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Zoë Beck: Was Amazon nicht kann

Zoë Beck: Was Amazon nicht kann

Eigentlich gibt es zum Thema Amazon nicht mehr so viel zu sagen. Ich verstehe auch fast die Aufregung nicht. Jeder, der ein bisschen nachdenkt, muss von selbst drauf kommen, dass ein logistischer Aufwand, wie er bei Amazon, Zalando, Otto, etc. betrieben wird, Geld kostet.

Da die Endverbraucher, also wir, aber letztlich nichts für Lieferung, Verpackung, kostenlose Retoure und die ganzen Menschen, die die Sachen aussortieren und einpacken und auspacken und wieder einsortieren und am Kundentelefon sitzen und Kundenemails beantworten und sich auf höhere Ebene um Einkauf und Verkauf und Personalverwaltung und so weiter kümmern, zahlen wollen, darf all das nicht viel Geld kosten. Natürlich werden dann billige Arbeitskräfte eingekauft.

Arbeiten, die von jedem erledigt werden können, weil dazu keine besondere Qualifikation erforderlich ist, müssen nicht gut bezahlt werden. Es gibt genügend Menschen, die bereit sind, für wenig Geld zu arbeiten. Weil sie in ihrem eigenen Land noch weniger verdienen. Weil die deutsche Politik Leiharbeiter zulässt. Das ist alles sehr logisch und Fakt.

Wie die Menschen dann behandelt werden, ist eine ganz andere Sache. (Ich unterstelle mal, dass die großen Konzerne nicht wirklich im Detail wissen, wie Dienstleister X mit Leiharbeiter Y umgeht, bis eben mal ein Fernsehteam vorbeikommt. Vielleicht wollen sie es auch nicht immer so genau wissen.)

Hier zeigt sich ein soziologisches Phänomen: Die Angestellten gewisser Subunternehmer sind schon recht weit unten in der sozialen Anerkennung, vom finanziellen Status muss man gar nicht erst reden. Wenn es sich nun ergibt, dass sie auf andere herabschauen können, dass es da welche gibt, die noch weiter unten in der Nahrungskette stehen, dann hauen sie drauf. Der Mensch wertet sich durch den direkten Vergleich mit anderen auf, er braucht Bezugspunkte. Im Falle gewisser Leute mit einer gewissen Gesinnung könnte man zum Beispiel auch sagen, sie haben als einzigen Status, der sie vermeintlich aufwertet, ihre Nationalität. Wenigstens sind sie Deutsche, das ist doch auch schon mal was. Wenn diese dann für einen Securitydienst arbeiten und an ausländische Leiharbeiter geraten – äh, ja.

Aber hat denn wirklich irgendjemand beispielsweise geglaubt, Amazon – und alle anderen – versenden die Artikel kostenfrei, weil die Post oder Hermes oder sonstwer sagt: Och, lasst mal stecken, wir machen das doch gerne, unsere Zusteller sind sowieso dauernd da draußen unterwegs?

Natürlich funktioniert das so nicht. Und in Wirklichkeit wissen wir das alle. Wir wissen auch, dass billige Klamotten und billige Lebensmittel und überhaupt alles, was billig ist, irgendjemanden da draußen eine Menge kostet. Solange wir es aber nicht – im Fernsehen oder in echt – sehen, sind wir beruhigt. Die Amazon-Empörungswelle ist längst abgeebbt, so wie alles schnell wieder abebbt. Verseuchte Landstriche, verhungernde Kinder, gefolterte Frauen, misshandelte Tiere.

Hat auch mal jemand darüber nachgedacht, was es bedeutet, wenn wir nun alle unsere Bücher weiter online bestellen, aber bei einem anderen Buchhändler, der ebenfalls versandkostenfreie Lieferung anbietet? Kann man machen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass Amazon weit über 50% von den Verlagen Rabatt bekommt. Die kleine Buchhandlung ums Eck vielleicht 40%. Manche auch nur 35%. Jetzt rechnen wir mal aus, wie viel das vom Nettoladenverkaufspreis ist, dann rechnen wir Porto und Verpackung gegen, lassen Miete und Personalkosten unter den Tisch fallen, weil das zu kompliziert wäre, und haben ein schlechtes Gewissen. Wie lange hält es an, dieses schlechte Gewissen? Wie lange treibt es uns dann doch wieder zu Fuß in die Buchhandlung? Wie oft lässt es uns darauf bestehen, Porto- und Verpackungskosten zu übernehmen?

