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„Trauen Sie sich!“

 

Trotz der Krise vieler traditioneller Medienhäuser und der tiefgreifenden Umwälzungen der Geschäftsmodelle mit unklaren Erfolgsaussichten – die Anziehungskraft von Verlagen und Sendern bei Berufseinsteigern scheint ungebrochen. „Irgendwas mit Medien“ ist weiterhin ein Motto, das viele junge Menschen verfolgen. Doch wie kommen Medienbrancheninteressierte ans Ziel? In einem Seminar an der Universität Erlangen hat Bommersheim Consulting Buchwissenschaftlern die wesentlichen Koordinaten vermittelt. Drei Studierende berichten.

An einem kalten Januarnachmittag werden 15 Studierende im Master Buchwissenschaft von Geschäftsführerin Kirsten Steffen im Workshop „Mein Ziel nach dem Studium: Irgendwas mit Medien“ wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgebracht, um von dort selbstbewusst auf den Berufseinstieg zu schauen.

„Sie sind zu brav.“ – Der Kommentar von Kirsten Steffen bei der Besprechung unserer Lebensläufe ist für uns nachvollziehbar: Graue Mäuschen, die sich in ihren Büchern vergraben. Aber ist man damit in dieser Branche überhaupt lebensfähig?

Pippi Langstrumpf im Lebenslauf

Eine erste Erkenntnis: Sich über die eigenen Stärken klar werden, ist Voraussetzung für eine gute Bewerbung. Das ist einfach gesagt, aber schwer umzusetzen, weil einem selbst oft nur einfällt, was man alles nicht kann. Folgende Fragen helfen: Was hat mir mein Studium bisher gebracht? Was habe ich aus meinem privaten Umfeld oder gar aus der Schulzeit mitgenommen? Wichtig ist dabei, diese immer mit Beispielen aus Praktika, Nebenjob, Engagement oder Freizeitaktivitäten zu belegen und sich darüber klar zu werden, auf welche Stärken man punktuell besonders großen Wert legt. Verpackt in Geschichten, bleiben sie im Bewerbungsgespräch auch besser in Erinnerung, als wenn man diese trocken aufzählt. Erster Schritt geschafft.

Doch dann wird es unangenehm: „Sie sind doch jung, Sie kennen sich doch mit sozialen Medien aus.“ So ein bisschen Facebook, Instagram und Snapchat benutzt wohl jeder von uns „jungen Leuten“ – und darüberhinaus? Diese Chance sollten Berufseinsteiger nutzen, um im Bewerbungsgespräch glasklar formulieren können, welche Kenntnisse sie in diesem immer wichtigeren Bereich aufzuweisen haben: Wie nutzen Verlage die sozialen Medien? Betreibe ich selbst vielleicht einen Blog? Welche eigenen Erfahrungen habe ich?

Der Lebenslauf ist allerdings immer noch zu brav. Wir brauchen Eyecatcher, etwas, woran der Personaler hängen bleibt und was ihn dazu bewegt, unseren CV nicht zu den anderen zu legen. „Trauen Sie sich!“ lautet die Devise von Kirsten Steffen.
Zunächst braucht jeder Lebenslauf ein Foto, das der Branche entspricht, das heißt: Bluse, Blazer oder Anzug. Blick in die Kamera. Es lohnt sich durchaus, ein professionelles Foto zu verwenden statt eines Selfies am eigenen Schreibtisch. Danach gilt es, Wichtiges im Lebenslauf herauszuheben, beispielsweise mit Programmen wie InDesign. Bunt darf der Lebenslauf durchaus sein – wir wollen ja zeigen, dass wir kreativ sind: „Sie wollen sich bei Oetinger bewerben? Lassen Sie Pippi Langstrumpf in der Fußzeile rumhüpfen!“, empfiehlt Kirsten Steffen.

Keine Vorlesungen zum Selbstbewusstsein

Wenn wir also wissen, wo unsere Stärken liegen, welche Kompetenzen wir gerade im digitalen Bereich haben haben und wie wir diese im Lebenslauf hervorheben, dann fehlt uns nur noch das Selbstbewusstsein, diese überzeugend zu präsentieren. Dazu gibt es nur leider keine Veranstaltungen in der Uni. Können wir das lernen?

Den Studierenden Selbstbewusstsein zu vermitteln, das steht bei Kirsten Steffen an diesem Nachmittag offensichtlich ganz oben auf der Agenda: „Sie haben alles richtig gemacht. Sie haben beste Chancen!“, lautet ihr Mutmacher. Und am Schluss haben wir verstanden, dass man nicht alles nehmen muss, was man vorgesetzt bekommt. Wir sind gut ausgebildet. Wir haben uns fünf, sechs Jahre durch gigantische Skripte und Berge von Literatur gewühlt, die Fähigkeit entwickelt, Inhalte gezielt zu strukturieren und Texte schnell zu analysieren und nebenbei noch Berufserfahrung gesammelt. Wir dürfen uns die Freiheit nehmen, die eine Stelle zu finden, für die wir brennen.

Aber welche ist das, wie findet man die? Um dies zu lernen, besprechen wir Stellenanzeigen, bei denen Kirsten Steffen den Blick auf Details lenkt: auf die eigene Sprache der Stellenanzeigen, die man beherrschen muss, um sie zu verstehen. Weitere Aspekte: Bei welchem Unternehmen bewerbe ich mich? Welche Mediengruppe steht vielleicht dahinter? Wie werde ich mich als kleiner Berufseinsteiger dort bewegen können? – Fragen, die man beantworten können muss. Dann ist man der einen Stelle schon näher gekommen.

Das liebe Geld

Die Themen Berufseinstieg und Gehalt liegen für den Branchennachwuchs ganz nah beieinander. Wir sehen unsere Zukunft in der Medienbranche und hoffen, dort für unsere Arbeit angemessen vergütet zu werden. Und trotzdem kommt die Frage auf, ob und für wie lange man nach dem Berufseinstieg, z. B. im Rahmen eines Volontariats, noch damit rechnen müsse, einen studentischen Lebensstandard zu haben.

Über Geld im Allgemeinen und Gehälter im Speziellen zu reden, ist problematisch in Deutschland. Gerade deshalb erhalten die Studierenden ausführliche Antworten auf unsere Fragen:. Was verdient ein Volontär bzw. eine Volontärin in etwa? In welcher Höhe liegen Einstiegsgehälter in der Medienbranche? Wohin entwickeln sich diese in drei oder auch fünf Jahren nach dem Berufseinstieg? Das Ganze mit Blick darauf, wo diese Zahlen im Vergleich mit anderen Branchen liegen.
An der Höhe eines Einstiegsgehalts lässt sich oft wenig rütteln. Bei der Entscheidung für oder gegen ein Job-Angebot kann es deswegen helfen, sich im Klaren darüber zu sein, welchen Lebensstil man im Moment und zukünftig haben möchte. Doch woher soll man wissen, wie viel Geld dafür nötig ist, ohne eine offene Diskussion über Gehälter zu führen? Ein Tipp dabei: diese ungeliebte Diskussion rund ums Geld im privaten Umfeld zu eröffnen und Freunde und Eltern fragen, wie viel Geld diesen monatlich zur Verfügung steht.
Madeleine Speidel, Sonja Gerhard, Pascal Mehwald

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