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Klassischer und digitaler Buchdruck: die Technik

Effizientere Prozesse sind entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten veränderter Konsumgewohnheiten und steigender Produktionskosten. Besonders die Unsicherheit bei den Absatzprognosen erfordert das Denken in Alternativen beim Buchdruck.

Sarah Kreutzer und Timo Raabe, Produktmanagerin und Business Developer bei Canon Deutschland, beschäftigen sich mit digitaler Medienproduktion. In einer Serie zeigen sie, was der Trend zu Kleinauflagen für die Buch- und Verlagsbranche bedeutet, und gehen insbesondere auf die digitale Buchproduktion ein. Im 1. Teil beschäftigten sie sich mit den Prozessen bei Kleinauflagen, im vorliegenden 2. Teil erklären sie, worin Digital- und Offsetdruck sich technisch unterscheiden – und beleuchten detailliert die mechanischen, physikalischen und chemischen Prozesse beim Drucken.

 

Nachdem wir im vorherigen Artikel die Prozessketten der konventionellen und der digitalen Buchblockproduktion betrachtet haben, wenden wir uns nun der Drucktechnologie zu. Was bedeutet überhaupt „drucken“ und wo liegen, technologisch betrachtet, beim Buchdruck die Unterschiede zwischen der analogen und der digitalen Drucktechnik?

 

Drucken: Uralt und doch immer wieder neu

Die Vervielfältigung von Abbildungen geht bis in die Frühgeschichte zurück. Bereits im 3. Jahrtausend v.Chr. wurden Rollsiegel als Werkzeug zur Vervielfältigung von Figuren und Schriftzeichen eingesetzt. Den Druck kompletter, in Holz geschnittener Seiten auf Papier entwickelten vor fast zweitausend Jahren ostasiatische Ingenieure.

Die Zusammenstellung beweglicher Typen zu Druckformen folgte um 1000 n.Chr.. Infolge der Vielzahl der Zeichen in der chinesischen Bilderschrift blieb dies allerdings ein Spezialverfahren. Auch in Europa kam einige Zeit später dieselbe Idee auf, blieb aber gleichfalls zugunsten des Druckes kompletter Seiten in der Nische. Die Drucker rieben die Farbe mit Bürsten oder lederbezogenen Reibern ins Papier. Erst viel später, im 15. Jahrhundert, wurde die Kunst des Buchdrucks mit beweglichen Lettern, wie wir ihn kennen, erfunden. Johannes Gutenberg wurde damit zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten dieser Zeitepoche, zumal er die bis dahin bekannten Technologien zur Vervielfältigung einer Vorlage weiterentwickelte, indem er die erste „Druckpresse“ erfand. Das Druckverfahren, das bis ins 20. Jahrhundert dominierte, war geboren.¹

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Der Buchdruck, also das Prinzip des Druckens mittels beweglicher Lettern, hat sich in den nächsten Jahrhunderten rasant verbreitet und und dabei verändert und weiterentwickelt. Eine wichtige Innovation war die Erfindung des Druckes ganzer Bögen anstelle einzelner Seiten. Die heute nur noch im Antiquariat gebräuchlichen Bezeichnungen von Buchformaten als Folio, Quart, Oktav oder Sedez beziehen sich auf die Zahl der Buchseiten, die in einer Druckform zusammen aufs Papier gebracht wurden.

Der technologische Fortschritt hat dazu beigetragen, dass mittlerweile eine große Anzahl an unterschiedlichen Druckverfahren zur Verfügung steht. Diese Verfahren unterscheiden sich grundsätzlich dadurch, ob eine statische Druckform oder eine dynamische bzw. keine Druckform für den Bebilderungsvorgang vorliegt.

Bei statischen Druckformen bleibt die Druckform während des Druckprozesses, und somit auch das zu übertragende Druckbild, unverändert. Das Druckbild bleibt während des Druckvorgangs von Druckbogen zu Druckbogen bis zur vollständigen Abnutzung der Druckform erhalten. Bei einer dynamischen Druckform hingegen ist das Druckbild von Papierbogen zu Papierbogen veränderbar.

Weiter gibt es Druckverfahren, bei denen direkt aus dem Datenbestand ein Druckbild erzeugt wird, ohne dass eine Druckform benötigt wird. Die Druckverfahren lassen sich nach diesem Kriterium am besten kategorisieren. Liegt eine Druckform vor, stuft der Aufbau der Druckform das jeweilige Druckverfahren kategorisch ein. Bei Druckverfahren, bei denen eine statische Druckform eingesetzt wird, spricht man von analogen, konventionellen Druckverfahren. Bei Druckverfahren, bei denen eine dynamische Druckform oder keine Druckform zur Bildgenerierung eingesetzt wird, spricht man hingegen von digitalen Druckverfahren – also vom Digitaldruck.

 

Die unterschiedlichen Druckverfahren

Der anfangs beschriebene Buchdruck mittels beweglichen Lettern ist ein sogenanntes Hochdruckverfahren. Die erhabenen Stellen werden mit Farbe benetzt, welche schließlich auf das Papier übertragen wird.

