14,99 anstatt 26 Euro).
    Weltbild hat sicherlich gerade keine Probleme, weil wir Sonderausgaben verkaufen. Die Sonderausgaben sind ein großer Vorteil, der ein überzeugendes Kaufargument darstellt.

    Der Club Bertelsmann geht kaputt, weil sie viel zu wenig Auswahl haben und zu teuer sind (CDs, DVDs oft über dem Preis anderer Händler). Warum soll ich mich an einen Club binden, wenn ich zu Weltbild gehen kann, wo ich kaufen kann, aber nicht muss und zudem grundsätzlich günstiger einkaufen kann? Das sich mit Zeilenreich der Club auch für Nicht-Mitglieder geöffnet hat, hat doch Otto-Normalverbrauchen gar nicht mitbekommen.

    • Absolut korrekt die Einschätzung von Amélie von Tharach: Wenn endlich die Buchpreisbindung abgeschafft wird, schafft man sich die Konkurrenz der kleinen, inhabergeführten Buchhandlungen zu Gunsten des einen großen, 70% und mehr Rabatt erhaltenden Players, vom Leib. Endlich kann Amazon die Preise anhand der Einkaufspreise deutlich unter den Einkaufspreisen kleiner Händler anbieten.

      Auch ein Vorteil für Thalia: Endlich kann man das Konzept des 60/40 Konzepts ad acta legen und sich auf 100% Nonbook konzentrieren. Filialen, die nicht laufen, können in Douglas oder Christ umgewandelt werden, Mitarbeiter endlich freigesetzt werden – der große Amerikaner wird ganz sicher diesen Mitarbeitern Beschäftigungsmöglichkeiten anbieten, soweit diese mit dem Mindestlohn Bulgariens einverstanden sind (200 €/Monat).

      Endlich weg mit der Buchpreisbindung, weg mit den zu teuer produzierten Fachbüchern – wer will so etwas denn lesen, wichtiger wäre ohnehin ein Buch über das Dschungelcamp und DSDS.

  4. Was ist denn das Gegenteil des – hier so unkritisch bezeichneten – Billigbuches? Das Qualitätsbuch? Wohl kaum. Das Teuerbuch? Vielleicht schon eher.

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