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Bernd Sommerfeld: Warum man E-Books beim Buchhändler bestellen sollte…

Bernd Sommerfeld: Warum man E-Books beim Buchhändler bestellen sollte…

Warum reden alle jetzt von E-Books? Vergleichen wir das Buch mit einer Uhr, finden wir dabei so manche Parallele.  Mit Vorliebe tragen wir schöne analoge Uhren am Arm, die nicht nur der Zeitansage dienen, sondern auch zum persönlichen Lifestyle passen und unser Image fördern sollen. Im Alltag aber nutzen wir meist digitale Uhren, ohne dass wir sie groß beachten. Mit den Büchern ist wohl das nicht viel anders.

Wunderbare Bücher, Zeichen unserer Gesinnung und unseres Lifestyles, stehen im Regal und beeindrucken. Doch längst nutzen wir, ob im Beruf oder privat, digitale Texte. Digitale Texte sind längst unentbehrlich.

Bei der Einführung der digitalen Armbanduhr gab es den gleichen Hype, wie wir ihn jetzt bei den E-Books erfahren. Erst will man mit der Zeit gehen und hängt sich eine Digitaluhr an den Arm, dann bemerkt man die Vorliebe für das Besondere, das Analoge. Und wer trägt heute noch digitale Uhren?

Dieser Vergleich führt uns aber vielleicht in die Irre. Spätestens als ich in einer Jury innovative E-Book-Projekte beurteilen durfte, weiss ich: digitale Bücher können mehr. Viel mehr. Es wird beispielsweise sehr bald digitale Schulbücher geben, die mediale Erlebnisse vermitteln, steuerbar für den Nutzer nicht nur beim auswählbaren Schwierigkeitsgrad durch den Lernenden. Solche Projekte kann man nur mit geeigneten Partner in Kooperation starten..

Die ungelöste Buchhändler Frage aber ist nach wie vor, wie werden wir diese digitale Waren verkaufen können… Bisher werden E-Books fast ausschließlich über wenige Downloadplattformen im Internet vertrieben und spielen im stationären Handel kaum eine Rolle. Deren Nutzung ist, im Gegensatz zum normalen Buch, nur mit technischen Hilfsmitteln (eReader, Computer, iPad) möglich. Mit nur mäßigem Erfolg werden E-Book-Reader in der Buchhandlung angeboten. Hätte man den iPads im Angebot, wäre das schon ein viel lohnenderes Geschäft. Und die digitalen Bücher selbst? Hat der Buchhandel gegen die herrschenden digitalen Supermächte; Amazone, Apple und Google noch eine Chance? Da der E-Book-Käufer zur Zeit noch in starkem Maße Gerätegetrieben ist, wird der doch zuerst auch bei diesen Hersteller einkaufen…

Chancen für den Buchhändler: Nicht das Buch bleibt das Kerngeschäft der Buchhandlung, sondern die Problemlösung für den Kunden. Unsere Branche wird sich auf sie besinnen und Mehrwert über die Produkte hinaus schaffen – etwa durch die Inszenierung von Erlebniswelten, die Zusammenstellung bedürfnisgerechter Sortimente, überzeugende Bundlings, oder außergewöhnliche Beratungskompetenz. Keiner hat Lust und Zeit, auf der Suche nach interessanten E-Books, sämtliche Verlags-Seiten durchsuchen zu müssen und dabei auch noch die unterschiedlichen Preise zu vergleichen. Das große Angebot an Büchern wird immer eine sinnvolle Vorauswahl benötigen. Kunden wollen bei der riesigen Auswahl kein Risiko eingehen. Sie befürchten, falsche Entscheidungen zu treffen. Das Suchen bei Amazon & Co ist oft zeitraubend und frustrierend, der Kunde braucht einen Scout für nachhaltig richtige Entscheidungen.

Ein hochspezialisiertes Team hat die Aufgabe E-Books zu bewerten, zu bündeln und verlagsübergreifend in einer Suchmaske oder App bereit zu stellen. Dazu gibt es dann die Möglichkeit des Taggens, d.h. des Vergebens von Schlagworten – egal ob nutzergetrieben oder von Fachleuten wie uns Buchhändlern. Je überzeugender das Problem des Käufers gelöst werden kann, umso höher ist der empfundene Wert unserer Beratung. Das ist – auch beim Suchen nach guten E-Books – eine sehr hilfreiche Leistung. Die Fachbuchhandlung Lehmanns bietet in Zusammenarbeit mit Fachzeitschriften, seit Jahren mit ihren VIP-Tipps Experten-Empfehlungen für Programmierer an. Eine umfassende Datenbank für E-Books ist im Entstehen und wird mit dem Shop-Relaunch noch im September auf www.Lehmanns.de vorgestellt. Lehmanns ist mit E-Books bereits seit 5 Jahren eine erfolgreiche Größe im B2B Geschäft. Bibliotheken, Institutionen und Firmen haben hier einen Kontakt und sehr kompetenten Ansprechpartner für die vielen sonst weit verteilten Informationen. Sie schätzen den bequemen, umfassenden Service und das Angebot von 250.000 wissenschaftlichen Titeln von über 500 Verlagen – und dieser Bereich wird mit neuen Anwendungen und Services weiter ausgebaut.

