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Tempomacher kommen aus der zweiten Reihe

In der globalen Bücherwelt entwickeln sich die die digitalen Märkte mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Während in den USA und Großbritannien die Marktanteile an der zweistelligen Prozent-Markte kratzen, liegt der Anteil von E-Books an den Gesamtumsätzen in allen anderen Ländern bestenfalls bei 1%. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Rüdiger Wischenbart.

Der buchreport-Korrespondent vergleicht in einer 40-seitigen Studie (hier zum Download) die digitalen Entwicklungen auf den wichtigsten digitalen Buchmärkten. Die Studie wird am Messe-Dienstag im Rahmen der TOC-Konferenz präsentiert.

Wie eingangs erwähnt, liegt der digitale Marktanteil jenseits der USA und UK in der Regel unter 1%, was Prognosen erschwert. Eine Erklärung dafür besteht laut Wischenbart darin, dass die traditionellen Branchenakteure in Kontinentaleuropa lange Zeit versucht haben, ihr Revier gegen die „Einflüsse von außen“ zu verteidigen – das Digitale sei lange Zeit als Gefahr eingeschätzt worden. In Deutschland sei diese Haltung spätestens mit dem Markteintritt von Amazon/Kindle im April 2011 einer offeneren Haltung gewichen.

Schlaglichter aus verschiedenen Märkten:

USA

  • Gesamter Buchmarkt: 27,9 Mrd Dollar
  • Anteile: Der Anteil der E-Books am Trade Market ist zwischen 2008 und 2010 von 0,6% auf 6,4% gewachsen; für die Erwachsenen-Belletristik wird der Marktanteil schon auf fast 14% taxiert. Aktuell sind fast 1 Mio Titel in digitaler Form verfügbar.
  • Akteure: Laut Wischenbart dominiert Amazon den E-Book-Markt, 70% der E-Leser nutzten den Kindle-Service. Es folgen Barnes & Noble und Apple.
  • Pricing: Der Durchschnittspreis ist im vergangenen Jahr um fast 40 Dollar-Cent auf 7,72 Dollar gefallen.


UK

  • Gesamter Buchmarkt: 3,1 Mrd Pfund
  • Novitäten (inkl. Neuauflagen): 151.000
  • Anteile: Der Anteil am gesamten Buchmarkt liegt bei über 6%, am Publikums-Markt schon bei 11% (2009: 2%). Über 1 Mio Titel sind verfügbar.

Die rasante Entwicklung führt Wischenbart auf den Start des Amazon-Kindle-Programms in Großbritannien im August 2010 zurück.

Deutschland

  • Gesamter Buchmarkt: 9,6 Mrd Euro
  • Novitäten (inkl. Neuauflagen): 93.100
  • Anteile: Laut Börsenverein unter 1%. Der E-Book-Katalog umfasst rund 25.000 deutsche Titel, hinzu kommen PDF-Titel.
  • Anteile: Wischenbart verzichtet darauf, Marktanteile zu schätzen. Klar sei, dass besonders nach dem Start des Kindle-Programms in Deutschland die globalen Akteure einen großen Einfluss auf den deutschen E-Book-Markt ausüben werden.

Laut Wischenbart hat das E-Book einen schweren Stand in Deutschland, weil die Print-Affinität angesichts einer entsprechenden kulturellen Tradition der Leser groß sei; der Börsenverein gehe davon aus, dass sich die Akzeptanz unter den Lesern zuletzt nicht verbessert habe.


Frankreich

  • Gesamter Buchmarkt: 5,6 Mrd Euro
  • Novitäten (inkl. Neuauflagen): 66.600
  • Anteil: 1,8%.

Noch dominieren lokale Plattformen in Frankreich, darunter die der Fnac. Mit dem gerade vollzogenen Start von Amazon mit einem französischen Kindle-Programm könnten sich die Marktanteile rasch verschieben.

Schweden

  • Gesamter Buchmarkt: 2,5 Mrd Kronen (nur Verlage)
  • Novitäten (inkl. Neuauflagen): 4000
  • E-Book-Titel: 4800

Selbst verglichen mit Deutschland hinkt der schwedische Buchmarkt im digitalen Bereich hinterher, trotz hoher Internetaffinität der Bevölkerung und der grundsätzlichen Offenheit der Schweden gegenüber neuen Technologien. Wischenbart führt diese Entwicklung u.a. auf den fehlenden Druck durch globale Konzerne zurück.

Brasilien

  • Gesamter Buchmarkt: 1,35 Mrd Euro
  • Novitäten (inkl. Neuauflagen): 52.510

2010 gab es nur einen E-Book-Shop, seitdem wächst der Markt hochdynamisch. Schon 2015 könnten E-Books 7% des Gesamtbuchmarkts ausmachen. Auffällig ist die hohe Durchdringung der Bevölkerung mit Tablet-Computern.


China

  • Gesamter Buchmarkt: 8,2 Mrd Euro
  • Novitäten (inkl. Neuauflagen): 168.000

Auf dem drittgrößten Buchmarkt der Welt (nach den USA und Deutschland) gibt es zahlreiche Spezifika und Auffälligkeiten:

  • Der Durchschnittspreis von Büchern liegt nur zwischen 1 und 3 Euro.
  • Rund 200 Mio Chinesen engagieren sich auf Online-Lektüre-Plattformen.
  • 43% der mobilen Internetnutzer lesen Bücher via Apps.
  • Aktuell liegen etwa 200.000 E-Book-Titel vor.

Nach den Zielvorgaben der chinesischen Regierung soll die digitale Buchindustrie bis 2015 ein Viertel der gesamten Branchenerlöse beisteuern.
Auf der Vertriebsseite könnte die Telko-Firma China Mobile künftig eine große Rolle spielen (610 Mio Kunden, die nutzen das Internet mobil). Auf der Inhalteseite ist Shanda ein Schwergewicht.

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