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Druck und Auflage: Den Buchlebenszyklus im Griff behalten

Effizientere Prozesse sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten konkurrierender Medien und veränderter Konsumgewohnheiten. Besonders die steigende Unsicherheit bei den Absatzprognosen erfordert das Denken in Alternativen beim Buchdruck.

Timo Raabe. (Foto: Canon Deutschland)

Sarah Kreutzer, Produktmanagerin, und Timo Raabe, Business Developer von der Canon Deutschland GmbH, beschäftigen sich mit digitaler Medienproduktion. In einer Artikelserie zeigen sie, was der Trend Richtung Kleinauflagen für die Buch- und Verlagsbranche bedeutet, und gehen insbesondere auf die digitale Buchproduktion ein. Im ersten Teil beschäftigten sie sich mit den Prozessen bei Kleinauflagen. Im zweiten Teil wird auf die Drucktechnologien eingegangen, die sich für die Buchproduktion eignen, um darauf aufbauend im dritten Teil Qualitätsmerkmale zu definieren, hinsichtlich derer sich die Drucksysteme bewerten lassen.

Sarah Kreutzer (Foto: Canon Deutschland)

Sarah Kreutzer (Foto: Canon Deutschland)

In diesem Teil beschäftigen sie sich mit dem Buchlebenszyklus. Sie werfen insbesondere einen Blick darauf, welche Rolle die automatisierte Disposition spielt und welchen Mehrwert der Digitaldruck hier bieten kann.

Der Buchlebenszyklus und seine Herausforderung

Die strukturellen Veränderungen bei den Absatzkurven und die damit einhergehende Herausforderung bei der Absatzplanung, die steigenden Preise für Papier und Transport sowie instabile Lieferketten zwingen Verlage mehr denn je dazu, die richtige Balance zwischen Unter- und Überbeständen zu finden. Nicht verfügbare Titel sind die Showstopper im Verkauf. Und ein Überbestand, der zunächst verramscht und am Ende nicht selten vernichtet werden muss, ist weder wirtschaftlich noch nachhaltig.

Mehr noch: Auch das Einkaufsverhalten der Buchleser hat sich verändert. Eine Verschmelzung von E-Commerce und dem stationären Buchhandel ist somit die logische Folge.

Erscheint ein neuer Titel, steigt in aller Regel die Anzahl an verkauften Büchern innerhalb eines gewissen Zeitraums steil an und nimmt anschließend, an einem Maximum angekommen, kontinuierlich ab. Das ist sehr exemplarisch, beschreibt aber realistisch die typische Verlaufskurve der Abverkäufe von Buchexemplaren innerhalb eines Zeitraums. Allgemein wird vom Buchlebenszyklus gesprochen.

Es gilt nun, die Produktion über den gesamten Lebenszyklus hinweg so in den Griff zu bekommen, dass die Anforderungen an eine wirtschaftliche Produktion stets gegeben sind. Ziel sollte es sein, genügend Print-Exemplare für den Verkauf verfügbar zu halten und gleichzeitig das Überbestandsrisiko zu minimieren. Dies erreicht man, indem man ineffiziente Bestell- und Wiederbeschaffungsprozesse optimiert.

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In den vorherigen Artikeln haben wir die unterschiedlichen Druckverfahren sowie deren technische Eigenschaften kennengelernt. Hierbei lässt sich schnell feststellen, dass die Buchproduktion über den gesamten Lebenszyklus mit nur einem Druckverfahren nicht sinnvoll ist, zumindest aus wirtschaftlicher Sicht. Da die grundsätzlichen Anforderungen an die Buchproduktion, wie Druckbildqualität etc., sowohl durch den Offset- als auch mittlerweile durch den Digitaldruck erfüllt werden, besteht die Herausforderung darin, die beiden genannten Druckverfahren genau dann einzusetzen, wenn jede von ihnen am wirtschaftlichsten ist. Der digitale Druckworkflow erlaubt in diesem Zusammenhang eine sehr schnelle und effiziente Fertigung und Distribution.

In der nachstehenden Grafik wird das Produktionsverfahren in Abhängigkeit von der Bestellmenge beziehungsweise dem Abverkauf dargestellt. Die Grafik zeigt exemplarisch den Verlauf der Bestellmenge über die Zeit. Der flächenmäßige Anteil unterhalb der Kurve kennzeichnet die ideale Produktionsmenge, die zum jeweiligen Zeitpunkt benötigt wird.