Aus diesem Grund gibt es Stimmen, die behaupten, „die Kunden sind selbst schuld“. Von Schuld zu sprechen, ist so eine Sache, man muss Geld erst einmal haben, um es ausgeben zu können. Beschränken wir uns, also kaufen wir weniger, heißt es allerdings, wir kurbeln die Wirtschaft nicht an. Aber wenn wir weniger und dafür bewusster kaufen, sollte es dann nicht irgendwie aufgehen? Nicht wirklich, denn sämtliche Märkte sind auf Massenkonsum ausgelegt.

Es wird damit gerechnet, dass wir unsere Kleidung wegwerfen, wenn sie nicht mehr in Ordnung ist, statt Schneider oder Schuster aufzusuchen. Die Industrien sollen bedient werden, nicht das kleine Handwerk. Es wird auch damit gerechnet, dass wir Essen wegwerfen, tonnenweise. All das ist einkalkuliert und macht die billige Massenware möglich. Ja, das schöne Stichwort „Nachhaltigkeit“, und mal ehrlich, die reflexartige Reaktion vieler darauf ist doch leider: „Das muss man sich erst mal leisten können.“ Was so auch nicht stimmt, aber das ist eine andere Diskussion. Wieder sind wir beim Sparen, beim Billig, beim Ignorieren der Umstände, die „billig“ möglich machen.

Das Internet ist nicht böse

So viel zur Amazon-Empörung. In Wirklichkeit möchte ich aber das Internet erst mal verteidigen. Ich halte es für hervorragend und unverzichtbar, aus vielerlei Gründen. Beispielsweise weil Menschen mit Behinderungen dadurch Möglichkeiten haben, die sie vorher nicht hatten. Wer mal Besucher einer re:publica war, dem wird aufgefallen sein, wie hoch der Anteil dort an Menschen mit Behinderungen ist. Das Internet bietet ihnen Plattformen, die sie im „normalen“ Alltag nicht hätten. Um das Internet nutzen zu können, wird nicht unterschieden zwischen Menschen mit und ohne Behinderung. Wer bloggt, wird nicht nach körperlichen und anderen Beeinträchtigungen vorsortiert. Das Internet ist vielleicht der einzige Lebensraum, in dem die u. a. von der Aktion Mensch geforderte Inklusion umgesetzt ist. Erst umsetzbar wurde.

Einer meiner Nachbarn zum Beispiel, ein sehr intelligenter, gebildeter, witziger Mensch, hatte vor Jahren einen Schlaganfall und kann seitdem nur unter allergrößten Anstrengungen das Haus verlassen. Seine Frau kümmert sich nicht nur um ihn, sondern auch noch um den kleinen Sohn, der ebenfalls gesundheitliche Probleme hat und dadurch besondere Aufmerksamkeit braucht. Sie hat keine Zeit, zum Einkaufen aus dem Haus zu gehen. Sie benötigt auch Dinge, die nicht unbedingt in einem Laden direkt vor der Haustür zu finden sind. Sie kann es sich nicht leisten, jemanden einzustellen, der die Einkäufe für sie übernimmt. Sie bestellt online. Es geht nicht anders.

Meine Eltern googeln alles. Sie erkundigen sich, wo die besten Ärzte sitzen, welche Ferienwohnung sie mieten sollen, was es eigentlich mit diesem Facebook und dem arabischen Frühling auf sich hat und wie sie sich gegen Internetkriminalität schützen können. Sie sind Rentner und nehmen vollumfänglich alle Möglichkeiten wahr, um informiert zu sein und zu bleiben.

Die Großmutter eines Freundes liest gerne. Sie hatte aber damit aufgehört, weil es zu wenige Bücher, für die sie sich interessiert, als Großdruckausgabe gibt. Bei Hörbüchern schläft sie ein. Der Buchhändler vor Ort ist für sie ohnehin sehr schwer zu erreichen. Der eReader war für sie die beste Erfindung seit Jahrzehnten. Ihre Freundinnen haben sich ihr angeschlossen. Sie haben einen E-Book-Lesezirkel gegründet, könnte man sagen.

Nein, das Internet ist nicht böse. Außerdem lässt es sich nicht einfach wieder abschaffen, warum auch. Jetzt kann man wieder darüber diskutieren, wer eigentlich böse ist. Die Politik, die Gesellschaft, vielleicht doch irgendwie das Internet, oder einfach nur die Internetnutzer. Also, nicht alle, aber viele. Oder wer jetzt?

