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Ruhiger Blick aufs Beet

Deutschsprachige Literatur steht bei den Verlagen hoch im Kurs. Und so macht sich eine Reihe talentierter Nachwuchsautoren auf, einen Platz in den Verlagsprogrammen zu ergattern. Eine von denen, die es geschafft haben, ist Franziska Gerstenberg (Foto): Sie debütiert mit „Spiel mit ihr“ bei Schöffling. buchreport.de stellt die Autorin vor.

© Birgitta Kowski

Mein Roman in drei Sätzen.
Der Mann, von dem ich erzähle, Reinhard, fängt eine Beziehung an, deren Substanz in sexuellen Rollenspielen besteht. Es geht um das Ausloten von Wünschen in Zeiten von Pornografie und Internet, um den Preis, der für die Erfüllbarkeit aller Sehnsüchte gezahlt werden muss. Und um die siebenjährige Tochter von Reinhards neuer Partnerin, ein Mädchen, das ins Spiel gerät, das ebenfalls spielen will, aber natürlich ein anderes Spiel.

Meine literarischen Vorbilder.
A.L. Kennedy, weil ich von ihr die nötige Härte lernen kann. Alice Munro für alles Sanfte.

Mein Weg zu Schöffling.
Ich habe mit meinem ersten Erzählband zwölf Monate nach einem Verlag gesucht, eine zermürbende, verunsichernde Zeit. Von einigen Verlagen habe ich nie eine Antwort bekommen. Irgendwann habe ich einem meiner ehemaligen Dozenten eine Erzählung geschickt mit der Frage, ob ich vielleicht noch nicht so weit sei… Das war Burkhard Spinnen, der die Geschichte dann aber großartig fand – und etwas seltsam, glaube ich – und mich an seinen eigenen Verleger vermittelte. Als ich Klaus Schöffling zum ersten Mal gegenüberstand, wir uns die Hand schüttelten, dachten wir beide: Ja, das passt. Burkhard Spinnen wurde später sogar mein Lektor.

Was mein Lektor getan hat.
Das beste Treffen mit meinem Lektor verlief so: Er erklärte mir, was ich da eigentlich geschrieben hatte. Danach fasste er einen alten Kinofilm zusammen, erzählte mehrere Anekdoten von seinen Söhnen und beschrieb eigene Interneterfahrungen. Eigentlich hatte das meiste davon nur vage mit meinem Buch zu tun. Aber ich hörte zu – und irgendwann ging alles zusammen, als hätte er mir noch mal das Beet gezeigt, obwohl ich gleich den Baum gießen und düngen wollte. Ich konnte mir dieses Beet, in dem mein Roman wurzeln sollte, in Ruhe von allen Seiten anschauen. Dadurch wurde mir selbst vieles klar.

Gedruckt oder digital?
Gedruckt! Buch muss riechen. Papier muss rascheln. Es gibt keine virtuellen Lesebändchen. Und außerdem kommt mir Text digital immer unangenehm veränderbar vor. Ich denke sofort: Das kann man aber noch mal überarbeiten. Nur gedruckter Text besitzt die feine Heiligkeit des „Fertigen“. Deshalb ärgere ich mich über jeden Druckfehler, er zerstört den Mythos.

Meine Lieblingsbuchhandlung.
Immer die, in der ich gerade stehe. Wenn ich in Kauflaune bin: Dussmann in der Friedrichstraße in Berlin. Da kaufe ich dann außer Büchern gleich noch ein neues Notizbuch, Bleistifte, Noten und Musik.

Der Literaturbetrieb.
Es ist jetzt schon acht Jahre her, dass mein erstes Buch erschien. Die Messen sind vor allen Dingen laut und voll, und manchmal kommt mir die pure Anzahl der Neuerscheinungen erdrückend vor. Immer wieder gehen Texte unter, die mir gefallen, werden kaum besprochen. Ich will nicht mich selbst verkaufen, sondern meine Bücher: Aus dem Betrieb als Betrieb halte ich mich weitgehend heraus. Einige meiner Freunde sind ebenfalls Autoren, aber noch mehr sind es nicht. Ich denke, ich habe Angst vor Monokulturen.

Mein Plan B.
Ich hatte eigentlich nie einen Plan. Und wenn ich einen gehabt hätte, würde ich wohl schon längst Plan C oder D leben, soll heißen: Ich gehe Kompromisse ein. Nur vom Verkauf meiner Bücher kann ich nicht leben. Ich schreibe eine wöchentliche Kolumne für den Saarländischen Rundfunk, ich habe an einem Drehbuch mitgearbeitet, ich gebe Workshops, zum Beispiel für Jugendliche. Kompromisse dürfen ja auch Spaß machen, ganz ungeplant. Und sie halten mich auf dem Boden.

Zur Person
1979 in Dresden geboren, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und lebt heute in Berlin. Sie war Mitherausgeberin der Literaturzeitschrift „Edit“ und erhielt mehrere Stipendien und Literaturpreise, darunter den Hermann-Hesse-Förderpreis. Ihr erster Roman „Spiel mit ihr“ wurde unter anderem mit einem Stipendium der Akademie Schloss Solitude in Stuttgart unterstützt.

Franziska Gerstenberg: Spiel mit ihr
264 S., Schöffling, 19,95 E
ISBN 978-3-89561-342-5

Bislang sind in der Serie folgende Teile erschienen:  

    Die komplette Serie lesen Sie im buchreport.magazin 3/2012(hier zu bestellen)

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