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Niederlande & Flandern. Gastland der Leipziger Buchmesse 2024 im Überblick

Die Niederlande haben gewählt. Am 22. November 2023 hat die „Partei der Freiheit“ unter der Führung des Rechtspopulisten Geert Wilders bei der Parlamentswahl die meisten Stimmen bekommen. Ein Schock für viele im Land, das doch bisher als besonders freizügig und freundlich galt. Dabei bilden die Niederlande mit diesem Wahlergebnis keine Ausnahme: In vielen europäischen Ländern sind rechtsextreme Kräfte im Aufwind. Was bedeutet das für den Gastlandauftritt auf der Leipziger Buchmesse 2024? Die Antwort liegt bereits im Auftreten der jungen niederländischsprachigen Schriftsteller:innengeneration, die in Leipzig zu Gast sein wird. Ihre Romane, Gedichte und Essays sind politisch engagiert, sensibel für Veränderungen und der Welt unbedingt zugewandt. Der Gastlandauftritt der Niederlande und Flanderns findet im Namen der Meinungs- und Pressefreiheit statt, fördert unabhängige Verlage und setzt sich für Diversität und Menschenrechte ein. Denn Literatur kann, soll und darf nicht nur unterhalten und bewegen, sondern auch aktivieren, motivieren und ermutigen. Dieser Kraft der Literatur sind wir uns bewusst und treten für sie ein. Das war bereits vor dem 22. November 2023 so und gilt seitdem umso mehr.

Und woran denken Sie, wenn Sie an die Niederlande und Flandern denken? Eine Region am westlichen Rand des europäischen Kontinents, ohne hohe Berge und tiefe Täler? Landschaften, in denen die Menschen sicher hinter ihren Deichen leben, Tulpen pflanzen und dabei grasenden Kühen und sich gemächlich drehenden Windmühlen zusehen? An Künstler wie Rembrandt, Rubens und Vermeer? Oder an die berühmte Offenheit und Toleranz, die durch die aktuellen Wahlen eine Schlagseite bekommen haben?

Als Gastland der Leipziger Buchmesse möchten die Niederlande und Flandern ein aktuelles Bild der flachen Länder präsentieren! Denn wer hoch auf den Deichen steht, hat einen weiten Blick. Wer kaum Berge und Täler kennt und am Meer lebt, knüpft leicht Kontakt zum Rest der Welt. Und wer mit der Welt im Kontakt steht, denkt über sie nach, denkt international, ist offen für diverse Einflüsse, ist innovativ und engagiert.

Die Niederlande und Flandern mögen geografisch flach sein. In gesellschaftlicher, kultureller und politischer Hinsicht sind sie es ganz sicher nicht. In Leipzig wird niederländische und flämische Literatur präsentiert, die für sich steht, die Geschichten von gedanklichen Gipfeln und emotionalen Tälern erzählt, die literarische Steilhänge und Schluchten erkundet, die genau so ist: „Alles außer flach”.

Fünf Kernthemen prägen den Gastlandauftritt unter dem Motto „Alles außer flach”:
Neue Stimmen, neue Perspektiven | Kinder- und Jugendliteratur | Ohne Übersetzer:innen keine Weltliteratur | Multimediale Projekte | Nachhaltigkeit.

I.
Neue Stimmen, neue Perspektiven: Eine neue Generation von niederländischen und flämischen Autor:innen ist auf der Leipziger Buchmesse 2024 zu Gast.

Die Erinnerung ist noch frisch, dass die niederländische und flämische Literatur 2016 im Mittelpunkt der Frankfurter Buchmesse stand. Doch seitdem ist viel passiert: In den vergangenen acht Jahren hat sich die Welt verändert und eine neue schreibende Generation ist nachgerückt. Und wenn die Welt sich verändert, verändert sich auch die Literatur. In Leipzig werden diese Veränderungen unter dem Motto „Alles außer flach” präsentiert.

Charakteristisch für die Arbeit der neuen Autor:innengeneration ist vor allem ihr persönliches Engagement. Politische Themen wie die Klimakrise, Geschlechtergleichheit, Rassismus und Kolonialismus spielen ganz selbstverständlich eine Rolle in ihren Texten. Aktuelle Ereignisse und Debatten werden ernsthaft thematisiert, doch oft in einem charakteristisch leichten Ton beschrieben und humorvoll kommentiert.

Dafür nur drei Beispiele: In Jaguarmann (edition amikejo, Übersetzung: Lotte Hammond) begibt sich Raoul de Jong auf die Suche nach Held:innen der Geschichte Surinams – dem Land, aus dem sein Vater kommt. Mariken Heitman schreibt in Wilde Erbsen (Klett-Cotta, Übersetzung: Christiane Burkhardt) über binäre Normen und darüber, wie das Leben aussieht, wenn man sich keiner der beiden Kategorien Mann oder Frau zugehörig fühlt. In ihrem spannenden und erschütternden Roman Trophäe (Zsolnay, Übersetzung: Lisa Mensing) untergräbt Gaea Schoeters wiederum den weißen, neokolonialen Blick auf Afrika.