Beim Tiefdruck ist es umgekehrt: In die Druckform werden Vertiefungen eingebracht, in denen sich die Farbe ansammelt und im nächsten Schritt auf das Papier übertragen wird.

Beim Flachdruck weist die Druckform weder Vertiefungen noch Erhöhungen auf – zumindest mit dem bloßen Auge betrachtet. Vielmehr bestimmen physikalische Grenzflächenspannungen an der Oberfläche einer Druckform, wie sie für den Offsetdruck eingesetzt wird, an welcher Stelle Farbe übertragen wird.

Beim Durchdruckverfahren wird ein feinmaschiges Sieb partiell verschlossen, so dass nur durch die noch offenen Maschen Farbe gezielt auf das Papier übertragen wird.

Der letternbasierte Buchdruck war einst das dominierende Verfahren zur Produktion bzw. Vervielfältigung von Büchern. Mittlerweile findet das Verfahren jedoch in der Medienproduktion nur noch dann Anwendung, wenn ästhetische Werte die wirtschaftlichen Interessen überwiegen. Heutzutage sind vielmehr der Offsetdruck und zwei Verfahren des Digitaldrucks, nämlich Tintenstrahldruck (Inkjet) und Elektrofotografie, für die Buchproduktion relevant. Auf die diesen Verfahren jeweils zugrunde liegende Technologie wird daher in diesem Artikel etwas genauer eingegangen. Die anderen im Diagramm aufgeführten Verfahren spielen für die Buchproduktion eine untergeordnete bis keine Rolle und werden daher nicht näher beschrieben.

Abb. 1: Analoge und digitale Druckverfahren im Buchdruck (Grafik: Canon Deutschland)

 

Der Offsetdruck

Der Offsetdruck gehört zu den Flachdrucksystemen und ist das derzeit dominierende Verfahren zur Produktion von Büchern. Das Verfahren wird sowohl für den Druck auf Rolle (Papierbahn) als auch für den Druck auf Bogen eingesetzt. Im Wesentlichen erreichen Rollensysteme weitaus höhere Produktionsgeschwindigkeiten, so dass der Rollendruck in erster Linie bei hohen Auflagen angewendet wird. Das Prinzip des Offsetdrucks basiert darauf, dass die eingesetzte Druckform farbführende Bereiche aufweist. Die Offsetdruckform besteht aus einer sogenannten Druckplatte, die eine spezielle Beschichtung aufweist. Mittels Laser werden Teile dieser Beschichtung so verändert, dass farbführende und nicht-farbführende Bereiche der Druckplatte entstehen. Für jede Farbe ist eine eigene Druckplatte erforderlich. Danach wird die Platte fest in das Druckwerk montiert und bleibt dort unveränderlich über die gesamte Auflage.

Abb. 2: Adhäsion und Abstoßung auf der Offsetdruck-Platte (Grafik: Canon Deutschland)

Das Zusammenspiel aus Druckplatte, Feuchtmittel und Druckfarbe basiert auf physikalischen Grenzflächenspannungen, die eng aufeinander abgestimmt sind. Vor der Farbübertragung wird die Druckplatte zunächst mit einem dünnen Film aus Wasser (Feuchtmittel) benetzt. Es gibt mittlerweile auch Farbübertragungstechniken, bei denen kein Feuchtmittel eingesetzt wird. Das Feuchtmittel benetzt nun diejenigen Stellen, die, entsprechend der Vorbehandlung mittels Laser, später keine Druckfarbe übertragen. Die ölhaltige Druckfarbe hingegen setzt sich an den Stellen ab, an denen kein Feuchtmittelfilm vorhanden ist.

Abb. 3: Offset-Druckwerk (Grafik: Canon Deutschland)

Die auf Teilen der Druckplatte befindliche Druckfarbe wird über einen Zwischenträger, eine mit einem Gummituch überzogene Walze, auf das Papier übertragen. Auf dem Druckbogen entsteht das eigentliche finale Motiv, bestehend aus Grafiken und Texten. In jedem Druckwerk kann nur eine Farbe übertragen werden. Werden mehrere Farben benötigt, um das Druckmotiv entsprechend aufzubauen, zum Beispiel bei farbigen Bildern oder Grafiken, sind entweder mehrere Durchgänge durch das Drucksystem mit je einem Farbwechsel nötig, oder es ist ein Drucksystem erforderlich, das entsprechend der benötigten Anzahl an Farben über mehrere hintereinandergeschaltete Druckwerke verfügt.

 

Der Digitaldruck

Aufgrund der sich ändernden Anforderungen an die Buchproduktion, beispielsweise der kleiner werdenden Auflagen, erhält der Digitaldruck einen zunehmend größeren Stellenwert. Zwei Digitaldruckverfahren, konkret die Elektrofotografie und der Inkjetdruck, eignen sich für die Buchproduktion und werden daher im Folgenden näher betrachtet.

Elektrofotografie

Am Beispiel der Elektrofotografie lässt sich die Entstehung des Druckbildes anhand von fünf Prozessschritten beschreiben: Aufladung – Belichtung – Entwicklerstation – Fixierung – Reinigung.

