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Rezepte aus der Kochbuch-Manufaktur

Ralf Frenzel hat als Koch und Weinhändler schon allerhand bewegt. Seit vier Jahren deckt er als Verleger in der Buchbranche den Tisch. Im buchreport-Interview wirft der Tre-Torri-Chef einen Blick auf den von Aktionsschütten und Ramschtischen dominierten Kochbuchmarkt und beleuchtet eine Strategie, die dem Handel frische Impulse verleihen soll.

Was schlägt Ihnen stärker auf den Magen: Buchhändler, die ihre Ramschtische kinnhoch mit Billigkochbüchern beladen, oder kaufmüde Kunden, die in konjunktureller Eintrübung immer seltener nach teuren Rezeptesammlungen greifen?
Bauchschmerzen habe ich nicht, im Sortiment werden nach meiner Überzeugung aber gerade auf dem Feld der Kochbücher oft noch große Chancen ausgelassen. Ich verstehe nicht, warum die Billigangebote in vielen Buchhandlungen schon im Eingangsbereich das Bild dominieren. Welche Kompetenz will man damit herausstellen? Etwa die, dass man billig verkaufen kann, wie vielleicht das benachbarte Textilhaus? Unsere Zahlen zeigen, dass es eine stabile, wenn nicht zunehmende Zahl von Kunden gibt, die bereit sind, für Qualität auch etwas tiefer in die Geldbörse zu greifen. Ich bin davon überzeugt, dass sich mit einer wohldurchdachten Präsentation die Umsätze spürbar verbessern lassen.

An welchen Stellen fehlt das entscheidende Gewürz?
Die nötige Beratungskompetenz ist im Buchhandel vorhanden. An der Sortimentspolitik kann aber sicherlich noch stark gefeilt werden. Was ist nachhaltiger und damit der bessere Weg? Massenhaft Billigprodukte bei extrem knappen Margen mit zweifelhaften Aussichten in den Laden packen oder  überlegt eine vorhandene Klientel auf einzelne hochpreisige Produkte hinführen, die heute in der Masse gesichtsloser Publikationen häufig untergehen? Will ich als auswählender Sortimenter mit einer Buchmanufaktur zusammenarbeiten oder lieber mit einer Buchfabrik? Ich glaube, diese Fragen sind ziemlich leicht zu beantworten.

Welches Grundrezept empfehlen Sie für eine appetitanregende Präsentation?
Weniger ist manchmal mehr. Mit qualitativ hochwertigen Büchern zu den Themen Essen, Trinken und Genuss lassen sich nicht nur in den großflächigen Dependancen der Filialisten, sondern in beinahe jeder Buchhandlung Aktionen inszenieren, die bei den Kunden hohe Aufmerksamkeit erregen. Die Warenwelten in den deutschen Einkaufsstraßen sind heutzutage in der Regel austauschbar. Hier liegt die entscheidende Möglichkeit des engagierten Buchhändlers, aufzuscheinen. Mit der besonderen Ware ,Buch‘ hat das stationäre Sortiment ein Produkt in der Auslage, das viele Anknüpfungspunkte für attraktive Events bietet, die auch Leute in die Buchhandlung locken, die sonst dort nicht erscheinen. Das gilt in besonderem Maße für Bücher aus dem Kontext des Genießens. Schließlich wird das Kochen in weiten Teilen der Gesellschaft heute immer stärker als kulturelle Kompetenz anerkannt. Von unserer Seite gibt es Unterstützung für verkaufsfördernde Veranstaltungen, die Sinn machen. Wenn das Konzept stimmt, würde ich auch selbst in die Buchhandlung kommen und mich an den Herd stellen. Vorausgesetzt, der Partner aus dem Handel hat sich zielgerichtet Gedanken gemacht.

Ein Blick auf die Zielgruppe. Wo sehen Sie noch ungehobenes Potenzial?
Ich glaube, dass sich die Zielgruppen in Zukunft noch weiter ausdifferenzieren werden und dass eine neue Generation von Menschen heranwächst, die sich für die unterschiedlichsten Aspekte des Kochens interessiert. Unsere Käufer kommen schon jetzt aus allen gesellschaftlichen Schichten. Ambitionierte Hobbyköche gehören ebenso dazu wie Profis, die sich auf den neuesten Stand bringen. Vorstandsvorsitzende mit hohem ästhetischem Anspruch treten an die Seite von Studenten, die Freunde mit ihren Kreationen aus der Küche begeistern.

Vor allem an die junge Generation richten sich neue Angebote, die der ganzen Buchbranche zu denken geben. Sind die Koch-Portale im Internet Bedrohung oder Chance?
Da bin ich ganz entspannt, sie stellen für unser Geschäft keine Gefahr dar. Ich habe mich vor einigen Jahren aus einer der größten Internetplattformen für das Kochen zurückgezogen, weil ich schon damals kein funktionierendes Erlösmodell gesehen habe. Wir würden das Internet nur dann nutzen, wenn wir die Inhalte, die wir dort publizieren, auch bezahlt bekommen. In Deutschland wurde von Anfang an ein großer Fehler gemacht: Kostenfrei Rezepte ins Netz stellen und auf Werbeeinnahmen in der Zukunft hoffen, das macht aus meiner Sicht keinen Sinn. Als ich ein junger Mann war, wurde das Kino für tot erklärt, weil die Videokassette kam. Das Kino hat immer unterschiedliche Zeiten gehabt, aber es wird nie ersetzbar sein. Auch das Buch wird ein zeitloses Produkt bleiben, solange ein Höchstmaß an Qualität die Grundrezeptur bestimmt.

Die Fragen stellte Rainer Uebelhöde

Das komplette Interview lesen Sie im buchreport.spezial „Essen & Trinken“, das dem buchreport.magazin Oktober beiliegt. Hier die Inhaltsverzeichnisse, hier können Sie die Hefte bestellen.

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