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Edelspielzeug oder Meilenstein?

Wie sich die Bilder unterscheiden: Zum Verkaufsstart des iPad in den USA konnte Apple Dickschiffe der Buchbranche als Partner für seinen iBookstore präsentieren: Penguin, Hachette, Macmillan, Simon & Schuster und HarperCollins. Aus der Riege der Riesen fehlte nur Bertelsmann-Tochter Random House.

Zum Verkaufsstart des iPad in Deutschland ist zumindest im Vorfeld noch kein Branchenschwergewicht im iBookstore vertreten. Hinter den Kulissen wird um Modelle, Preise und Rabatte gefeilscht. „Im Konzern werden gerade Verhandlungen über den iBookstore geführt“, erklärt etwa Cheflektor Lutz Dursthoff von dem zu Holtzbrinck gehörenden Verlag Kiepenheuer & Witsch, „es gibt noch kein Ergebnis.“

buchreport.de hat sich bei kleineren und größeren Verlagen umgehört, ob sie zum Start des iPad in Deutschland mit Titeln im iBookstore oder eigenen Apps dabei sind:

teNeues Verlag: „E-Books nicht nur aus Imagegründen produzieren“

„Wir haben einige Titel für das iPad in der Planung,  aber wir werden nichts überstürzen“, erklärt Hendrik teNeues. Der Markt für Bildbände sei noch überhaupt nicht getestet,  auch noch nicht in den USA. Der Verlag werde sich mit einem Angebot beteiligen, das vorsichtig entwickelt werde.  Vor allem die Preisfindung sei noch nicht klar. „Wenn die Inhalte gut aufbereitet werden und z.B. Videos und gute Grafik gezeigt werden, gehen wir von einem interessanten Zusatzmarkt aus“, beschreibt der Verleger die zu erwartenden Auswirkungen des iPad. „Wir denken vor allem an den professionellen Käufer.  Es ist die Frage, welche Preise sich einpendeln und welchen Aufwand wir betreiben müssen.“ Auf die Frage danach, ob er mit höheren Kosten für die Erstellung von E-Books rechne, antwortet teNeues: „Höhere Kosten ist relativ. Das Geschäftsmodell muss funktionieren.  Wir werden auf keinen Fall E-Books nur aus Imagegründen produzieren,  die sich nicht rechnen.  Magazinverlage haben das Problem,  dass sie über Jahre ihren Content frei angeboten haben und diesen Geburtsfehler nicht mehr weg bekommen.  Deshalb müssen die Kosten für uns im Rahmen bleiben und wir werden beobachten, was die Kunden bereit sind dafür zu zahlen.“

Springer SBM: „Verhandeln in New York mit Apple“

Dagmar Laging, Springer, Vice President Sales Germany, Switzerland, Austria, erklärt, der Konzern werde nicht zum Start dabei sei. Aktuell werde über Springer New York mit Apple verhandelt. „Geplant ist, zunächst die englischsprachigen Titel zur Verfügung zu stellen, später dann auch die deutschsprachigen.“ Doch für Apple sei der Verlag im End-Consumer-Markt sicherlich nicht so wichtig wie die großen Publikumsverlage. Zu den Kosten erklärt Laging: „Da wir bereits alle unsere Bücher als E-Books bereithalten, rechnen wir nicht mit höheren Kosten.“

Haufe Lexware: „Wer bietet das beste Lese-Erlebnis?“

„Wir werden mit der Einführung des iPads Titel im AppStore haben, die sowohl auf dem iPhone als auch auf dem iPad angenehm zu lesen sind, verspricht PR-Manager Oliver Kaiser. Man werde mit einigen ausgewählten Titeln im Buchbereich anfangen und das Angebot sukzessive ausbauen. Das Engagement auf der neuen Plattform begründet Kaiser damit, den Anspruch der Kunden erfüllen zu wollen, immer mehr Inhalte auch mobil zur Verfügung haben zu wollen. Außerdem sei dies ein wichtiges Entwicklungsfeld, in dem die eigene Infrastruktur entsprechend aufgebaut und ausgerichtet werden müsse. „Im Sinne unserer Kunden brauchen wir flexibele Produktions- und Publikationsprozesse, die es uns ermöglichen, den individuellen Bedürfnissen der Benutzer gerecht zu werden.“ In Zukunft werde die Frage: „Wer hat den besten Content?“ automatisch mit der Frage gekoppelt „Wer bietet mir zusätzlich das optimale Erlebnis in meiner begrenzten mobilen Zeit?“

