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Wenn Verlagsvorschauen digital werden

Gedruckt oder digital – das ist bei Verlagsvorschauen nur vordergründig eine Frage von Haptik und Optik. Anders als bei der Alternative Papier oder E-Book beim Konsum belletristischen Lesefutters spielen beim zentralen Arbeitsmittel Vorschau vielfältige Funktionen eine Rolle – über die bloße Informationsaufnahme und Lesevorlieben hinaus.

Beim Ausprobieren der neuen digitalen Vorschau-Systeme wächst derzeit in der Branche die Ahnung, dass sich die Arbeit mit den Programmen und Titelangeboten grundlegend ändert:

  • Anders als mit einer zweimal im Jahr fixierten und mit Aplomb aufgetischten Menükarte wird die Branche potenziell agiler.
  • Der längst bestehende informelle, von E-Mailings getriebene Zusatzinformationsfluss über aktuelle Entwicklungen, Schnellschüsse und Aktionen wird integriert.
  • Die „Vorschau“ ist nicht mehr nur ein Blick aufs Programm, sondern wird zum Live-Angebot und interaktiven Arbeitsmittel.

Drei Anbieter präsentieren derzeit ihre Vorschau-Systeme, mit denen Verlage und Buchhändler – parallel zu den auch in diesem Sommer wieder versendeten gedruckten Katalogen – im Echt- oder Testbetrieb Erfahrungen sammeln können.

  • Edelweiss+
    Anbieter/Partner: Above the Treeline, Zero+, Harenberg Kommunikation
  • Novi24
    Anbieter: SoftPoint
  • VLB-Tix
    Anbieter/Partner: MVB, Newbooks

Edelweiss+ und Novi24 sind bereits seit längerem im Echtbetrieb, VLB-Tix soll im Oktober starten.

Täglich aktualisiert und zugeschnittene Information

Wichtige Funktionen der Digitalvorschau sind aus Verlagssicht:

  • Die Programme und Titelinformationen lassen sich täglich aktualisieren, ob durch Schnellschüsse, Marketinginformationen oder Medienreflexe.
  • Es lassen sich weiterführende, auch multimediale Informationen und digitale Leseexemplare einbinden.
  • Statt einer Vorschau lassen sich Teilkataloge aus aktuellen Anlässen oder auch individuelle Vorschauen für einzelne Vertriebswege oder Kunden erstellen.

Kleines aktuelles Beispiel: Als der Navid Kermani als kommender Friedenspreisträger bekannt angekündigt wurde, hat beispielsweise Hanser bei Edelweiss die Option genutzt und einen schnellen digitalen Minikatalog mit seinen lieferbaren Kermani-Titeln zusammengestellt.

Neue Abläufe in den Verlagen

In den Verlagen, die in diesem Sommer wie gehabt ihr Vorschaukonvolut eingetütet und verschickt haben und sich parallel mit den neuen Digitaloptionen beschäftigen, wird jetzt zunehmend deutlich, dass hier nicht nur – perspektivisch – Druck- und Versandkosten gespart werden:

  • Eine lebende Programminformation erfordert eine andere „Fütterung“ und Pflege der Titelinformationen.
  • Das Zusammenspiel von Produktmanagement, Marketing und Vertrieb verändert sich und erfordert neue Workflows.
  • Der Informationsfluss und die Kommunikation mit den Handelspartnern organisiert sich neu.

Maßgeschneiderte Angebote

Dies gilt nicht nur für klassische Publikumsverlage, bei denen ein Teil des Programms terminlich ohnehin volatil ist und mit klassischen Medien- und Social Media-Reflexen interagiert. Auch für ein vergleichsweise statisches Verlagsgenre wie Kalender, das mit langem Vorlauf und nur einer Hauptsaison im Jahr arbeitet, entfaltet die Digitalvorschau zahlreiche neue Perspektiven.

