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Schritt zurück vom Zorn

Der Unmut hat sich gelegt. Im vergangenen Jahr nutzte der Deutsche Bibliotheksverband (DBV) noch eine Anfrage des Bundesjustizministeriums zu einer scharfen Abrechnung mit den sogenannten Subito-Verträgen, die den Versand digitaler Kopien an Bibliothekskunden lizenzieren. Mittlerweile erklärt der Vorsitzende der DBV-Rechtskommission Arne Upmeier: „Im Großen und Ganzen funktionieren die Subito-Verträge ganz gut“ (siehe Interview im Anschluss).

Hintergrund: Seit dem 1. Januar 2008 regelt § 53a des Urheberrechtsgesetzes, dass Bibliotheken Kopien per Post und Fax lizenzfrei an ihre Nutzer schicken dürfen, während für den Versand digitaler Dokumente de facto eine Lizenz des veröffentlichenden Verlags nötig ist. Der Dienstleister Subito, Dokumenteversender der Bibliotheken, schloss daraufhin mit dem Börsenverein eine Rahmenvereinbarung und auf deren Grundlage Lizenzverträge mit allen relevanten Verlagen.

Lob für das Thieme-Vertragsmodell

An diesen Verträgen entzündete sich der Unmut der Bibliothekare. Als Anfang 2009 die damalige Justizministerin Brigitte Zypries einen Fragebogen zur geplanten Urheberrechtsreform („Dritter Korb“) an die Verbände schickte, antwortete der DBV im Klartext:

  • Wegen „Auslegungsschwierigkeiten“ bei Anwendung des § 53a UrhG seien die Bibliotheken gezwungen, „sich auf höchst nachteilige Lizenzverträge mit Verlagen einzulassen“.
  • „Die Mehrzahl der deutschen Bibliotheken sieht in den Subito-Verträgen den besten Beweis dafür, dass privatrechtliche (Lizenz-)Verträge zur Regelung urheberrechtlicher Sachverhalte zu unerträglichen Ergebnissen führen.“

Von diesem harschen Urteil rückt der Bibliotheksverband mittlerweile allerdings ab. Dazu dürften auch die positiven Erfahrungen mit dem Vertragsmodell beigetragen haben, das Subito mit Thieme vereinbart hat (siehe Interview). Zuletzt verabredete der Lieferdienst mit der Stuttgarter Verlagsgruppe darüber hinaus sogar eine Kooperation bei der Bereitstellung elektronischer Dokumente an Leseplätzen in Bibliotheken (buchreport berichtete).

„Umfangreich und kompliziert“

Dr. Arne Upmeier ist Bibliothekar und Fachreferent Wirtschaft und Recht an der Universitätsbibliothek Ilmenau. Seit 2009 ist er zudem Vorsitzender der Rechtskommission des Deutschen Bibliotheksverbands (DBV).

Werden die Bibliotheken durch die „Subito“-Lizenzverträge mit den Verlagen unangemessen benachteiligt?
Ein Problem ist sicher, dass Bibliotheken, die in aller Regel keine juristische Abteilung haben, mit diesen umfangreichen und teilweise komplizierten Verträgen oft überfordert waren. Im Großen und Ganzen funktionieren die Subito-Verträge inzwischen aber ganz gut.

Trotzdem fordert der Deutsche Bibliotheksverband Änderungen an dem
§ 53a Urheberrechtsgesetz, in dem der digitale Kopienversand geregelt ist.

Die Vorschrift, die seit 2008 gilt, ist in der Praxis kaum zu handhaben. Der Gesetzgeber hat zum Beispiel bestimmt, dass man für den digitalen Dokumentenversand keine Verlagslizenz braucht, solange ein Verlag die Digitalkopie nicht selbst zu angemessenen Konditionen anbietet. Da die geforderten Einzelfallprüfungen in der Praxis aber viel zu aufwendig sind, werden im Zweifel die weitreichenden Lizenzverträge geschlossen. Viele Bibliothekare fürchten, dass sie aufgrund der unklaren Rechtslage für etwas bezahlen, was sie nach dem Gesetz auch kostenlos dürften.

Könnte das Problem durch eine andere Gestaltung der Lizenzverträge behoben werden?
Im Idealfall ergänzen sich Gesetz und Lizenz. Ein Vorbild in dieser Hinsicht könnte die neue Kooperationsvereinbarung zwischen Subito und der Verlagsgruppe Thieme werden. Das Gesetz erlaubt es den Bibliotheken, Werke aus eigenen Beständen einzuscannen und in den Bibliotheksräumen zur Verfügung zu stellen. Der Thieme Verlag nimmt dies zum Anlass, Bibliotheken qualitativ hochwertigere Digitalisate zu lizenzieren, die z.B. gute Suchfunktionen und Inhaltsverzeichnisse enthalten. Für die Lizenzgebühren müssen Bibliotheken nicht mehr selber scannen, sie erhalten deutlich bessere Qualität und müssen nicht einmal mehr ein gedrucktes Exemplar parallel vorhalten. Ein echter Mehrwert!

Sind gute Erfahrungen mit Verlagen die Regel?
Ja. Es gibt aber zahlreiche Kleinigkeiten, die für viel Unmut bei Bibliothekarinnen und Bibliothekaren sorgen. Beispielsweise erlauben Verlage den lizenzfreien Versand von digitalen Dokumenten ausschließlich als E-Mail-Anhang, nicht aber die Bereitstellung durch Versendung einer URL. Das führt bei großen Dokumenten zu unnötig verstopften Postfächern. Solche leicht vermeidbaren „Schikanen“ führen zu viel Kopfschütteln bei unseren Nutzern, und Bibliothekare bekommen das Gefühl, die Verlage wollten ihnen unnötig Steine in den Weg legen.  

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