MairDuMont: „Reiseinfos multimedial präsentieren“

Die Ostfilderner Verlagsgruppe will Ende Juni mit einem Reiseführer-Showcase für das iPad starten – eine gemeinsame Entwicklung mit dem Partner 21Torr Interactive. Mit Applikationen für das iPhone sei der Verlag bereits seit einiger Zeit im AppStore vertreten. „Über Tablet Geräte wie das iPad können wir unseren Kunden neue Produkte anbieten, in denen wir unsere Reiseinformationen mit neuen Anwendungen und Multimediainhalten kombinieren können. Mit diesen neuen Produkten können wir unser Angebotsportfolio im Printbereich weiter sinnvoll ergänzen.“

Cornelsen: „Sprachen interaktiv lernen“

Helga Holtkamp, Redaktionsleiterin Moderne Fremdsprachen bei Cornelsen, hat schon Erfahrungen mit dem iPad sammeln können. Zum Start in den USA hat der Verlag den Lernkrimi „Liebe bis in den Tod“ für Deutsch als Fremdsprache als App ausgekoppelt. Dieser verkaufe sich gut, so Holtkamp. Künftig solle die App auch im deutschen Appstore erhältlich sein. Darüberhinaus seien die bisher konzipierten iPhone-Apps auch auf dem iPad nutzbar, darunter Business-Englisch-Titel und E-Books mit interaktiven Übungen für den Bereich Deutsch als Fremdsprache. Ende Juni werde man Video-Sprachkurse speziell für das iPad vorstellen. „Für einen großen Verlag wie Cornelsen ist es spannend zu sehen, wie sich dieses Medium entwickelt und deshalb wollen wir auch gleich zu Beginn mit dabei sein. Gerade für den Bereich Sprachenlernen und die Marke Lextra sehen wir Potenzial, unsere Lerninhalte in einem neuen, innovativen Medium zielgenau anzubieten“, begründet die Verlagsmanagerin das Engagement. Das iPad werde künftig noch bessere Möglichkeiten bieten, anspruchsvolle interaktive Übungsformen umzusetzen und das Lernen damit noch individueller und abwechslungsreicher zu gestalten.

Schoeningh Verlag: „Erst die Einführung abwarten“

Ingo Rother, Projektleiter ‚Neue Medien‘ bei Schoeningh, will die Markteinführung im deutschsprachigen Raum abwarten, bevor der Verlag mitmischt. Sollte die Nachfrage nach wissenschaftlichen E-Books im Format Epub steigen, werde man ebenfalls im iBookstore vertreten sein. „Der Markt wird sich anders als bei der Einführung von Amazons Kindle, Sonys PRS-Readern und iRex‘ iLiad sehr wahrscheinlich schneller entwickeln und auch außerhalb der USA eine höhere Akzeptanz haben“, blickt Rother in die Zukunft.
 

Kiepenheuer & Witsch: „Im Herbst testen“

Cheflektor Lutz Dursthoff verweist auf die 36 Titel als iPhone Apps, die auch für den iPad zur Verfügung stünden. Im Holtzbrinck-Konzern würden gerade Verhandlungen über den iBookstore geführt, es gebe aber noch kein Ergebnis. „In den USA ist der iPad ein Erfolg. Hierzulande gehe ich auch davon aus“, so Dursthoff – es gebe dann noch sehr viel mehr Endgeräte auf dem Markt. Künftig werde es eine Zweiteilung geben: einerseits das „deep-reading“, also E-Books, die klassischerweise nur den Text zeigen – dabei seien die Reader mit elektronischer Tinte vermutlich besser. Daneben „Enriched E-Books“ , bei denen die Entwicklung offen sei. Dieses Format werde Kiwi exemplarisch testen für einen Titel im Herbstprogramm.

