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Seilschaften sorgen für sicheres Klettern

Der Strukturbruch in der Branche und die rasant voranschreitende Konzentration im Buchhandel lässt die Luft für mittlere und kleine Verlage immer dünner werden: Für die Vertreter von Unternehmen dieser Kategorie bleiben die Tore bei den dominanten Buchhandelsketten immer häufiger verschlossen, wenn sie nicht Publikationen eines wichtigen Schlüsselverlags in der Tasche haben. Um die Hürden bei den entscheidenden Einkäufern doch noch zu nehmen, werden Vertriebskooperationen immer wichtiger. „Der Teufel steckt aber im Detail“, betont Betriebsberater Dieter Durchdewald (Foto, hier die Webseite).

Der frühere Reclam-Prokurist und  Geschäftsführer des Konrad Theiss Verlags hat sich 2003 mit seinem Dienstleistungsbüro selbstständig gemacht und auf dem Feld der Zusammenschlüsse einschlägige Erfahrungen gesammelt. Gründsätzlich führt er zum Thema Vertriebsallianzen folgende Überlegungen ins Feld:

  • Funktionierende Kooperationen zeichnen sich meist dadurch aus, dass die beteiligten Verlage programmatisch auf ähnlichen Schienen fahren. Erst dann entstehen Synergien, die dem Handel nutzen. Durchdewald: „Verlegerinnen und Verleger müssen ihr Konkurrenzdenken überwinden. Es ist in den seltensten Fällen angebracht.“
  • Keine Vertriebskooperation ist zum Nulltarif zu bekommen: Je nach Anforderung – Ankopplung an eine bestehende Allianz oder Gründung eines eigenen Zusammenschlusses – entstehen nach seiner Einschätzung Beträge von monatlich mehreren Tausend Euro. Investitionen, die sich frühestens erst nach einigen Monaten positiv in Form von Mehrumsatz niederschlagen.
  • Unternehmer müssen deshalb grundsätzlich bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen und sich frühzeitig Gedanken über das mögliche Budget machen.
  • „Vertriebskooperationen bringen nicht nur Vorteile“, stellt der Berater klar. Die mitunter aufwändige Abstimmung unter den Partnern berge auch Nachteile und Zwänge, als Faktoren führt er u.a. Kosten für die gemeinsame Werbung und die unverzichtbare Gewährleistung eines bestimmten Produktionsvolumens an.

Ködern mit der Rationalisierung

„Der Zusammenschluss mehrerer kleiner Verlage ist noch lange kein Garant für wirksamere Handelspräsenz, die ideale Anzahl von Kooperationspartnern gibt es nicht“, gibt Durchdewald zu bedenken. Ein wesentliches Kriterium zur Sicherstellung des erfolgreichen Auftritts im Verbund sei die gemeinsame Verlagsauslieferung. Durchdewald: „Die vom Handel immer stärker angestrebte Rationalisierung beim Warenbezug heißt für die Verlage in erster Linie gebündelter Versand und gemeinsame Faktur.“   

Eine Auslieferungsgemeinschaft sei daher der entscheidende erste Schritt zu einer für alle Seiten lohnenden Vertriebszusammenarbeit. „Dabei muss darauf geachtet werden, dass die Verlagsauslieferung speziell auf die Bedürfnisse der jeweiligen Partner ausgerichtet ist und den entsprechenden Service anbietet“, betont Durchdewald. Als Paradebeispiel „für eine konsequente Ausrichtung an den Wünschen des Einzelhandels“ nennt er die auf kleinere Wettbewerber spezialisierte Auslieferung Prolit. „Wer einen großen Verlag als Vertriebsdienstleister nutzt, sollte auf eine – juristisch nicht immer einfach zu erreichende – Fakturiergemeinschaft Wert legen.“

Auch auf personell-organisatorischer Ebene müssen Strukturen stimmen, damit die Seilschaft für den Aufstieg hält.

  • Gemeinsames Vertreterteam: „Es reicht nicht aus, dass eine Vertretermannschaft alle Verlage der Gruppe in der Tasche hat. Es ist vielmehr entscheidend, dass die Tasche des einzelnen Vertreters nicht durch weitere Verlage prallvoll ist und mindestens ein Türöffner-Verlag drin steckt“, plädiert der Berater für eine zugkräftige Portfolio-Mixtur.
  • Gemeinsamer Vertriebsleiter und Key-Account-Manager: „Einer muss den Führungshut aufhaben. Entweder der vertriebserfahrenere größere Partner oder die gemeinsam engagierte Vertriebskraft, die im Idealfall auch ein guter Key-Account-Manager ist“, betont Durchdewald. Regelmäßige Besuche bei den wichtigsten Handelskunden und die Fähigkeit, neue Vertriebswege zu erschließen, gehören zum Anforderungsprofil.
  • Gemeinsames Marketing: Werbemaßnahmen im Schulterschluss eignen sich auch als Pilotprojekt und Testballon für ein späteres  Zusammengehen im Vertrieb.
  • Vertragsgestaltung: Alle Eckpunkte der Kooperation müssen in eine juristisch wasserdichte Form gegossen werden.

„Es ist ein großer Vorteil, wenn von Beginn an ein Projektleiter bestimmt wird“, meint Durchdewald. „Wer Geld, Zeit und Nerven sparen will“, engagiere dafür am besten eine neutrale und erfahrene Person. „Sie kann erfahrungsgemäß die Gruppe effektiver zum Ziel führen.“

Rainer Uebelhöde

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