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Raphaela Edelbauer über »Das flüssige Land«

In den aktuellen Herbstprogrammen finden sich zahlreiche Romandebüts deutschsprachiger Autoren. buchreport stellt 13 dieser Newcomer in Steckbriefen vor. Heute: Raphaela Edelbauer.

Raphaela Edelbauer wurde 1990 in Wien geboren und wuchs im niederösterreichischen Hinterbrühl auf. Sie studierte Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst, war Jahresstipendiatin des Deutschen Literaturfonds und wurde für ihr Werk „Entdecker. Eine Poetik“ mit dem Hauptpreis der Rauriser Literaturtage 2018 ausgezeichnet. Beim Bachmannpreis in Klagenfurt gewann Edelbauer 2018 den Publikumspreis. 2019 wurde ihr der Theodor-Körner-Preis ver- liehen. Ihr Romandebüt „Das flüssige Land“ steht auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis 2019. (Foto: Klett-Cotta)

Mein Roman in drei Sätzen

Meine Protagonistin Ruth kommt nach dem plötzlichen Tod beider Eltern in deren Heimatgemeinde und erfährt dort Seltsames: Die ganze seltsam atavistische Ortschaft steht auf einem gewaltigen Loch, in das diese langsam einsinkt. Nach und nach kommt die Protagonistin hinter Verbrechen, die dort im Nationalsozialismus verübt wurden.

Mein Weg zu Klett-Cotta

Ich hatte eine fähige Agentin, das war der erste Schritt. Inmitten des Bietens verschiedener Verlage bot meine spätere Lektorin – Corinna Kroker von Klett-Cotta – von sich aus an, auf einen Kaffee nach Wien zu fliegen, um mich von ihren Lektoratsvorschlägen zu überzeugen. Da musste ich einfach ja sagen.

Das Verdienst meiner Lektorin

Wie in der vorherigen Frage angedeutet: Erstens, mich an Bord geholt zu haben. Zweitens und wichtigstens – vier strapaziöse Runden Textdurchkämmung, um wirklich das Letzte aus dem Manuskript herauszuholen. Goes without saying: Sie greift mir mit einem Gin Tonic und einer Portion Realismus unter die Arme, wenn die Selbstzweifel wachsen.

Mein Eindruck von Literaturbetrieb und Buchbranche

Unmöglich über einen Kamm zu scheren. Von seltsamen und sicherlich verzichtbaren Trends bis hin zu mutigen Kleinverlagen, die sich jahrzehntelang behaupten. Was gleich bleibt ist die Solidarität zu meinen Kollegen – in unserer Wiener Szene erfahre ich immer wieder unglaubliche Unterstützung und gegenseitiges Mutmachen.

Meine Lieblingsbuchhandlung

Lieblingsbuchhändlerin: Petra Hartlieb in Wien, Lieblingsfachbuchhandlung: Facultas im NIG, Lieblingsentdeckungen: Walter König, Museumsquartier.

Meine Lieblingsautorin

Elfriede Jelinek.

So lese ich

Wesentlich weniger als ich schreibe, und immer erst dann, wenn ich mein Tagwerk beendet habe. Erstens, weil ich Beeinflussung meines Tonfalls fürchte, zweitens, weil ich ganz einfach vorher keine Zeit habe.

Schreiben ist für mich

Schlichtweg alles. Nichts macht mich glücklicher, als der Sprache im Akt des Schreibens nahe zu sein, auch wenn das ein wenig seltsam klingen mag. Manchmal nehme ich mir am Wochenende vor, nur ein Stündchen zu schreiben, und auf einmal sind fünf vergangen.

Wenn ich nicht gerade schreibe

Ich trainiere täglich und trete wochenends bei Ruderwettkämpfen an. Ich bin auch eine dieser schrecklichen Wander-Sport-Flurstreif-Österreicherinnen, die Deutsche oft seltsam finden. Seit einem Jahr habe ich übrigens einen Lehrauftrag an der Universität für Angewandte Kunst, der auch ein wenig Zeit in Anspruch nimmt. Zudem pendle ich zwischen Wien und Tel Aviv, wo meine Freundin lebt.

Warum haben Sie dieses Debüt ins Programm genommen?

In Raphaela Edelbauers Debütroman „Das flüssige Land“ verbindet sich gesellschaftskritischer Anspruch mit hohem Lesegenuss. Die Autorin geht auf äußerst unterhaltsame Weise der systematisierten Geschichtsverdrängung einer österreichischen Kleinstadt auf den Grund und arbeitet präzise heraus, welchen Einfluss die Verwendung unserer Sprache auf das kollektive Vergessen hat. Gerade in einer Zeit, in der die Narrative, auf die sich unsere Gesellschaft verständigt hat, permanent in Frage gestellt werden, ist das eine herausragende Leistung und gleich auf mehreren Ebenen ein ideales Buch für das Literaturprogramm von Klett-Cotta. 

Corinna Kroker, Lektorin

Debütanten im Herbst 2019 – im buchreport.magazin 09/2019

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