Produktionsverfahren in Abhängigkeit von der Bestellmenge. Bild: Canon.

Buch-Lebenszyklus-Management wird natürlich schon heute von Verlagen umgesetzt. Eine Umstellung hin zu kleineren Nachauflagen, die im Digitaldruck hergestellt werden, ist ein wichtiger Schritt hin zu einer stärker bedarfsgerechten Disposition. Aber die klassischen manuellen Nachbestellungsprozesse sind oft aufwendig, fehleranfällig und ineffizient. Ferner wird das Potenzial digitaler Prozesse nicht vollständig ausgenutzt.

Ein wichtiger Schlüssel ist die Umstellung auf ein kundenorientiertes und bedarfsgerechtes Bestandsmanagement mithilfe einer automatisierten Disposition und Bestandsallokation („Automated Stock Replenishment“). Der Nachdruck eines jeden Titels ist automatisch zu steuern und zu verwalten. Die Bestände können sowohl durch Datenanalyse der Verkaufshistorie und sogar durch die Auswertung aktueller Verkaufszahlen – zum Beispiel aus dem Handel oder dem E-Shop – auf einem optimalen Niveau gehalten werden. So können etwa Lagermindestmengen definiert werden, die eine automatisierte Nachproduktion in einer vordefinierten Menge für den entsprechenden Lagerstandort auslösen.

Umsetzung und Fazit

Die Nachproduktion von Büchern sollte eng an den Lagerbestand gekoppelt werden. Der Lagerbestand wiederum orientiert sich an die Nachfrage der Leser. Für die Verlage bedeutet das, dass die Bestellung von Exemplaren an die tatsächliche Nachfrage angepasst wird und keine Mindestbestellmenge und keine Preiserhöhung bei geringeren Auflagen erforderlich sind.

Für die Umsetzung ist das Zusammenspiel aller am Buchlebenszyklus beteiligten Akteure – Verlag, Druckerei, Distribution, Handel – wichtig. Die übliche Trennung zwischen den Akteuren und deren IT-Systemen verhindert oft die effiziente Nutzung der Digitalisierung im Sinne eines verbesserten Produkt-Lebenszyklus-Managements. Hier sind also alle Beteiligten gefragt, eine offene Systemarchitektur anzubieten und somit eine nahtlose Integration zu ermöglichen.

Bei dem Einsatz digitaler Druckworkflows ist zu beachten, dass Buch-Auflagen unter ca. 1.000 Exemplaren in gewohnter Druck- und Binde-Qualität viele automatisiert angestoßene Bestellmengen möglich machen. Die Kosteneffizienz des Digitaldrucks ist dabei von verschiedenen Variablen wie Bindung, Umfang und Farbigkeit abhängig und kann dabei sowohl über als auch unter der oben genannten Effizienzgrenze von 1.000 Exemplaren liegen. Es gilt aber: je kleiner die Auflage, desto höher die Kosteneffizienz des Digitaldrucks. Wichtiger als das Druckverfahren selbst sind in diesem Zusammenhang jedoch automatisierte und standardisierte Prozesse.

In einem Markt, in dem die Anzahl an Buchverkäufen unvorhersehbar ist, eröffnet das Modell zum Buch-Lebenszyklus-Management zudem die Möglichkeit, die Bestellung und die Produktion an der tatsächlichen Nachfrage auszurichten. Ein proaktives Management kommt zudem Buchtiteln von neuen, unbekannten Autoren entgegen, da hier das Risiko einer möglichen Fehlproduktion minimiert wird.

Kommentare

2 Kommentare zu "Druck und Auflage: Den Buchlebenszyklus im Griff behalten"

  1. Thomas c. Cubasch | 20. Januar 2023 um 1:40 | Antworten

    Sehr geehrte Damen und Herren!

    https://www.buchreport.de/news/pp-den-buchlebenszyklus-im-griff-behalten/
    Durch eine Unaufmerksamkeit scheine ich die drei vorangegangenen Artikel nicht angemerkt bzw. gelesen zu haben.
    BITTE haben Sie die Freundlichkeit, mir die entsprechenden Hinweise bekanntzugeben.

    DANKE im Voraus.

    Beste Grüße
    Thomas C. Cubasch
    Verlag der Apfel

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