Im Rahmen von „Leipzig liest“ schlagen zudem Autor:innen aus den Niederlanden und Flandern gemeinsam mit deutschen Kolleg:innen literarische Brücken: So spricht unter anderem Anna Enquist mit Szusza BánkStefan Hertmans mit Nora Bossong und Mariken Heitman trifft auf Lola Randl.

Natürlich kommen auch Dichter:innen nach Leipzig, darunter Radna FabiasMaarten Inghels und Charlotte Van den Broeck. Engagiert, eigenwillig und mit Humor betrachten sie die Welt jeweils aus ihrem persönlichen Blickwinkel und in ihrem ganz eigenen Stil. Zu erleben sind sie unter anderem während „Apéro & Poetry“, der täglichen Eröffnungsveranstaltung des Programms in der Schaubühne Lindenfels, dem Hauptquartier des Gastlandauftritts.

Weitere Autor:innen, die auf der Leipziger Buchmesse erwartet werden, sind: Simone Atangana Bekono, Rob van Essen, Valentijn Hoogenkamp, Connie Palmen, Jaap Robben, Astrid Roemer, Matthijs de Ridder, Eva Meijer, Angelo Tijssens, Lize Spit, Wytske Versteeg, Gijs Wilbrink, Annelies Verbeke und Lisa Weeda.

Auch das Projekt „Du hast eine neue Freundschaftsanfrage“, welches im Oktober 2023 einen erfolgreichen Auftakt in Leipzig feierte, wird fortgesetzt. Während der Messe werden die drei vielversprechenden, aber noch nicht ins Deutsche übersetzten Autorinnen Aya SabiNadia de Vries und Sholeh Rezazadeh ihre Leipziger Brieffreundinnen Kaśka BrylaMarlen Hobrack und Linn Penelope Rieger wiedertreffen. Worüber werden sie ihre nächsten Briefe schreiben?

Am Messestand des Gastlandes gibt die renommierte Illustratorin und Graphic Novel-Künstlerin Judith Vanistendael einen Workshop zum Thema „Wolken“, bei dem die Messebesucher:innen selbst kreativ werden und die Wolken von René Magritte und Jacob van Ruisdael in einen Graphic Novel-Stil übertragen können.

Und selbstverständlich findet am Messestand erneut das erfolgreiche Gesprächsformat „Kopje koffie” statt, bei dem bereits 2023 Gastlandautor:innen in schneller Folge bei einer Tasse Kaffee ihre neuen Bücher präsentierten.

II.

Kinder- und Jugendliteratur aus den Niederlanden und Flandern ist anspruchsvoll, innovativ und spannend: In der internationalen Verlagswelt ist das längst bekannt.

Nach Leipzig sind zehn preisgekrönte und international bekannte Kinderbuchautor:innen eingeladen: Ihre Bücher sind tonangebend, inspirierend und zeichnen sich bei der Themenwahl durch Originalität, Inklusivität und Einfallsreichtum aus.

Martijn van der Linden und Maranke Rinck haben gemeinsam eine Reihe für Erstleser:innen entwickelt: Bob Popcorn „für alle ab 4 Jahren, die auch mal wütend werden“ (Schaltzeit, Übersetzer: Rolf Erdorf). In ihrem historischen Roman Nächte im Tunnel (Carlsen, Übersetzung: Andrea Kluitmann), der gerade mit dem Gustav-Heinemann-Friedenspreis für Kinder- und Jugendbücher ausgezeichnet wurde, schreibt Anna Woltz über Freundschaft und Klassenunterschiede. Ihr Buch Skip und der Kaninchendieb (Carlsen, Illustration: Saskia Gayman, Übersetzung: Andrea Kluitmann), mit dem sie eine jüngere Zielgruppe anspricht, erscheint kurz vor der Buchmesse. Nach einem erfolgreichen Auftritt auf der Leipziger Buchmesse 2023 stellt Leo Timmers das Bilderbuch Bär und seine Brille (DOZ-Verlag) vor. Diese verspielte und lustige Geschichte sollte jedem Brillenträger bekannt vorkommen. Autor Stefan Boonen und Illustrator Melvin, von denen schon mehrere Bücher ins Deutsche übersetzt wurden, präsentieren ihr erstes gemeinsames Sachbuchprojekt für Kinder: Billie und seine Gene (mixtvision, Übersetzung: Birgit Erdmann), ein lehrreiches und lustiges Buch über unsere DNA. Mit dem illustrierten Roman Hier kommt Bahar Bizarr (Beltz und Geldberg, Übersetzung: Rolf Erdorf) hat Michael de Cock eine fröhliche und unkomplizierte Geschichte über das Erwachsenwerden, Identität, Freundschaft und die Suche nach dem eigenen Platz in der Welt geschrieben. Die schwarz-weiß-Illustrationen von Arevik d’Or unterstreichen dabei den zeitlosen und positiven Charakter von Bahars Geschichte. Enne Koens’ Buch Ich bin Vincent und ich habe keine Angst (Gerstenberg, Übersetzung: Andrea Kluitmann) war für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert, wird derzeit in Deutschland verfilmt und auch eine Theateradaption ist geplant.