Klett Cotta, Tropen, Hobbit Presse: „Alle Titel auch digital“

Andreas Falkinger, kaufmännischer Leiter, kündigt an, zum Start des iPad in Deutschland mit Apps vertreten zu sein: zunächst mit zwei Titeln, die der technische Partner Textunes für das iPhone und das iPad anbiete. „Ab dem Herbstprogramm planen wir alle Titel, die unter dem Label Tropen erscheinen, zeitgleich mit der Printausgabe für iPhone und iPad verfügbar zu machen“, blickt Falkinger voraus. Das Angebot wird  möglicherweise schon ab Herbst auch auf alle wichtigen Fantasytitel der Hobbit Presse ausgedehnt.

„E-Books und Apps machen heute nur einen sehr geringen Umfang unseres Geschäfts aus, wir sind aber überzeugt, dass sich dies nachhaltig verändern wird. Mit diesen Veränderungen lernt man nicht umzugehen, wenn man sich nur in der Theorie mit der Materie beschäftigt. Wir glauben nicht, dass das iPad eine Revolution sein wird, wohl aber, dass dadurch bereits begonnene Entwicklungen an Fahrt gewinnen und schneller auf dem Markt ankommen.“

Auf die Frage nach den Kosten der E-Books durch die iPad-Erweiterung differenziert der Verlagsmanager nach Genres: „Belletristische Texte können mit vergleichsweise geringem Aufwand für das iPad verfügbar gemacht werden. Im Sachbuchbereich ist die Anreicherung durch multimediale Inhalte am aussichtsreichsten, hier wird sich zeigen, ob Verlage dies allein stemmen können oder ob z.B. durch Lizenz- und Kooperationsmodelle mit spezialisierten Partnern Produkte mit Mehrwert umsetzen lassen, ohne die einzelnen Titel mit zu hohen Investitionen zu belasten. Im Fachbuch schließlich sorgt das iPad durch seine Bildschirmgröße unserer Ansicht nach dafür, dass kompliziertes und aufwändiges Layout für den Nutzer auch elektronisch nutzbar wird.“  Beim Fachbuch sei damit zu rechnen, dass mit dem iPad eine Stärkung des PDFs als zweitem wichtigen Format neben Epub einhergehen werde.

Kommentare

2 Kommentare zu "Edelspielzeug oder Meilenstein?"

  1. Manfred Keiper | 28. Mai 2010 um 22:25 | Antworten

    Am Vorabend riefen es die Tagesthemen ins Gedächtnis:
    In China bei FOXCONN einerseits PR-Show für die Weltpresse, andererseits Selbstmordserie im Werk. Während wir in der Medienwelt des 21. Jahrhunderts über die Probleme hinwegsehen, läßt Apple-Chef Steve Jobs seine Geräte unter Bedingungen des 19. Jahrhunderts produzieren. Vor dem Werkstor verbrannten Demonstranten aus Protest gegen menschenunwürdige Abreitsbedingungen (80 Stunden-Woche bei 250-300 Euro Monatslohn) iPhones.
    Mir klingt noch Steve Jobs´ Forderung im Ohr, dass Inhalte im Netz frei und kostenlos sein sollten.
    Irgendwann schlägt die Moralkeule zurück – ich möchte ungern von ihr getroffen werden.

  2. Ich finde das iPAD einfach sehr gut ausshend. Es ist nachweislich, dass es momentan noch nicht wirklich das Spitzenprodukt ist, da es nicht mit allen Programmen kompatibel ist. Also werden die nachfolgenden Versionen sicherlich ´schon einige Schritte weiter voranschreiten.
    Mein Fazit: Man braucht es jetzt noch nicht kaufen. Ein „normales“ Notebook ist ganz klar zu bevorzugen. Es könnte aber durchaus sein, dass iPADs oder andere. ähnliche Geräte dem Notebookmarkt in Zukunft zusetzen werden, ja vielleicht sogar diesen ersetzen können.

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