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Verbrecher Verlag im Porträt: Keine Spur von Krise

Der Verbrecher Verlag feiert im Herbst 25-jähriges Jubiläum und bekommt den Berliner sowie den Deutschen Verlagspreis überreicht. Ein Anlass für den „Tagesspiegel“, den Berliner Verlag und seine Leiter Kristine Listau und Jörg Sundermeier zu porträtieren (Ausg. v. 17.8.).

„Es hat so gar nichts Deprimierendes, mit Jörg Sundermeier und seiner Mit-Verlegerin Kristine Listau über das Büchermachen zu sprechen. Im Gegenteil: Das sitzen eine Frau und ein Mann, trinken die gleiche Obstsaft-Schorle und geeisten Espresso und sind voller Freude über ihren Beruf“, schreibt Werner van Bebber in Anlehnung an die Auswirkungen der Corona-Pandemie. „Buchmarktkrise? Lesekrise? Aufmerksamkeitskrise? Nicht für Kristine Listau, die viele Jahre in Frankfurt am Main Kulturarbeit gemacht und viel von der Stadt hält. Und nicht für Jörg Sundermeier, der Bücherliebhaber, Autor und Talent-Entdecker aus Bielefeld. Die beiden arbeiten gegen solche Krisen an, ohne dass sie angestrengt wirken.“  Und „dass der Verleger so gar nicht krisengebeutelt und -gebeugt wirkt, dürfte mit seinem festen Glauben an die Wirkung von Büchern zu tun haben“. Immer mal wieder käme ein Titel so gut an, dass eine Autorin die Gehälter aller Mitarbeiter sichere.

Auch über die Verlagsgeschichte berichtet van Bebber. Sundermeier hatte den Verlag 1995 mit seinem Freund Werner Labisch aus der Taufe gehoben: „Den Verlag hätten sie gegründet, um an Manuskripte von Autoren zu gelangen, die nicht unbedingt mit der Veröffentlichung ihrer Werke rechneten“. Passend dazu sei der Name gewählt worden: „,Verbrecher Verlag‘ – das sei, heißt es in der Verlagsgeschichte, ,aus einer Laune heraus‘ entstanden und habe den Zweck gehabt, bei den um Manuskripte gebetenen Autoren ,wenig Hoffnung auf eine tatsächliche Publikation aufkommen zu lassen‘“. Und nach dem Motto arbeite man im Verbrecher Verlag noch immer.

Später zog der Verlag in den den Kreuzberger Mehringhof. „Man habe Räume gesucht, durch die man ,auch mal mit dem Gabelstapler durchfahren kann‘, sagt Sundermeier – Räume, in denen Bücher in großer Zahl gelagert werden können, ohne die Statik überzustrapazieren. In solchen Räumen voller Bücher und Papier arbeiten sie nun.“ Die Arbeit teilt sich das Ehepaar Listau und Sundermeier auf. Aktuell planen sie eine neue Reihe mit Erzählungen, ein Genre, das als „nicht verkäuflich verschrien“ sei, sagt Listau. Das hält sie nicht ab – sie will die Reihe machen, „aus Liebe zu diesem Genre“ und mit neonfarbenen Einbänden. 

Für Sundermeier seien außerdem zwei Dinge wichtig: „‚Geschichte muss erzählt werden‘, so Sundermeier. Und er habe den starken Eindruck, dass es für ältere Generationen an der Zeit sei, ,Deutungshoheit‘ abzugeben. ,Vielleicht wissen die Zwanzigjährigen an einigen Stellen wirklich mehr… Wir sind nicht, weil wir fünfzig, sechzig, siebzig sind, die Klügeren.‘“

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