buchreport

Eine sehr dumme Idee

Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt zur Suche nach neuen Wasserzeichen für E-Books sorgt auch international für Schlagzeilen. Die Resonanz zur Idee des Fraunhofer Instituts, die Originaltexte zur Individualisierung leicht zu verändern (hier mehr), ist durch die Bank kritisch.
Der Ansatz von SiDiM: Originaltexte werden an unterschiedlichen Stellen verändert und dadurch für den jeweiligen Nutzer, der diese Veränderung nicht erkennen soll, individualisiert. Diese Textindividualisierung soll den Nutzer zum Beispiel eines E-Books dazu anhalten, seine Kopie des Dokuments nicht illegal weiterzugeben, da er davon ausgehen muss, dass die illegale Kopie eben durch diese Individualisierung bis zu ihm zurückverfolgt werden kann.
Der „Guardian“ zitiert den Autor Lloyd Shepherd, der einen Eingriff in die Texte als problematisch erachtet – Autoren balgten sich ohnehin schon mit Lektoren über kleinste Textveränderungen. Bei den SiDiM-Änderungen könne der Autor nicht einmal die Änderungen vorher sehen. „Und wenn ein Text als Raubkopie identifiziert wurde, was passiert dann? Was tun, wenn das die Kopie einer Kopie einer Kopie einer Kopie der ursprünglich raubkopierten Datei ist? Der Musikindustrie folgen und einige große Prozesse führen, um nachher damit klarzukommen, als Schikanen-Firma wahrgenommen zu werden?“
Ein anderer Autor, Nick Harkaway, meint, SiDiM sei zwar technisch clever, aber eine „sehr dumme Idee“. Filesharing schade niemandem wirklich, es gebe sogar Hinweise, dass der Absatz dadurch steige. Die Kriminalisierung der Leser sei möglicherweise nicht das beste Modell für die Verlagsbranche, sie sorge vielleicht für den gegenteiligen Effekt und verstärke Urheberrechtsverletzungen.
paidcontent.org verweist darauf, dass ähnliche Fingerprint-Ansätze auch bei Musik und Video eingesetzt worden seien, doch dort seien die Änderungen nicht so deutlich gewesen wie bei einem Text.
Beim US-Verlag Melville House wundert man sich darüber, dass eine Technologie-Firma an einem Text „herumfummeln“ solle. Technologiefirmen hätten sich in der Vergangenheit oft als unfähig erwiesen, die künstlerischen Verdienste einzuschätzen – dies sei eine „unangemessene Erweiterung der Macht“. 

Kommentare

2 Kommentare zu "Eine sehr dumme Idee"

  1. Sonstige Gegenargumente habe ich hier aufgelistet:

    http://www.nzz.ch/aktuell/digi

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Mit dem Abschicken des Kommentars erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihre Daten elektronisch gespeichert werden. Diese Einverständniserklärung können Sie jederzeit gegenüber der Harenberg Kommunikation Verlags- und Medien-GmbH & Co. KG widerrufen. Weitere Informationen finden Sie in unseren Datenschutz-Richtlinien

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*

Themen-Kanäle

SPIEGEL-Bestseller

1
Fitzek, Sebastian
Droemer
2
Neuhaus, Nele
Ullstein
3
Garmus, Bonnie
Piper
4
Schlink, Bernhard
Diogenes
5
Follett, Ken
Lübbe
27.12.2023
Komplette Bestsellerliste Weitere Bestsellerlisten

Veranstaltungen

Es gibt derzeit keine bevorstehenden Veranstaltungen.

größte Buchhandlungen