Wichtig, wie bei allem, ist, was jeder einzelne draus macht. Die Eigenverantwortung kommt mir in der Diskussion etwas zu kurz. Ohne das Internet gäbe es Portale wie DaWanda nicht. Selbstgemachtes bekomme ich da, und die Damen und Herren, die ihre handwerklichen Kleinstbetriebe führen, wären ohne Internet nahezu unsichtbar. Siehe dazu die Sendung „Selbstgemachtes“, bevor ich mich hier noch weiter stundenlang auslasse.

Es ist doch alles da. Mich zwingt doch niemand, beim bösen Großhändler zu bestellen. Wir können anders einkaufen, mit und ohne Internet. Ich kann jede Buchhandlung – mit und ohne Internet – ansprechen und dort meine Bücher beziehen. Mit und ohne Haus verlassen. Ich muss mich nur eben entscheiden, wie viel Bequemlichkeit ich will und was sie mir wert ist. Wenn ich für meine Bequemlichkeit aber nicht einmal mehr bezahlen will, dann muss ich mich für Amazon und Zalando und Ikea und Tchibo und Aldi und sie alle entscheiden und bin wieder bei den Umständen, die dazu führen, dass die Preise gedrückt werden. Ich bin selbst dafür verantwortlich.

Amazon ist ein Unternehmen, das auf Wachstum und Gewinn ausgelegt ist. Das liegt in der Natur (okay: Struktur) fast aller Unternehmen. Selbst die Kirchen sind Unternehmen, die auf Gewinn aus sind und vor allem deshalb so effizient arbeiten, weil sie eine Horde an ehrenamtlichen (also unbezahlten) Mitarbeitern haben.

Ich habe deshalb doch nichts gegen Amazon. Ich habe etwas dagegen, wenn Menschen andere Menschen schlecht behandeln. Ich hätte gerne gewusst, was die Verantwortlichen in den großen Verlagen zu ihren Ansprechpartnern bei Amazon gesagt haben.

Ich möchte mir vorstellen, dass sie gesagt haben: Klärt das, wir wollen nicht, dass diese Leute, die für euch und damit irgendwie auch für uns arbeiten, schlecht behandelt werden. Wenn sie das getan haben, haben sie verantwortungsbewusst gehandelt. Ich möchte sagen: Bei all den Vorzugskonditionen, die die Verlage Amazon einräumen, wäre es ihre verdammte Pflicht gewesen, genau so ein Gespräch zu führen.

Dass sie nicht die Bücher zurückgezogen haben, wie von einigen Seiten gefordert (mit Ausnahme des Schroer-Verlags, aber der hatte noch ein paar Gründe mehr, und für ihn ist Amazon auch kein so wichtiger Absatzmarkt wie für die meisten anderen Verlage, hier nachzulesen), ist mir auch klar: Die Verlage haben uns Autoren gegenüber eine Verpflichtung, nämlich unsere Bücher bestmöglich zu verkaufen. Sie bei Amazon anzubieten, gehört dazu.

Ich habe auch deshalb nichts gegen Amazon, weil gewisse große Buchketten ähnlich überzogene Konditionen für sich ausgehandelt haben und sich ähnlich gut für Werbeaktionen bezahlen lassen. Alles Gelder, die ein unabhängiger Buchhändler im Leben nicht zu sehen bekommt. Ich müsste, wenn ich anfange, Amazon zu hassen, gleich noch alle Ketten mithassen. Und dann noch alle Logistikunternehmen. Und alle Subunternehmer dieser Logistikunternehmen. Und das System als System. Und so weiter. Ich denke, irgendwann müssen sich doch mal wichtige Menschen zusammengesetzt und beschlossen haben, dass von nun an gewissen Konditionen gelten. Das finde ich blöd. Jeder verdient mehr am verkauften Buch als die Urheber. Jeder. Das ist auch blöd. Und ein anderes Thema. (All das ändert ohnehin nichts an meinen paar Prozenten, und es ändert nichts an dem Preis, den die Verbraucher zahlen.)

