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Wir haben aus einer katholischen Klitsche ein Milliardenunternehmen gemacht

Im Vorfeld der geplanten Veräußerung von Weltbild erhöht der Betriebsrat den Druck auf die Kirche. Im Interview mit buchreport.de appelliert der Chef der Arbeitnehmervertretung Peter Fitz an die Bischöfe, sich beim Verkauf nicht „hemmungslos zu bereichern“, sondern primär die Belange der Mitarbeiter zu berücksichtigen.

Mitte Dezember will der Betriebsrat eine Betriebsversammlung einberufen und hat dazu auch Bischöfe eingeladen.

Für Unternehmensleitung und Betriebsrat ist eine Zerschlagung des Konzerns offenbar ein No-Go. Wie aussichtsreich ist dieser Abwehrkampf?
Wenn es nach Verdi und dem Betriebsrat geht, darf Weltbild keinesfalls zerschlagen werden. Nur als Multi-Channel-Unternehmen mit Internet, Katalogen und Filialen und einer eigenen, hochspezifischen Logistik kann Weltbild seine führende Stellung am Buchmarkt behaupten. Jede Abspaltung würde den Konzern empfindlich schwächen und am Ende Arbeitsplätze kosten. Das ist im übrigen auch die Meinung der Geschäftsführung.

Werden am Ende nicht doch Finanzinvestoren zuschlagen?
Die Belegschaft steht geschlossen hinter dem Betriebsrat und Verdi. Wir werden keine Heuschrecken akzeptieren, sondern fordern einen Zukunftstarifvertrag, der sowohl betriebsbedingte Kündigungen als auch eine Zerschlagung im Zuge des Verkaufs ausschließt. Dazu haben wir eine breit angelegte öffentliche Kampagne gestartet, die schon nach wenigen Tagen erste Wirkung gezeigt hat. Wir haben viele weitere Aktionen in Planung, die dafür sorgen werden, dass unser Anliegen nicht untergeht. Es geht um einen Tarifvertrag, d. h. auch Arbeitskampfmaßnahmen sind in diesem Zusammenhang möglich, und wir werden alle Mittel nutzen, damit die Bischöfe unser Anliegen ernst nehmen.

Die Kirche hat versprochen, die sozialen Belange der Mitarbeiter beim Verkauf zu berücksichtigen. Wie vertrauenswürdig ist diese Aussage?
Wir leben nicht im Himmel, sondern auf der Erde. Hier werden Verträge gemacht. Darauf pochen wir! Die Bischöfe haben jahrzehntelang enorm von Weltbild profitiert. Die Verlagsgruppe hat die katholische Weltanschauung 40 Jahre lang mit Zeitschriften und Büchern millionenfach verbreitet. Die Ideen und der persönliche Einsatz der MitarbeiterInnen haben aus einer katholischen Klitsche ein Milliardenunternehmen gemacht. Deshalb haben die Bischöfe über die christliche Nächstenliebe hinaus eine hohe Verantwortung für diese 6500 Menschen und ihre Familien. Die Kirche darf sich beim Verkauf nicht hemmungslos bereichern, sondern muss in erster Linie Sorge für die Menschen tragen, die bei Weltbild arbeiten. Das tut sie am besten mit dem von uns geforderten Zukunftstarifvertrag.

Was würde sich in der Branche ändern durch den Verkauf?
Das ist schwer zu sagen. Viele Verlagspartner scheinen verunsichert zu sein und fragen bei langfristigen Projekten nach, ob unsere Planungen denn Bestand haben werden. Dazu gibt es eine eindeutige Aussage der Geschäftsführung, das Geschäft laufe genauso weiter wie bisher. Das halte ich auch für realistisch, weil unumgänglich. Falls Weltbild in der jetzigen Form unterginge, würde sich in der Branche natürlich etwas ändern. Wir sind letztlich der einzige nennenswerte Partner für Sonderausgaben für die Verlage. Wenn wir wegfallen, gäbe das erstmal ein ganz schönes Loch in der Verwertungskette der Verlage.

Die Fragen stellte Daniel Lenz

Weitere Artikel zum Thema finden Sie in unserem Weltbild-Dossier

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