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Wenn Siri & Co. bestimmen, was Menschen lesen und hören

Foto: Unsplash.

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Noch keine digitale Plattform haben die Verbraucher so begeistert angenommen wie die digitalen Sprachassistenten. Jeder achte Deutsche verfügt über einen stationären digitalen Sprachassistenten – gerade einmal 20 Monate nach dem Deutschland-Start von Amazon Echo. Und ein Vielfaches dieser Anzahl von Systemen steckt in den Hand- und Jackentaschen der deutschen Anwender: Kein aktuelles Smartphone kommt ohne diese Technologie. Publisher müssen sich spätestens jetzt darauf einstellen.

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„Digitale Sprachassistenten werden zur Normalität“, stellt Jürgen Seitz, Professor für Marketing, Medien und Digitale Wirtschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart, fest. Und die Zahlen, die der Bitkom im Sommer 2018 für die Strategieberatung Deloitte erhob, geben ihm recht. Intelligente Lautsprecher mit digitalem Sprachassistenten wie Amazon Echo, Google Home oder HomePod erobern die Wohnzimmer. 8,7 Mio Menschen in Deutschland zählten sich zum Befragungszeitpunkt zu den Besitzern eines Smart Speakers. Auch das Wissen um die Möglichkeiten der Sprachsteuerung hat sich rasant verbreitet:

  • Vier von fünf Bundesbürgern (84%) haben schon von digitalen Sprachassistenten gehört.
  • 2017 waren es erst zwei Drittel (69%).
  • 2016 waren es gerade einmal 5%.

Mehr als jeder Vierte (27%) kann sich vorstellen, zukünftig per Sprache Geräte zu steuern, und 4% wollen sich in den nächsten zwölf Monaten einen Sprachassistenten anschaffen. Dies und mehr zeigt die Trendstudie „Consumer Technology 2018“, die der Digitalverband Bitkom und das Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte durchführten.

„Wir erleben gerade den rasanten Aufstieg intelligenter Sprachassistenten”, sagt Christopher Meinecke, Leiter Digitale Transformation im Bitkom. „In den nächsten Jahren werden wir immer mehr Geräte wie selbstverständlich mit unserer Stimme steuern. Hier entsteht gerade ein neuer Milliardenmarkt.“

Sprachassistenten feiern Durchbruch im Smart Home

Vor allem die Möglichkeit, diese digitalen Sprachassistenten mit Smart-Home-Geräten zu verbinden, ist sehr beliebt. So geben sieben von zehn Nutzern (70%) an, mit ihrem Smart Speaker andere Geräte im Haushalt zu steuern. Ein Drittel (37%) derjenigen, die Smart-Home-Anwendungen besitzen, steuert sie per Stimme. Der intelligente Lautsprecher liegt damit als Eingabe-Werkzeug direkt hinter Smartphone (76%) und Tablet (44%). „Sprachassistenten werden in immer mehr Geräte integriert. Entscheidend für den Erfolg wird ein großes Angebot an Anwendungen sowie die Vernetzung mit anderen smarten Geräten sein“, so Meinecke.

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Schon jetzt nutzen Verbraucher ihre Sprachassistenten vielseitig:

  • Zwei Drittel (69%) spielen per Sprachbefehl Musik ab und hören Radio.
  • Für Viele steht der Informationsgewinn im Vordergrund: Jeder dritte Nutzer erfragt die Abfahrtszeiten von öffentlichen Verkehrsmitteln (34%) oder lässt sich Verkehrsnachrichten (32%) durchgeben.
  • Jeder Vierte (27%) lässt sich über aktuelle Sportergebnisse informieren.
  • Jeder Fünfte bestellt ein Taxi (22%) oder stellt ganz allgemein Suchanfragen (21%).
  • Auch für die Organisation von Terminen werden die Geräte eingesetzt: Jeder Vierte (24%) hat bereits per Spracheingabe seinen Kalender aktualisiert.
  • 15% der Befragten lassen sich von der künstlichen Intelligenz Mails vorlesen.
  • Erst wenige Nutzer (8%) diktieren ihre Nachrichten ein.