Bevor ich aber wirklich alles blöd finde, nutze ich weiterhin mit Freude das Internet. Und zwar zu meinem Vorteil. Amazon ist eine wunderbare Informationsplattform. Ich muss meiner Lieblingsbuchhändlerin dann einfach nur die Titelliste mailen, die ich dort rauskopiert habe, dann bestellt sie mir alles bis zum nächsten Tag. Meine Lieblingsbuchhändlerin weiß Amazon dafür und für einiges andere zu schätzen. Autorenbacklists, zum Beispiel. Vergriffene Titel. Bücher, die über das Barsortiment gerade nicht zu beziehen sind. Bei Amazon steht alles in der Datenbank. Sie sieht die Konkurrenz des Onlinewarenhauses und die damit verbundene Herausforderung und weiß sie für sich zu nutzen. Sie ist nett zu mir und macht keine blöden Kommentare über die Bücher, die ich bestelle.

Hier sind wir beim vielleicht wichtigsten Punkt, warum der Einzelhandel an den Onlinehandel Kunden verliert. Wichtig in dem Sinne, als dass er etwas darüber aussagt, wie man Kunden zurückgewinnen könnte. Ich nehme mal den Umweg über Kleidung. Kleidung kaufe ich sehr ungern. Am liebsten würde ich nie wieder in meinem Leben ein Bekleidungsgeschäft betreten müssen. Warum? Weil ich die Demütigungen nicht wirklich gut ertrage. Das Licht in den Umkleidekabinen ist wenig schmeichelhaft. Die meisten Schnitte passen mir nicht, weil ich keine Standardfigur habe. Die wenigsten VerkäuferInnen haben Ahnung von dem, was sie da tun, also brauche ich sie erst gar nicht, wenn es um Beratung geht. Sie sagen zu jedem Unsinn „Steht Ihnen gut“. Sie suchen unfassbar geschmacklose Dinge raus, um sie mir in die Kabine zu reichen. Sie demütigen mich allein durch ihre kritischen Blicke, selbst wenn sie „Steht Ihnen gut“ sagen.

Letztens hab ich erst wieder einen Versuch gestartet. Es ging um eine Hose. Die Verkäuferin bestand auf diesen hautengen Röhrenschnitt. Ich bestand auf Schlaghosen, „flared“ heißt das ja heute. Sie verachtete mich für meine modische Unkenntnis, musste dann aber einsehen, dass ich in Röhren richtig scheiße aussehe. Dazu sollte ich aber erst welche anprobieren. Und vier andere Kundinnen plus zwei weitere Verkäuferinnen schauten zu, wie ich mit diesen unmöglichen Hosen aus der Kabine kam. Ich musste mir anhören, ich sei zu klein, ich hätte zu viel hier und zu wenig dort, und ich sei offenbar eher der „Retro-Typ“ und könne tatsächlich „nicht alles tragen, was gerade modern ist“.

Ich will das nicht. Ich will ordentlich beraten werden oder gar nicht. Bevor es so läuft, bestelle ich lieber fünf Hosen im Internet und probiere sie zu Hause vorm Spiegel durch. Da demütigt mich vielleicht mein Spiegelbild, aber außer mir merkt das keiner.

Die USP des Einzelhändlers

Mit Büchern geht es vielen genauso. Man liest immer wieder in den einschlägigen Foren Beschwerden von „schnöseligen Buchhändlern“. Verdammt, warum vergraulen die ihre Kunden? Ich wurde, als ich noch in Hamburg wohnte, ebenfalls fast zur Buchhandlungsvermeiderin. In der einen Buchhandlung in meinem Ortsteil verachtete man Krimis ganz allgemein, Taschenbücher jedoch im Besonderen, und als ich einmal nach einem Titel fragte, der ebenfalls aus meinem damaligen Verlag stammte, murmelte man etwas von qualitativ minderwertig. In der anderen Buchhandlung wurde ich fast bespuckt, als ich Margit Schreiners „Haus, Frauen, Sex“ bestellte. Zitat: „Ist das so ein dreckiges Buch? Na, mich geht’s ja nichts an.“ Genau! Es geht sie nichts an! Sie soll es mir bestellen, und nicht mich aus dem Laden vergraulen, oder sollte ich sagen: ins Internet schicken. Ich kaufe ein Buch, die Buchhändlerin nimmt es mit spitzen Fingern auf und sagt: „Sicher einpacken, das ist doch ein Geschenk oder?“ Wenn ich sage: „Nö, wollt ich selbst lesen“, lässt sie mich dann das nächste Mal noch in den Laden? Ja, aber sie bedient mich nicht, jedenfalls nicht aktiv. Ach, und es gibt noch so viele andere Beispiele.