Beim Kalenderverlagsriesen KV&H, der im vergangenen Frühjahr wieder ein 4-Kilo-Vorschaupaket auf den Weg gebracht hat, spricht der für Vertrieb und Marketing zuständige Geschäftsleiter Tino Uhlemann (Foto) von einer sich stark verändernden Zusammenarbeit zwischen Verlagen und Handelspartnern. Die werde sich in individualisierten und zielgruppenorientierten Programmansichten zeigen:

  • Es werden spezifische Vorschauen für Gruppen von Handelskunden aufbereitet, etwa für große und kleine Buchhandlungen und für einzelne (Neben-)Marktausrichtungen wie PBS-Läden, Lebensmittelhändler, Gartencenter und Baumärkte.
  • Es lassen sich vor allem für größere Kunden individuelle Vorschauen erstellen, in die auch Kennzahlen der Vorsaison in Form von Absatzzahlen und Remissionsquoten der vorangegangenen Kalender-Editionen eingespielt werden.
  • Gesamt-Verkaufsrankings können den Handelskunden als Benchmarks etwaige Reserven aufzeigen, bei welchen Themen oder Formaten sie bisher die Potenziale nicht abgeschöpft haben.
  • Je nach Standort und Sortimentstyp können Trends und regionale Themen akzentuiert werden, was im klassischen Vorschaupaket bisher nicht möglich war.
  • Schnellschüsse, wie sie auch im Kalenderbereich immer wieder vorkommen (etwa zu Entertainmentthemen wie z.B. Filmen), können schneller und unaufwendiger kommuniziert werden.

Gerade bei den Entertainment-Themen, die, so Uhlemann, „Buchhändler ganz gern mal auslassen, weil sie ihnen nicht fein genug sind“, könnten die eingearbeitete Verkaufsrankings darauf aufmerksam machen, wo Händler womöglich Umsatz liegenlassen. Dies wird via Digitalvorschau kurzfristig auch in der bereits laufenden Kalendersaison sichtbar.

Die Handelskunden sortieren ihre Vorschau 

Es gibt also viel mehr qualifizierten Input aus dem Verlag, ist aber keine Einbahnstraßen-Kommunikation vom Verlag Richtung Handel. KV&H-Manager Uhlemann akzentuiert auch, dass es bei der digital möglichen kundenorientierten Maßschneiderei nicht nur darum gehe, was der Verlag aus seinem Vertriebswissen den Kunden künftig individualisierter zusammenstellt: „Unser Programm wird auch eine ganz andere Clusterung erfahren, weil sich der Kunde selbst die Vorschau so sortiert, wie er sie benötigt.“ Ob er dies nun inhaltlich nach Themen vornehme oder mit Blick auf seine Präsentationsmöglichkeiten, weil er beispielsweise nach Büro-, Tisch- und Wandkalendern trenne.

KV&H, der exklusiv auf das Edelweiss-System setzt, erwartet, dass sich die weiteren Gestaltungsoptionen in der Zusammenarbeit mit den Kunden in der Praxis herausbilden werden. Die Key-Account-Kunden, also u.a. die großen Buchketten sähen das Potenzial bereits deutlicher, so Uhlemanns Eindruck aus den Vorgesprächen.

Die Key-Account-Manager von KV&H bereiten die individuellen Vorschauen vor dem Besuch angereichert um Analysen der zurückliegenden Saison auf. Die erforderlichen Daten lägen durchaus vor, man müsse sie nur einarbeiten: „Das ist nicht ohne, man muss auch dafür Kapazitäten schaffen. Andererseits glaube ich, dass allein die Qualität der Zusammenarbeit und die Potenziale, die man dadurch heben kann, den Aufwand rechtfertigen.“

Der Text ist ein leicht modifizierter Auszug aus dem buchreport.magazin September, hier zu bestellen.

Offenlegung: Edelweiss+ wird vertrieben durch die Harenberg Kommunikation, die auch Verlag des buchreport ist.

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