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Relativ entspannte Preisbindungstreuhänder

Die Novelle des Gesetzes über die Buchpreisbindung wird aller Voraussicht nach zum 1. September 2016 in Kraft treten mit den wichtigsten Neuerungen und Klarstellungen:

  • E-Books unterliegen dann ausdrücklich der Preisbindung.
  • Die Buchpreisbindung gilt grenzüberschreitend, also auch für Anbieter von außerhalb, die an Empfänger in Deutschland verkaufen.

Beides gilt als großer Erfolg für die Branche, der allerdings durch Lücken getrübt wird, die womöglich die Gerichte beschäftigen werden. Das beschreiben die Preisbindungstreuhänder der Verlage, Dieter Wallenfels und Christian Russ in ihrem 61. Arbeitsbericht, der Mitte Juli an die Verlage versandt wurde.

Was ist mit den E-Books von Selfpublishern?

Die Preisbindungstreuhänder gehen explizit auf die Irritationen durch eine Passage zur Begründung des Gesetzentwurfes ein: „Elektronische Bücher, die nicht als verlags- oder buchhandelstypisch anzusehen sind, wie beispielsweise von den Autoren selbst unter Nutzung spezialisierter Plattformen veröffentlichte elektronische Bücher, fallen nicht unter die Preisbindung.“

Diese Formulierung ist Wallenfels/Russ zufolge „missverständlich“, s. auch die Diskussion hier. Eine Folgerung aber, „dass der gesamte Bereich des Selfpublishing der Preisbindung entzogen sei, wäre falsch“, schreiben Wallenfels/Russ. Selfpublisher, die auf mehreren Plattformen veröffentlichen, müssten sich an die Preisbindungsregeln halten. Wallenfels/Russ und der Börsenverein sind aber unterschiedlicher Auffassung, ob die Preisbindung auch gilt, wenn E-Books nur auf einer Plattform und preislich im Bagatellbereich (etwa unter 4 Euro) angeboten werden. Der Börsenverein will da großzügig sein, die Preisbindungstreuhänder sagen dagegen, dass auch Selfpublisher Verleger im Sinne des Gesetzes seien.

Wann sind Vermittlungsprovisionen zulässig?

Grenzen müssen wohl auch Gerichte ziehen, wenn es um Vermittlungsprovisionen in Affiliate-Modellen geht. Eine Gefährdung sehen die Preisbindungstreuhänder (und auch der Börsenverein), wenn z.B. Amazon Provisionen an Schulfördervereine zahlt für Bestellungen, die Schüler/Eltern Bücher über einen Amazon-Button auf der Homepage des Fördervereins tätigen. Vertrieblich starke und aggressive Unternehmen können, so die Befürchtung, „mit üppigen Provisionsversprechen“ Marktvorteile gewinnen, die kleine und mittlere Buchhandlungen nicht erreichen können.

Ein Grundsatzurteil zum Amazon-Affiliate-Programm und Vermittlungsprovisionen wird jetzt vom Bundesgerichtshof erwartet (hier mehr).

Wird zu stark an der Konditionenschraube gedreht?

Die Preisbindungstreuhänder weisen auf im März an Verlage herangetragene Begehren eines großen Filialisten nach 50% Verlagsrabatt hin und stellen aus diesem Anlass klar, dass das Preisbindungsgesetz auch dem Nachfragewettbewerb des Buchhandels beim Einkauf Grenzen setze.

Verlage dürften die geforderten 50% nicht einräumen,

  • wenn Großhändler (Barsortimente) einen geringeren Rabatt erhielten.
  • wenn die geforderten 50% „unverhältnismäßig mehr sind als der kleineren Händlern gewährte Rabatt“.

Insgesamt geben sich die Preisbindungstreuhänder relativ entspannt, wiederholen allerdings ihre Mahnungen früherer Jahre: Probleme und Gefährungen der Buchpreisbindung seien meist hausgemacht, namentlich durch die „Überschwemmung des Buchmarkts mit Remissionsware und vorgeblichen Mängelexemplaren“ und billige Sonderausgaben für den zweigleisigen Vertrieb im Nebenmarkt. Das untergrabe das Bewusstsein der Kundschaft für den gebundenen Ladenpreis und könne auch beim Gesetzgeber Zweifel an gewährten Preisregulierung wecken.

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