Es gibt auch entzückende Buchhandlungen, wo das nicht passiert. Zum Glück. Und zu Hauf. Aber die meisten Bücher, die den Umsatz machen, sind nun mal nicht hohe, anspruchsvolle Literatur im festen Einband, sondern Taschenbücher. Einige Kunden wollen die Blicke der Buchhändler nicht, wenn sie bestimmte Titel kaufen, siehe das Beispiel mit der Hose. Einige wohnen auf dem Land, wo es keine Buchhandlung gibt, und sie haben gar kein Bewusstsein dafür, dass fünf Kilometer weiter die freundlichste Buchhandlung ever ist. Aber das sind alles lösbare Probleme, nicht?

Bei Amazon sind die Kunden die Könige. Nicht nur wegen der versandkostenfreien Bestellung. Da werden sie nicht beurteilt oder öffentlich bloßgestellt. Sie bekommen im Gegenteil Empfehlungen zu ähnlichen Titeln. So wie früher im Plattenladen meines Vertrauens. Der Verkäufer wusste, welche Musik ich höre, und hatte immer die interessantesten Neuerscheinungen für mich, wenn ich in den Laden kam. Das kann der Einzelhandel doch noch sehr viel besser als Amazon, oder? Das ist doch die USP des Einzelhändlers. „Guten Tag, Frau Beck, wie hat Ihnen Blabla gefallen? Schlecht? Ach, dann probieren Sie es doch mal mit diesem Buch, das fand ich ja soundso. Und wie geht’s eigentlich den Katzen?“

Das kann das Internet nämlich nicht ganz so gut.

Zoë Beck ist freie Autorin, Redakteurin und Übersetzerin.
Ihr Original-Beitrag ist auf culturmag.de erschienen.

Kommentare

7 Kommentare zu "Zoë Beck: Was Amazon nicht kann"

  1. So schlimm es klingt, ich stimme Ihrem Beitrag zu 🙂 Leider vor allem den Absatz über die vergraulenden Buchhändler. Zu dieser Zunft gehörte ich bis vor 10 Jahren (ohne zu vergraulen) und nun? Es gibt wenige, gute Buchhandlungen meines Vertrauens:
    die, die b e r a t e n
    die, die auch mal nach Hause liefern (Porto zahle ich gern)
    die, die eine gute und größere Auswahl haben oder

    die, die nur bestimmte Genre anbieten und sich inhaltlich treu bleiben und dennoch weiterentwickeln

    Und es ist meistens egal, ob sie Thalia, Hugendubel oder Esch heißen – es kommt auf die BuchhändlerInnen und das Sortiment vor Ort an, ob der Laden „etwas taugt“ oder eben nicht.

  2. Für mich sind Buchhändler nichts mehr als Apotheker: Sie lesen den Beipackzettel, Pardon, Klappentext vor und am Ende empfehlen sie dir doch wieder Aspirin, Pardon, die Spiegel Bestsellerliste. Nein, danke, das brauche ich nicht. In Buchläden (in denen ich früher SEHR viel Geld gelassen habe), treibt mich heute nur noch der Zufall.
    Die letzte Buchempfehlung, die mich positiv überraschte, hatte ich am 23.06.1990 (Datum in Buch eingetragen).
    Heute sitze ich auf der Couch, schmökere auf meinem Kindle/iPad nach neuen Büchern, lasse mich auch mal überraschen, probiere Tipps von anderen, lade Textproben herunter und kaufe per Knopfdruck. Dann ist das Buch entweder sofort da (Download) oder aber übermorgen per Post.
    Nein, meine Lieben, keiner schafft es, mir ein schlechtes Gewissen einzureden. Den erhobenen Zeigefinger der Gutmenschen-Blogger-Journaille sehe ich eher als moralischen Mittelfinger, der sich eben alle 2 Wochen aufrecken und aufregen MUSS.
    Denn für mich ist das Amazon- und Google-Bashing nichts anderes als das althergebrachte USA-Bashing.

  3. In dem Beitrag wird ein bisschen viel zusammengemischt. Vom Elend der Leiharbeit über die Gier der Konsumenten bis hin zur gepriesenen „Anonymität“ im Internet.

    Fakt ist jedenfalls, dass trotz aktuell erfolgter Erhöhung der Büchersendungskosten das Porto für Bücher sehr gering, die EK-VK-Spanne im Vergleich zu ziemlich allen anderen Branchen ausser Mode ziemlich hoch, d.h . hier auch bei kostenlosem Versand ein bisschen was übrigbleibt. Und natürlich muss das bei anderen Artikeln der kostenlose Versand (meist erst ab einer gewissen Schwelle) eingepreist sein.

