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Update: Zensurvorwürfe gegen Roald Dahls britischen Verlag

Welche Folgen das so genannte „Sensitivity Reading“ haben kann, veranschaulicht jetzt ein aktueller Fall: Puffin Books hat vermeintlich anstößige Formulierungen aus Roald Dahls Kinderbuchklassikern entfernt. Daraufhin werfen Kritiker dem britischen Verlag Zensur vor, berichtet der „Daily Telegraph“. Der Verlag hat nun aber reagiert (siehe unten).

Demnach zeigt eine Durchsicht der neuen Ausgaben von Dahls Büchern, die jetzt im Buchhandel erhältlich sind, dass einige Passagen, die sich auf Gewicht, psychische Gesundheit, Geschlecht und „Race“ beziehen, umformuliert wurden.

Über hundert Änderungen listet die Zeitung auf, darunter folgende Beispiele: Augustus Glupsch, Charlies gefräßiger Gegenspieler in „Charlie und die Schokoladenfabrik“, das ursprünglich 1964 veröffentlicht wurde, ist nicht mehr „enorm fett“, sondern nur noch „enorm“. In der neuen Ausgabe von „Hexen“ könnte eine Zauberin, die sich als normale Frau ausgibt, als „Top-Wissenschaftlerin oder Geschäftsführerin“ arbeiten, anstatt „in einem Supermarkt zu kassieren oder Briefe für einen Geschäftsmann zu schreiben“. In „Der fantastische Mr. Fox“ aus den Siebzigerjahren wurde das Wort „schwarz“ aus der Beschreibung der schrecklichen Traktoren entfernt. Die Maschinen sind nun einfach „mörderische, brutal aussehende Ungeheuer“. Offenbar soll die Farbe „schwarz“ nicht mit Bösem assoziiert werden. An anderer Stelle wird eine Figur nicht mehr „weiß im Gesicht“, sondern „recht blass“.

Die Sprache hat der zu Penguin Random House gehörende Verlag in Zusammenarbeit mit Inclusive Minds überprüft, einer Organisation, die sich dafür einsetzt, Kinderliteratur inklusiver und zugänglicher zu machen. Alle Änderungen seien „klein und sorgfältig überlegt“, so das Unternehmen.

PEN America, eine Vereinigung von rund 7500 Schriftstellern, die sich für die Meinungsfreiheit einsetzt, zeigte sich „alarmiert“ über die Berichte über die Änderungen an Dahls Büchern: „Wenn wir anfangen, vermeintliche Kränkungen zu korrigieren, anstatt den Lesern zu erlauben, Bücher so zu rezipieren und darauf zu reagieren, wie sie geschrieben wurden, riskieren wir, die Arbeit großer Autoren zu verzerren und die bedeutende Linse, die die Literatur auf die Gesellschaft wirft, zu trüben“, twitterte Suzanne Nossel, Geschäftsführerin von PEN America.

Kritik kommt auch von Schriftsteller Salman Rushdie: „Roald Dahl war kein Engel, aber das ist absurde Zensur“, schrieb Rushdie auf Twitter. „Puffin Books und die Dahl-Erben sollten sich schämen.“

Verlag reagiert

Zwischenzeitlich hat der Verlag auf die Kritik reagiert und angekündigt, parallel zu der überarbeiteten Ausgabe eine „originale“ Ausgabe vorzuhalten, die dann wahlweise bestellt werden kann. Damit sollen Kunden künftig die Möglichkeit haben, sich zwischen diesen Versionen zu entscheiden. 

Die deutschsprachigen Ausgaben, die bei Penguin Junior erscheinen, sind von dem aktuellen Fall nicht betroffen. Hier erschien bereits im Herbst 2022 eine überarbeitete Neuübersetzung, die allerdings keine sprachlichen Eingriffe enthielt. 

 

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