07.04.2009, Kindlers Köpfe: Jacques Brel
Glaube an die Kraft der Liebe
… In die satirische Entlarvung des Rückfalls in bourgeoise Mittelmäßigkeit bezieht Brel stets sich selbst mit ein und verzweifelt in »Vivre debout« (»Aufrecht leben«) an der Möglichkeit einer aufrechten Haltung des Menschen: »Da knien wir nieder / Wo unsre Hoffnung nur noch / Auf ein Gebet hinausläuft / Wo es zu spät ist / Und nichts mehr zu gewinnen ist / Bei all jenen Treffen / Die wir versäumt haben. / Wär’s unmöglich denn, aufrecht zu leben«. …
… Brels belgische Heimat ist Thema einiger seiner bekanntesten Chansons. So verbindet das wohl poetischste Lied des Chansonniers, »Le plat pays« (»Das flache Land«), die Schilderung der flämischen Landschaft unter dem wechselnden Einfluss der vier Jahreszeiten mit der schwankenden Stimmungslage des Poeten, die von extremer Depression »Mit Kathedralen als einzigen Bergen / Und schwarzen Glockentürmen gleich Kletterbäumen / Von denen steinerne Teufel die Wolken abhängen« bis hin zu euphorischem Glücksgefühl reicht, vermittelt durch die vom Süden kommende Wärme: »Wenn der Wind dabei ist, zu lachen, wenn der Wind im Kornfeld ist / wenn der Wind im Süden ist, höret es singen / Das flache Land, das meines ist«. …
… Die ›condition humaine‹ schlechthin zeichnet Brel in seinem wohl berühmtesten Chanson »Amsterdam«, dessen expressionistische Schilderung trinkender Seeleute in einem grandiosen Finale explodiert, das die Realität mit den Träumen und Sehnsüchten dieser ›einfachen‹ Männer mischt: »Und sie drehen sich und tanzen / wie ausgespuckte Sonnen / Zum zerrissenen Klang / eines ranzigen Akkordeons […] / Und wenn sie genug getrunken haben / stecken sie ihre Nasen in den Himmel / schneuzen sich in die Sterne / Und pissen, so wie ich weine / Auf die untreuen Frauen«. …
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