    Die Unterstellung, dass ja der Konsument letztlich an der schlechten Bezahlung der Amazon Leiharbeiter schuld sei, ist ja wohl ein bisschen frech. Klar bezahlen auch andere Versender keine Spitzengehälter aber im Verleich zu Otto, Zalando & Co. bezahlt Amazon schon recht armselig. Und kümmert sich offensichtlich nicht drum. Nein hier ragt Amazon schon in unschöner Weise heraus (dass sie dafür auch keine Unternehmenssteuer in Dt. zahlen und damit schon mal einen Margenvorteil von ca. 15% im Vergleich zu nationalen Wettbewerbern haben, wurde auch nicht wirklich erwähnt.

    Sehr gefühliger Beitrag – leider weitab der Realität

  4. Exakt! Genau da liegt der Schwachpunkt von Amazon (und allen anderen, automatisierten Empfehlungssystemen). Den echten Menschen können an dieser Stelle auch die ausgefeiltesten Such- und Vergleichsalgorithmen nicht ersetzen. Nur muss es sich dabei um einen echten Menschen handeln, der sich auch tatsächlich in dem jeweiligen Bereich gut auskennt. Und das ist noch nicht einmal die einzige Achillesferse, die der Riese Amazon besitzt. Denn wo können sich wohl Buchkäufer leichter und besser einen Überblick über das gesamte Angebot verschaffen – in Amazons endlosen Listendarstellungen oder in einer gut sortierten Buchhandlung? Was bei Amazon (oder anderen Online-Händlern) nicht auf den ersten 30 Seiten zu finden ist, wird (zufällig) kaum noch gefunden werden. Aber in einer gut sortierten Buchhandlung lassen sich viele interessante Zufallsentdeckungen machen.

  5. Ich wollte neulich zwei Hörbücher bei Hug…. und Pus…. kaufen, deren Bücher in der Spiegel Sachbuch Bestsellerliste sind und jetzt gehe ich einfach nicht mehr hin. Versuchen sie das mal und dann hören sie etwa sowas: „Guten Tag, Frau Beck, tut mir leid aber diese Hörbücher müsste ich ihnen bestellen“. Nein! Die müssen sie auf Lager haben! Also doch lieber Amazon und Co.

  6. Nein, das Internet ist nicht böse. Amazon auch nicht. Aber ich persönlich mag Monopole nicht besonders, weshalb ich Amazon inzwischen sehr kritisch sehe – nicht nur als Arbeitgeber, sondern auch wegen der Behandlung der Verlage und der teilweisen Vorauswahl von Büchern.

    Besonders aber fiel mir der letzte Teil Ihres Artikels auf: Der Kunde ist König bei Amazon und wird nicht wegen der Bestellung oder des Kaufs bestimmter Titel schief angeguckt. Stimmt. ABER: Amazon sammelt sämtliche Informationen über Bestellungen jahrelang – und in den USA bedienen sich schon Behörden dieser Informationen. Ist mir das lieber? Eher nicht.

    • Man sollte aber anmerken, dass Amazon auch deswegen viele überzeugt, da er für Kunden einen Top Service bietet. Da klappt einfach alles, von der Bestellung bis zu einer eventuellen Rückgabe. Klappt etwas nicht, wird nicht diskutiert, sondern umgetauscht oder gut geschrieben. Amazon Kritik hat aktuell halt etwas Mode, ganz einfach auch deswegen wohl, weil Lob ja langweilig wird und irgendwann muss halt gemeckert werden…

      Unstimmiges muss Amazon lösen, ändert aber nichts an dem guten Service für Kunden. Kunden haben Vertrauen in Amazon und deswegen bestellt man da gerne. Mit Prime heute bestellt, morgen da und dies extrem zuverlässig, wie ein Uhrwerk.

      Andere können dies auch alles, sollen sie es tun, und dann verteilt sich der Markt so, dass zwar nicht für alle Platz ist, aber für genug.

      Und Nein, es ist nicht der Kunde schuld, weil er alles so billig will, denn so billig ist das Leben in Deutschland gar nicht, eher teuer in der Summe und die meisten müssen haushalten… Kunde ist Schuld, weil billig will – ist absoluter Quatsch und eine Umkehrung der Realitäten in diesem Land.

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