Abb. 4: Ein Druckwerk in der Elektrofotografie (Digitaldruck) (Grafik: Canon Deutschland)

Innerhalb des Systems bildet der Fotoleiter (in Band- oder Trommelform) die Basis. Ein Fotoleiter hat die Eigenschaft, unter Einwirkung von Licht die elektrische Leitfähigkeit partiell zu ändern. Trifft kein Licht auf den Fotoleiter, ist dieser nicht leitfähig. Trifft hingegen Licht auf den Fotoleiter, so wird dieser leitfähig. Im ersten Schritt wird mittels einer sogenannten Korona-Einheit vollflächig ein Ladungspotential auf der Oberfläche des Fotoleiters aufgebaut. Anschließend findet eine gezielte Bestrahlung mittels LED-Array oder Laser statt. Das Ladungspotential fließt an belichteten Stellen ab und verbleibt an den nicht belichteten Stellen. In der nächsten Einheit wird über die Entwicklerstation der Toner (Flüssig- oder Trockentoner) Richtung Fotoleiter transportiert. Der Toner bleibt an definierter Stelle auf dem Fotoleiter haften. Es entsteht ein latentes Druckbild, das auf das Papier übertragen wird.

Anschließend wird der Toner unter Druck und Wärme auf dem Papier fixiert. Eine Reinigungseinheit befreit die Oberfläche des Fotoleiters schließlich von Restbeständen, und der Prozess beginnt mit der nächsten Umdrehung von vorne. Bei Mehrfarb-Drucksystemen befinden sich innerhalb des Systems mehrere Entwicklerstationen. Unterschiedliche Ladungspotentiale integrieren die verschiedenen Farbkomponenten auf dem Papier.

Anhand des Prinzips der Elektrofotografie wird deutlich, dass das Druckbild mit jeder Umdrehung neu aufgebaut wird. Dies ermöglicht es, dass sich die zu druckenden Inhalte von Druck zu Druck, also mit jedem Exemplar ändern können.

Inkjetdruck

Der Inkjetdruck ist ein Drucksystem, bei dem einzelne Tintentropfen auf das Papier übertragen werden. Es gibt grundsätzlich mehrere Inkjetverfahren. Jedoch sind lediglich der Thermal-Inkjet und der Piezo-Inkjet relevant für die Buchproduktion und werden daher hier näher beschrieben. Beide Verfahren gehören zu den sogenannten Drop on Demand-Systemen. Das bedeutet, dass immer nur dann ein Tropfen generiert wird, wenn dieser für das Druckbild benötigt wird.

Abb. 5: Thermaler und piezoelektrischer Digitaldruck (Grafik: Canon Deutschland)

Die Tinte wird über Schläuche von einem Behälter zum Druckkopf transportiert. Innerhalb des Druckkopfes verweilt die Tinte im Düsenkanal, in dem sich ein bzw. mehrere Düsenausgänge befinden.

Beim Thermal-Inkjet befindet sich an jedem Düsenausgang ein Heizelement, das durch Stromimpulse auf mehr als 300°C erhitzt wird. Dabei findet innerhalb der Tinte ein Verdampfungsprozess statt. Einzelne Komponenten der Tinte verdampfen und vereinen sich zu einer größeren Blase. Dadurch entsteht im Düsenkanal ein Überdruck und die Tinte tritt aus der Düse aus. Unmittelbar nach dem Austritt bilden sich in der Flugbahn Tropfen, die schließlich auf dem Bedruckstoff landen. Beim Piezo-Inkjet ist anstelle eines Heizelementes ein Keramikelement verbaut. Die Keramik hat die Eigenschaft, sich bei Spannungsanregung auszudehnen. Bei einer pulsartigen Anregung führt dies zu Schwingungen der Keramik. Innerhalb des Kanals wird Druck aufgebaut und die Tinte tritt gezielt aus dem Düsenausgang hinaus.

Druckköpfe, die nach dem Piezoverfahren arbeiten, sind nahezu verschleißfrei und äußerst langlebig. Beim Thermal-Inkjet unterliegt der Druckkopf aufgrund der hohen Hitzeeinwirkungen Verschleißerscheinungen und muss regelmäßig getauscht werden.

Im Vergleich zu anderen Drucksystemen bietet der Inkjet systembedingt die kompakteste Bauweise zur Druckbild-Generierung.

 

Fazit

Für die Buchproduktion haben sich sowohl der Offsetdruck als auch zwei Verfahren des Digitaldrucks etabliert – nämlich die Elektrofotografie und der Inkjetdruck. Die Beschreibung des Systemaufbaus von Offsetsystemen hat gezeigt, dass für die Ausgabe eines Druckbildes zunächst eine Druckform erstellt und in das System montiert werden muss. Dieser Schritt entfällt beim Digitaldruck vollständig, was ihn gerade für eine spontane Auftragsfertigung sowie kleine Auflagen prädestiniert.

Im nächsten Artikel werden Qualitätsmerkmale definiert, anhand derer sich die unterschiedlichen Drucksysteme zur Buchproduktion einstufen lassen.

 

¹ nach Helmut Teschner, Informationsverarbeitung Offsetdrucktechnik, u.a.

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