Edward van de Vendel wiederum ist ein echtes Phänomen. Er ist Autor, Kinderbuchbotschafter und Verleger. Und er schreibt Geschichten für alle: vom Bilderbuch bis zum Jugendbuch und wurde dafür vielfach ausgezeichnet.

Eselsohr – die Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendmedien wird aus Anlass des Gastlandauftrittes im Februar eine Sonderausgabe über niederländische und flämische Kinderliteratur herausgeben. Darin unter anderem eine Tour d’Horizon von Mirjam Noorduijn und ein ausführliches Interview mit Edward van de Vendel.

III.

Ohne Übersetzer:innen keine Weltliteratur und keine niederländischsprachige Literatur für deutsche Leser:innen. Nur dank engagierter Übersetzer:innen erreicht ein Buch sein internationales Publikum. Aus diesem Grund bekommt die Kunst des Übersetzens innerhalb des Gastlandauftritts einen prominenten Platz. Unter anderem richtet sich die Aufmerksamkeit auf die handwerkliche Dimension des Übersetzens: Wie arbeiten Literaturübersetzer:innen? Wie übersetzt man Poesie? Gibt es eigentlich unübersetzbare Wörter? Und wo verstecken sich die berüchtigten „falschen Freunde“?

Auf der Website allesausserflach.de findet sich passend dazu die Interviewreihe „Aller Anfang ist schwer“, in der Übersetzer:innen über den oft bedeutungsvollen ersten Satz der von ihnen übersetzten Bücher sprechen. Während der Leipziger Buchmesse sind außerdem zahlreiche Übersetzer:innen im Übersetzerzentrum und am Messestand zu Gast. Die feierliche Vergabe des renommierten Else-Otten-Preises für die beste Übersetzung aus dem Niederländischen ins Deutsche wird ebenfalls Teil des Gastlandprogramms sein.

IV.

Längst findet Literatur nicht mehr nur auf Papier statt. Deshalb präsentiert das Gastland innovative literarische Ideen als multimediale Projekte. Am Messestand und in der Stadt wird gezeigt, wie Literatur jenseits des Buches Gestalt annimmt.

Das „StoryScope“, eine moderne Laterna Magica, ist dafür gemacht, dass erstklassige Kinderbuchautor:innen gemeinsam mit Kindern die schönsten Geschichten auf die Leinwand zaubern.

Ob sich das Gehirn umgehen lässt und man auf direktem Weg zum Herzen gelangen kann, dem Ort, an dem Poesie die Seele berührt? „VER“ ist eine Installation, die Virtual Reality mit Poesie kombiniert und Gedichte „erlebbar“ macht.

Und schließlich die spektakuläre „Poetry Booth“: eine Zusammenarbeit zwischen niederländischsprachigen Dichter:innen und der revolutionären Rechenleistung künstlicher Intelligenz. Stell dich vor den Spiegel, fotografiere dich, und in Windeseile schreibt diese Poesie-Maschine ein Gedicht im Stil der am Projekt beteiligten Dichter:innen.

Neben diesen hybriden digitalen Formen der Literatur werden in der Schaubühne Lindenfels niederländische und flämische Spoken Word-Künstler:innen mit ihren deutschen Kolleg:innen zusammenarbeiten. Gemeinsam schaffen sie brandneue Werke, die während „Apéro & Poetry” vorgetragen werden.

V.

Nachhaltigkeit ist ein charakteristisches Merkmal dieses Gastlandauftritts. Für das Design des Messestandes wird ausschließlich recyceltes oder geliehenes Material eingesetzt. Tische und Wände, Vorhänge und Lampen – alles wird wiederverwendet.

Doch nicht nur äußerlich, auch inhaltlich setzen die Niederlande und Flandern auf Nachhaltigkeit: Eigens initiierte internationale Kooperationen werden nach dem Gastlandauftritt nicht enden. Die Autorinnen des Projekts „Du hast eine neue Freundschaftsanfrage“ inspirieren sich gegenseitig und treten gemeinsam in den Niederlanden, Flandern und Deutschland auf. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Spoken Word-Vereinen „Mensen Zeggen Dingen“ („Menschen sagen Dinge“) aus den Niederlanden und „Livelyrix“ aus Leipzig soll über die Buchmesse hinaus weitergeführt werden. Der niederländisch-flämische Bücherpodcast „Kopje Koffie” ist ebenso ein Beispiel für inhaltliche Nachhaltigkeit. Seit 2021 sind über zwanzig Folgen, in denen neue Bücher niederländischer und flämischer Autor:innen vorgestellt werden, erschienen. Auch nach der Buchmesse wird der Podcast fortgesetzt.

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