Meinecke: „Noch spielen Sprachassistenten vor allem Musik ab und geben das Wetter durch, künftig bilden sie die Grundlage eines selbstbestimmten Lebens im Alter. Zum Beispiel wenn ältere Menschen die Geräte nutzen, um mit ihrer Stimme Haushaltsgeräte zu steuern oder sich die Nachrichten ihrer Enkel vorlesen zu lassen.“

Die Karten werden neu gemischt

Kein Zweifel: Siri & Co. wirbeln die Märkte durcheinander. Durch ihren Siegeszug werden die Karten besonders in den Bereichen

  • Websuche
  • E-Commerce

neu gemischt. Besonders die Buchverlage müssen noch nach ihrer Position in diesen Märkten suchen.

Websuche

Comscore schätzt, dass 2020 weltweit jede zweite Anfrage an Websuchmaschinen sprachbasiert sein wird. Sprachsuche oder Voice-Based Search engt die Websuche erheblich weiter ein als bisher: Anstatt der tradierten klar strukturierten Liste von mindestens zehn und maximal 100 Treffern erhalten Anwender nur noch einen Treffer, den sie nicht weiter qualifizieren können, etwa durch eine Suche im Suchergebnis. Und die Folgen? Nach heutigem Wissen arbeiten Suchanbieter laufend und bis auf weiteres intensiv an den Relevanzkriterien, nach denen sie die einzelnen Webquellen bewerten.

„Der Algorithmus hinter einer Suchmaschine“, erwartet Digitalmarketing-Spezialistin Laura Matthiesen, „wird in Zukunft verstärkt Fragen als Ganzes erfassen und beantworten. Deshalb ist davon auszugehen, dass Keywords an Bedeutung verlieren.“ Komplette Satzstrukturen, die relevante Antworten auf Fragen bieten, gewinnen dagegen an Bedeutsamkeit. „Inhalte sollten nah am gesprochenen Wort der jeweiligen Zielgruppen orientiert sein. Füllwörter und Präpositionen sowie W-Fragen spielen dabei plötzlich eine wichtige Rolle.“

Verlage könnten im Zeitalter der Sprachsuchanfragen an Traffic gewinnen, indem sie kurze und prägnante Antworten auf aktuelle Fragestellungen anbieten.

Matthiesen empfiehlt darüber hinaus Verlagen, eigene Dienste zu entwickeln. Sie könnten bestimmte Funktionen bei konkretem Bedarf von den Systembetreibern aktiv einfordern und mit den Tech-Riesen zielgerichtet in Projekten zusammenarbeiten. Dies gilt neben den Presseverlagen speziell für Special-Interest- und Fachinformationsverlage mit klar umrissenen Wertversprechen und Zielgruppen.

E-Commerce

Auch hier gilt die Prämisse, dass das Suchergebnis sich logarithmisch verschmälert. Dies bedeutet, dass an E-Commerce-Primus Amazon weniger denn je vorbeizukommen ist. Eine reichhaltige, aussagefähige, aktuelle und inhaltlich korrekte Datenversorgung für Amazon (und, da man damit die Daten ohnehin bereits aufbereitet hat, für alle weiteren Handelspartner) ist nun für den Titelerfolg absolut unerlässlich.

Aber auch der eigene Shop, die eigene Website profitiert von einer verbesserten Datenversorgung. Dies galt bereits in der Desktop-Welt, dies gilt umso mehr in der Mobile-Welt, die ja bereits gegenüber der Desktop-Welt ein schmaleres Fenster des Angebots zeigt. Umso mehr wird es in der Welt der Voice-Based Search gelten.

Gute Daten und eine neue Technologie allein machen heute noch kein Geschäftsmodell aus, stellt Armin Th. Wirth, Geschäftsführer der auf Verlage konzentrierten Webagentur Wirth & Horn, fest. „Der Markt der Voice-Based Search entwickelt sich rapide. Auch wenn wir heute für die meisten Buchverlage noch keine skalierbaren Geschäftsmodelle sehen, empfehlen wir dringend, den Markt zu beobachten. Das schulden Verlage schon allein der Größe des Themas.“

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