Auch im B2C-Markt werden die Medienangebote nun aufwändiger und komplexer: Multimedia, Verlinkungen, Animationen samt  Kundenintegration – all das ist mit modernen eAnwendungen möglich. Buchhandlungen die ihren Kunden Datenbanken und Services anbieten, entwickeln sich damit immer mehr zum Dienstleister. Das Geschäftsmodell verändert und erweitert sich. Bisher war es für uns Buchhändler nicht so einfach Literatur aus China, Indien oder Spanien, Italien oder sogar aus Frankreich zu besorgen. Lieferzeiten von bis zu 4 Wochen bei Bücher aus Italien oder Spanien waren für Kunden schwer zu vermitteln. Bei E-Books aus fernen Ländern kann man Kooperationen mit den jeweiligen Anbietern abschliessen und sich so ganz international präsentieren. Erste Allianzen beim Kampf um E-Book-Rechte gegen Apple, Amazon & Co entstehen zurzeit: In Deutschland die Kooperation von Holtzbrink/Bertelsmann, in Frankreich Flammarion, Gallimard und Hachtette und in Spanien die Kooperation von Planeta und Santillana sind erste Reaktionen bei denen sich auch der Buchhandel einbinden kann.

Für den wissenschaftlichen Buchhandel gibt es zudem ein wirtschaftlich großes Potential, wenn er es schafft, zusammen mit der OpenSource-Gemeinde eine technische Plattform (oder besser gesagt ein App) für E-Books anzubieten, das beiden Seiten gerecht wird: gute standardisierte Lesbarkeit und Handhabbarkeit für den Leser und einfach technische Konvertierung für den Verlag. Der Buchhandel würde technisch damit für alle Verlage ein System zur Verfügung stellen, das auch von kleinen Verlagen genutzt werden kann, die sich solche Systeme ansonsten aus eigenen Kräften nicht leisten könnten und gleichzeitig einen Schritt Richtung Standardisierung (von Verlagsangeboten) unternehmen. Mit der OpenSource-Gemeinde im Rücken, würde ein solches System sich bald durchsetzen und auch wirtschaftlich rechnen…

Im Geschäft mit E-Books gibt es für uns Buchhändler weitere Möglichkeiten als nur Downloadstation im Laden: Beispielsweise das Smart Book als Lösung für den Buchhandel. Das Konzept, das auf einem Smart Media Stick® angeboten wird, hat gegenüber einem herkömmlichen E-Book eine ganze Reihe von Vorteilen und Zusatzleistungen. Es kann Text-, Bild-, Ton- und Videoformate beinhalten, auf allen Endgeräten mit einem Display genutzt werden und verbindet sich ohne Login und Passwort mit aktuellen Informationen und Inhalten zum Buch und zum Verlag. Bewährte Bestell-, Versand- und Abrechnungsmodalitäten können beibehalten werden, es können Smart Media Sticks mit Verlags-, Autoren- oder Themen angelegt oder dazu erweitert werden. Zudem lassen sich Smart Books weiterverkaufen, verleihen und verschenken. Damit hat smt ein grundlegend neues Medienformat entwickelt das dem Zwischenhandel nützen sollte. Mit dieser Weiterentwicklung handelsüblicher USB-Sticks bekommen Buchhändler die Chance, komfortabel am Handel mit digitalen Büchern teilnehmen zu können…

Auch immer mehr Verlage nutzen Biblets. Mit ihnen kann man ersten Seiten eines Buches probelesen, bewerten und die Leseempfehlung als E-Mail verschicken. Ein Social Marketing Tool, das speziell uns Buchhändler unterstützt, denn mit den Händlerversionen der Biblets kann man direkt auch in die Communities senden…

Zum Thema E-Books gibt es am 20. August einen Stammtisch für Technologie-Firmen, Verlage und Profis in Berlin. Und am 17. ein Spezial zum Thema http://upload-magazin.de/buch-zukunft/

Bernd Sommerfeld, Ur-Blogger der Branche und Buchhändler bei Lehmanns in Berlin

Kommentare

3 Kommentare zu "Bernd Sommerfeld: Warum man E-Books beim Buchhändler bestellen sollte…"

  1. Sehr schön auf den Punkt gebracht und voller stimmiger Ideen. Kompliment.

  2. Buchhändler als Problemlöser oder als Lotse – Ich habe kürzlich eine Buchhändlerin gefragt, warum es so etwas wie die Alain de Bottons „School of Life“, der „Apotheke für den Geist“, in Deutschland nicht gibt. Was meint ihr?

  3. Klasse Beitrag zum Wandel der Zeit!
    Das mit dem Smart Media Stick® ist eine super Idee … für alle.

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