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Markus Wilhelm: Den Wandel steuern

Nicht nur die Frankfurter Buchmesse hat gezeigt: Das Verlagsgeschäft ist im Umbruch. Nun gilt es, erfahrene Mitarbeiter für die Veränderungen zu gewinnen, Widerstände zu erkennen und darauf einzugehen. Wer die Erfolgsfaktoren beachtet, wird den Wandel meistern können.

Die Digitalisierung schreitet voran. Analog zum sprunghaft steigenden Absatz von Tablets, E-Readern und Smartphones wünschen sich die Leser und Konsumenten immer mehr digitale Umsetzungen von Verlagsprodukten. Eine Entwicklung, die ständig neue Chancen bietet, aber auch Herausforderungen an die Verlage und deren Dienstleister stellt. Wertschöpfungsketten und –tiefen verändern sich, digitale Workflows und Prozesse entstehen und die Komplexität nimmt weiter zu. Das Management der Veränderung bestimmt auch die Themen der Frankfurter Buchmesse, unter anderem mit verschiedenen Panels auf dem Forum Verlagsherstellung in Halle 4.0.

Einer der wesentlichen und zugleich kritischen Erfolgsfaktoren in Veränderungsprozessen ist der Mensch. Gerade in unserer Branche hat die „People Dimension“ enorme Bedeutung – hier „menschelt“ es in hohem Maße. Viele Mitarbeiter haben Angst vor Veränderungen, reagieren aber unterschiedlich. Der Kern des Change Managements besteht darin, dass eine qualifizierte Führungsperson das Verhalten der Mitarbeiter während des Veränderungsprozesses wahrnimmt und sie entsprechend lenkt. Unterschiedliche Menschentypen von Visionären über aktive Gläubige, Opportunisten, Abwartende und Gleichgültige bis hin zu Untergrundkämpfern und offenen Gegnern erfordern einen differenzierten Integrationsaufwand.

Wer auf die unterschiedlichen Grundwesensarten seiner Mitarbeiter achtet und sie einbezieht, wird sich als echter Change Manager bewähren. Beispielsweise kann ein offener Gegner mit persönlichen Gesprächen und einer offenen Diskussion eingebunden werden und einen wertvollen Beitrag in den Veränderungsvorhaben leisten. Um den Wandel erfolgreich umzusetzen, gibt es viele Faktoren, die beachtet werden sollten. Auf die drei wesentlichen möchte ich hier kurz eingehen.

  • Eine realisierbare Vision: Die Vision sollte – basierend auf einer Analyse – ein realistisches, herausforderndes und motivierendes Zukunftsbild zeichnen und natürlich unternehmensspezifisch gestaltet sein. Sie sollte verbindlich und unter Einbeziehung vieler Gruppen, Mitarbeiter oder Abteilungen formuliert werden.
  • Die persönliche Kommunikation: Eine klare Kommunikation ist entscheidend, um Widerstände zu vermeiden und überwinden zu können. Der rationale Widerstand, erkennbar an logischen Einwänden gegen den Wandel, ist durch Kommunikation und Erläuterung der Gründe leicht zu handhaben. Der politische Widerstand dagegen entsteht durch die Angst der Mitarbeiter, aufgrund von Veränderungen an Macht und Einfluss zu verlieren. Hier ist Vorsicht geboten, denn diese Form des Widerstands wird meist nicht offen vorgebracht. Hinzu kommt, dass der Machterhaltungswille oft zu irrationalen Entscheidungen führt, die dem Unternehmen schaden können. Der emotionale Widerstand schließlich entsteht durch Ängste und Befürchtungen vor dem Wandel. Er ist mit logischen Argumenten nicht zu entkräften, denn beim Mitarbeiter herrscht die Sorge vor, mit den Veränderungen nicht zurecht zu kommen. Hilfreich aber wirkt hier Kommunikation, die Transparenz und Orientierung schafft. Wichtig ist es, offen, ehrlich und verständlich zu kommunizieren. Die Führungsperson ist im Wandel – und nicht nur dann – gehalten, für eine zeitnahe, persönliche und motivierende Kommunikation zu sorgen, so etwa in Einzel- oder Gruppengesprächen, Meetings oder Coachings. Mit dem Aushang am Schwarzen Brett oder einem Newsletter ist es nicht getan. Vielmehr kommt es auf integrierende und zielgruppenorientierte Kommunikationsmaßnahmen an, die auch an die jeweiligen Projektphasen angepasst sind – der Projektstart beispielweise erfordert andere Maßnahmen als das Projektende.
  • Die Qualifikation der Mitarbeiter und die Personalentwicklung: Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zum Wandel und – falls gewünscht – auch zur Veränderung der Unternehmenskultur. Die Qualifikation der Mitarbeiter muss frühzeitig und proaktiv in Angriff genommen werden. Die Mitarbeiter sollten gezielt – durch Schulungen, Trainings und Workshops – auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet werden. Je individueller die Qualifikationsmaßnahmen auf die Beteiligten zugeschnitten sind, umso wirksamer sind sie. Prüfen Sie dazu auch, ob Wissen oder Können vermittelt werden soll oder ob Sie eine Änderung im Verhalten oder in der Einstellung bewirken wollen. Die Maßnahmen müssen motivierend und nachhaltig sein, so dass Erlerntes im Alltag auch Anwendung findet. Neben der Auswahl der Methoden ist auch eine Erfolgskontrolle der Qualifikation wichtig. Denken Sie bei Qualifikation nicht nur an trockene Weiterbildung, sondern beispielsweise auch an Teamevents oder Workshops, die ebenfalls dazu beitragen, dass sich Mitarbeiter, Teams und damit letztlich auch das Verhalten und die Einstellung, die Werte und Normen des Unternehmens entwickeln können. Und vergessen Sie nicht, Erfolge zu feiern.

Wem es gelingt, auf die Ängste und Nöte der Mitarbeiter individuell einzugehen, Widerstände zu erkennen, sie zu überzeugen, in sie zu investieren, sie weiterzuentwickeln und auf diesem Weg Halt und Orientierung zu vermitteln, der wird erfolgreich aus Veränderungsprozessen hervorgehen. So lässt sich die Kultur einer lernenden Organisation aufbauen, mit der der Verlag auch auf veränderte Kundenbedürfnisse und Marktverhältnisse flexibel reagieren und Zukunftschancen nutzen kann.

Markus Wilhelm ist als Geschäftsleiter und Prokurist der kaltner verlagsmedien GmbH tätig. Zuvor war er Leiter der Abteilung Herstellung, Einkauf und Technische Produktentwicklung im Ravensburger Buchverlag.

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