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Mit Selfpublishern arbeiten statt über Monopole zu jammern

Die Selfpublisherin Virginia Fox hat mit ihrer „Drachenschwestern“-Trilogie und der „Rocky Mountain“-Serie fünfstellige Verkaufszahlen bei Amazon erreicht. Über ihr Erfolgsrezept, die Perspektiven von Selfpublishern im Buchhandel und ihre Erfahrungen mit der Ebook-Flatrate „Kindle Unlimited“ spricht sie im Interview mit buchreport.de.

Inzwischen gibt es immer mehr Hybrid-Autoren, die sowohl auf eigene Faust als auch bei einem Verlag veröffentlichen. Käme das für Sie in Frage?
Ich würde sehr gerne parallel bei einem Verlag veröffentlichen, allerdings nur im Print. Die gedruckten Bücher in den Buchhandel zu bringen, ist für Selfpublisher beinahe unmöglich. Da haben Verlage sicher bessere Möglichkeiten. 
E-Books sind ein anderes Thema. Nachdem ich die steile Lernkurve hinter mich gebracht und langsam das Gefühl habe, die Dinge einigermaßen im Griff zu haben, genieße ich die künstlerische Freiheit, die mir mein Selfpublisher-Status bietet, sehr. Ich bin mein eigener Chef, setze meine eigenen Deadlines, kann mir die Leute, mit denen ich zusammenarbeite, selbst aus suchen. Würde ich die E-Books via Verlag veröffentlichen, würde ich Mitspracherecht und vermutlich auch Einkommen einbüßen. Die Chance, dass ich einen Verlag finde, der mir völlig freie Hand beim Schreiben lässt und das Buch solchermaßen bewirbt, dass mein Einkommen steigen würde, sind meiner Einschätzung nach relativ klein.
Wie wichtig ist der stationäre Buchhandel für Selfpublisher? 
Ich würde meine Bücher sehr gerne im stationären Buchhandel sehen. Nicht zuletzt auch um den lokalen Buchhandel zu unterstützen. Meine Erfahrungen mit großen wie kleinen Buchläden waren bisher aber mehrheitlich ernüchternd. Selfpublisher werden prinzipiell nicht gerne gesehen und nicht ernst genommen. 
Meiner Meinung nach verpasst der Buchhandel hier eine echte Chance: Immer mehr Selfpublisher vermarkten ihre Bücher sehr erfolgreich online. Aufgrund der regionalen Nähe wären insbesondere lokale Autoren ein großer Gewinn für den Handel. Die Zusammenarbeit mit neuen, vielversprechenden Autoren, wäre sicherlich ein besserer Ansatz, als immer nur über die Monopolisierung zu jammern und gleichzeitig an alten Rezepten festzuhalten.
Was sind die wichtigsten Erfolgsrezepte für Selfpublisher?
Die Erfolgskriterien für Selfpublisher unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der Verlagsautoren, sind aber höher gesteckt. Man muss mehr tun, um wahrgenommen zu werden. Das zahlt sich aber am Ende aus. Man sollte 
  • gute Qualität bieten und entsprechend in Cover, Lektorat und PR-Unterstützung investieren – selbst wenn man sich das Geld leihen muss,
  • Ziele stecken und Deadlines einhalten, 
  • immer an sich glauben und auch mal Zeiten mit weniger Geld hinnehmen, um ans Ziel zu kommen,
  • die Zielgruppe mit jedem Buch weiter öffnen,
  • seine Titel international vermarkten, vor allem in den USA,
  • über Amazon publizieren,
  • sich mit anderen Autoren, Verlegern und Übersetzern vernetzen und austauschen,
  • und die Abstände zwischen den Büchern möglichst klein halten.
Muss man als Selfpublisher am laufenden Band produzieren, um erfolgreich zu sein? 
Die wirklich erfolgreichen Autoren produzieren einen Titel nach dem anderen. Die digitale Welt ist sehr schnelllebig: Wenn der Folgeband nicht vorbestellbar ist, wird der Autor schnell vergessen. Ein Ebook verschwindet – im Gegensatz zum gedruckten Buch im Regal – quasi auf Nimmerwiedersehen in den Untiefen der Festplatte oder Cloud des E-Readers. 
Wie stark der Erfolg mit der Zahl der Veröffentlichungen zusammenhängt, teste ich gerade selbst. Für 2015 habe ich vier, evtl. fünf Buchveröffentlichungen geplant. Ich bin gespannt, welchen Effekt dieser Output auf die Verkaufszahlen haben wird.
Wie stehen Sie zum Thema „Kindle Unlimited“? 
Es ist fast noch zu früh, um das einzuschätzen. Mir hat die Amazon-Flatrate bis jetzt eher zusätzliche Leser und damit Einnahmen beschert. Ich glaube nicht, dass all die Kindle-Unlimited-Leser das Buch anderenfalls gekauft hätten. Auch hat Amazon seit Start des Angebots bereits zweimal die Höhe des KDP Select-Fonds – das ist der Pool aus dem sich die Tantiemen speisen – erhöht.
Das Problem liegt meiner Meinung nach nicht in dem Programm an sich, sondern an der Tatsache, dass Amazon der einzige ist, der ein solches anbietet. Dadurch sind wir Autoren sehr abhängig von Amazon. Zurzeit erfahren die Autoren (v.a. die Selfpublisher) hier eine echte Wertschätzung und werden erstaunlich anständig bezahlt. Sollte sich Amazon aber plötzlich entscheiden, die Beteiligung der Autoren drastisch zu senken, hätten wir ein echtes Problem.


Virginia Fox ist im Jahr 1978 geboren. Nach dem Schreiben verschiedener Kurzgeschichten und Essays startete sie ihr bis dato größtes Projekt: Die „Drachenschwestern-Trilogie“. Im Dezember 2014 veröffentlichte sie Band 1 der neuen Rocky Mountain-Serie: „Rocky Mountain Yoga“. Der zweite Band „Rocky Mountain Star“ wird im März 2015 veröffentlicht. Die Autorin lebt in Zürich (hier ihre Internetseite). 

Am 6. Februar ist Fox als Podiumsgast zum Thema „E-Books-Selfpublishing – wozu braucht es noch Verlage?“ im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Publishers in Resistance“ in Zürich geladen. Mehr Informationen über den Pressekontakt: Tanja Rörsch, Agentur mainwunder, +49 6967738713, tanja.roersch@mainwunder.de

Kommentare

1 Kommentar zu "Mit Selfpublishern arbeiten statt über Monopole zu jammern"

  1. Interessanter Artikel, habe den Eindruck, dass man, zum Beispiel bei BoD, die Werbeangebote kaufen muss, ehe ein Buchhändler ein Selfpubrishing-Werk ins Regal stellen darf, habe da so einschlägige Erfahrung.

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