buchreport

Wie? Geht es weiter?

In über 100 Interviews fragte buchreport 2012 nach Lage und Perspektiven von Verlagen und Buchhandel. Ein Überblick über die markantesten Antworten zu den Themen, die die Branche auch 2013 bewegen:
„Die Krise der Großen ist nicht die Krise des unabhängigen Buchhandels. Wir werden für ihre Fehler mit abgestraft. Alle reden darüber, dass der unabhängige Buchhandel gestützt werden müsse. Das Geschäft mit ihm ist krisensicherer. Aber die Marketingmaßnahmen der Verlage sind auf die Großen zugeschnitten.“
„E-Books bieten eine große Chance, das Bild vom Buchhandel nachhaltig zu verändern. Wir wissen, dass viele Endkunden mit dem Fachbuchhandel immer noch das gedruckte Buch im Ladenlokal verbinden. Viele unserer Leistungen sind unbekannt. Dieses Bild gilt es zu verändern und eine klare Botschaft an die Kunden zu senden: Wir sind Medienhändler und -dienstleister.“    
„In zehn Jahren werden die meisten Autoren Lektoren dafür bezahlen, ihr Buch zu überarbeiten und es dann selbst verlegen. Viele Verlage werden verschwinden. Einige wenige werden immer größer und wählerischer werden. Die Querfinanzierung wird dann unmöglich werden. E-Books werden die Buchhandlungen töten, die Verlage – und letztlich auch viele Autoren. Was mich so traurig stimmt: Jeder kämpft für sich allein. Warum? Die Verlage sollten sich endlich zusammenraffen und gemeinsam eine Lösung entwickeln, die allen Beteiligten dient.“
„Ein Buchhändler muss sich vom Medium lösen. Es ist egal, ob er Bücher auf Papier oder digital verkauft. Er muss sich von dem Glauben lösen, dass sein Ladenlokal das einzige Forum sei, in dem Kunden seine Präsenz erwarten. Wenn die Kunden nicht erleben, dass der Buchhändler auch jenseits des Ladenlokals verfügbar ist, sind sie ganz schnell weg.“  
„Wenn man den Vertretern des Börsenvereins glauben darf, die ständig im Kontakt mit Politikern stehen, ist die Preisbindung für die jüngere Politikergeneration kein unantastbares Heiligtum mehr. Umso wichtiger ist deshalb, wie die Branche mit der Preisbindung umgeht. Wenn die politischen Entscheidungsträger den Eindruck gewinnen, dass die Branche selbst die Preisbindung nicht mehr ernst nimmt, dann könnte die Preisbindung durchaus zur Diskussion gestellt werden.“
„Das Buch hat an Sexy­ness verloren. Dazu haben auch die Verlage ihren Teil beigetragen. Sie haben es geschafft, ein Buch, das viele Menschen lange als Wertstück begriffen haben, durch die 99er-Preis­endung zu aldisieren. Der Marketingeffekt ist, dass der Kunde jetzt billig und Sonderangebot assoziiert.“   
Oliver Pux, Bastei Lübbe
„Die Rechtesituation wird sich verändern, abhängig davon, wie Verlage ihren Content produzieren und mit welcher Rechtelage sie antreten. Die Sprachgrenzen verschwimmen. In großen Sprachräumen, in  denen ein digitaler Markt vorhanden ist, werden viele Verlage selbst aktiv werden.“    
„Die Urheberrechtsdiskussion dreht sich zu vordergründig um die Frage, wie sich wirtschaftlicher Wert von Content realisieren lässt und zu wenig um die Frage, was seinen inhaltlichen Wert ausmacht. Es bleibt Branchenfremden überlassen, Fakten zu schaffen. Statt eine Abwehrhaltung zu verteidigen, sollten wir das Thema sinnvoll ordnen und zu­kunftsgerichtete Antworten zu finden versuchen.“
„Verlage müssen erkennen, dass Marketing sich nicht auf die Novitäten beschränken darf. In der Vergangenheit wurde die Backlist kaum beworben. Die Verlage hatten sehr viele Neuerscheinungen, und ausschließlich für diese neuen Titel Marketing betrieben. Folgte die nächste Titelflut, wurde diese beworben. Das wird sich in der digitalen Welt ändern müssen.“ 
„Der Buchhandel muss sich stärker auf bestimmte Zielgruppen fokussieren, dem Kunden eine Wohlfühlqualität anbieten und stärker in Marketingkategorien denken. Die entscheidende Frage ist: Warum bietet der Kauf vor Ort einen Mehrwert?“ 
„Wenn Verlage überleben wollen, müssen wir den Beteiligten des Marktes klarmachen, warum wir wichtig sind. Es gibt viele gute Argumente, aber wir dürfen nicht so tun, als ob alles auf der Hand liegt. Wir haben wichtige Dinge beizutragen, Qualität, Tiefe und Präzision, aber dafür dürfen wir uns nicht in einer Festung verstecken, sondern müssen aufs Feld ziehen und uns zeigen.“
„Der Geist der digitalen Kopie lässt sich nicht wieder einfangen. Die Zahnpasta ist aus der Tube, ob wir wollen oder nicht. Die Diskussion, wie wir die Zahnpasta zurück in die Tube bringen, halte ich nicht für zielführend. Wir sollten die digitale Kopie als gesellschaftliche Realität akzeptieren und darauf aufbauend Lösungen entwickeln.“
„Warum wissen die Menschen, dass am nächsten Tag ihr Medikament, aber nicht, dass am nächsten Tag auch ihr Buch da ist? Warum glauben die Menschen, dass Amazon billiger und schneller ist als ein Buchladen? Da kann ich nur sagen: Geschlafen, geschlafen und geschlafen.“
„Aus Sicht der amerikanischen Verleger ist Amazon eine Gefahr. Das Unternehmen hat die Bücher in den USA so stark rabattiert, dass der Markt erheblichen Schaden genommen hat. Auch in Deutschland wird Amazon der Regierung alles Mögliche versprechen, um die Gesetze zu beeinflussen. Schützt eure Gesetze und Konsumenten vor dieser alles verschlingenden Maschine!“

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