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Schweden küren Schweden

Der Gewinner des diesjährigen Literaturnobelpreises ist der schwedische Lyriker Tomas Tranströmer. (Foto: Andrei Romanenko, Wikipedia). Die Jury begründet dies damit, „weil er uns in komprimierten, erhellenden Bildern neue Wege zum Wirklichen weist“.“

Peter Englund, Literaturnobelpreis-Verkünder und Ständiger Sekretär der Schwedischen Akademie, erklärte im Interview, Tranströmer sei einer der meistübersetzten Lyriker der Welt. Seine Bücher seien in 60 Sprachen erschienen. Der Autor habe seit 1951 meist nur nebenbei geschrieben und primär als Psychologe gearbeitet.

Auf die Frage, ob er eine kontroverse Diskussion erwarte, weil die Schwedische Akademie einen Landsmann kürte, erklärte Englund, dass Tranströmer den Preis verdient habe. Seit 40 Jahren habe die Schwedische Akademie keinen Schweden mehr gekürt.

Bei den britischen Buchmachern von Ladbrokes galt Tranströmer in den Stunden vor der Bekanntgabe des Preisträgers als Favorit, vor Bob Dylan:

In Deutschland sind Bücher von Tranströmer hauptsächlich bei Hanser erschienen, darunter die laut Verlag wichtigsten Werke „Sämtliche Gedichte“ und der aktuellste Titel „Das große Rätsel“. Beide Titel sind lieferbar.

Hier ein Statement von Hanser-Verleger Michael Krüger: „Zum achtzigsten Geburtstag von Tomas Tranströmer im Stadttheater in Stockholm habe ich am Schluß meiner Rede auf den Dichter gesagt: ‚Lieber Tomas, Du gehörst nicht gerade zu den Autoren, die zur Freude von Verlegern alle zwei Jahre einen großen Roman abliefern, sondern Du gehörst den Meistern der Langsamkeit, den Meistern der Stille und der schmalen Zone zwischen innen und außen. Aber für mich sitzt Du immer im Zentrum der poetischen Wahrnehmung und Dein Gedicht Schubertiana wird mich bis zum Ende meines Lebens begleiten.‘ Und jetzt der Nobel-Preis, da ist die Freude groß.“

Bibliografie

Alle bei Hanser erschienen Titel:

  • 1981 Gedichte. Aus dem Schwedischen von Hanns Grössel (nicht mehr lieferbar)
  • 1985 Der wilde Marktplatz. Aus dem Schwedischen von Hanns Grössel (lieferbar), 44 Seiten, 8,90 Euro, ISBN 978-3-446-14232-9
  • 1993 Für Lebende und Tote. Aus dem Schwedischen von Hanns Grössel (lieferbar), 56 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 978-3-446-17390-3
  • 1997 Sämtliche Gedichte. Aus dem Schwedischen von Hanns Grössel (lieferbar), 264 Seiten, 19,90 Euro, ISBN 978-3-446-18961-4
  • 1999 Die Erinnerungen sehen mich. Aus dem Schwedischen von Hanns Grössel (lieferbar), 80 Seiten, 11,90 Euro, ISBN 978-3-446-19670-4
  • 2005 Das große Rätsel. Gedichte. Aus dem Schwedischen von Hanns Grössel (lieferbar), 80 Seiten, 12,90 Euro, ISBN 978-3-446-20582-6

Vita:

  • 1931 in Stockholm geboren
  • studierte Literatur- und Religionsgeschichte sowie Psychologie
  • 1954 erscheint sein erster Gedichtband „17 dikter“
  • 1955 Mitherausgeber der Redaktion „Upptakt“, der er bis 1958 angehört
  • 1956 nach Abschluss des Studiums am Psychotechnischen Institut der Universität Stockholm tätig
  • 1960-1965 als Psychologe in der Jugendstrafanstalt Roxtuna
  • 1966 – 1980 halbtags Berufsberater für verschiedene Arbeitsämter

Tranströmer lebt mit seiner Frau Monica in Stockholm.

Preise:

  • 2007 Griffin Poetry Prize
  • 1992 Horst-Bienek-Preis
  • 1990 Ehrendoktorwürde
  • 1981 Petrarca-Preis

Auszug aus Tomas Tranströmers Schubertiana:

Im Abenddunkel auf einem Platz außerhalb von New York, ein Aussichtspunkt, von dem aus man mit einem einzigen Blick die Wohnungen von acht Millionen Menschen umfassen kann.

Die Riesenstadt in der Ferne dort ist eine lange glitzernde Wehe, ein seitlich gesehener Spiralnebel.

Drinnen im Spiralnebel werden Kaffeetassen über die Theke geschoben, die Schaufenster betteln die Vorbeigehenden an, ein Gewimmel von Schuhen, die keinerlei Spuren hinterlassen.

Die kletternden Feuerleitern, die Fahrstuhltüren, die zusammengeleiten, hinter Türen mit Sicherheitsschlössern ein ständiger Stimmenschwall.

Zusammengesunkene Leiber dösen in den Wagen der Untergrundbahn, den vorwärts rasenden Katakomben.

Ich weiß auch – ohne jede Statistik –, daß jetzt in irgendeinem Zimmer in der Ferne dort Schubert gespielt wird und daß für jemanden diese Töne wirklicher sind als all das andere.

(aus: Tomas Tranströmer. Sämtliche Gedichte. Edition Akzente, München 1997 © Carl Hanser Verlag)

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