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Wie Beschaffungsprofis mit »wildem Einkauf« umgehen sollten

Eigeninitiative der Mitarbeiter wird in den meisten Betrieben gern gesehen. Doch was passiert, wenn Eigeninitiative so weit geht, dass Mitarbeiter auf Rechnung des Unternehmens, aber ohne Zustimmung der Einkaufsabteilung, Betriebsmittel beschaffen? Wie behaupten Einkäufer dann ihre Position?

Das gefürchtete Maverick Buying oder „wilde Kaufverhalten” untergräbt im Prinzip die Autorität der professionellen Einkäufer. Es verunklärt die Beschaffungsprozesse und Zuständigkeiten und verteuert meist den Einkauf. Ungeachtet aller Bekämpfungsmaßnahmen ist kein Unternehmen ganz frei von Maverick Buying, wie Thomas Buddendick vom Digitalisierungs- und Dokumentenmanagement-Dienstleister d.velop im Prozesschannel von buchreport.de zeigt.

Dennoch kann es auch von Vorteil sein, wenn ein Einkaufsmanager in seinem Unternehmen Maverick Buying beobachtet. Denn es weist auf ungedeckten aktuellen Bedarf hin und zeigt Organisationsmängel auf. An beidem kann der Einkauf anschließend arbeiten, um das Maverick Buying auf die unkritische Quote von unter 5% zu drücken.

 

Nur wenn Angestellte möglichen Mehraufwand eines professionellen Einkaufs als sinnvoll erachten und in einen Gesamtkontext einordnen können, werden sie auch interne Vorgaben berücksichtigen.

In der Regel ist es nicht die Aufgabe der Fachbereiche, Lieferanten zu recherchieren, Konditionen zu verhandeln oder Bestellungen auszulösen. Wenn aber ohne Wissen der Einkaufsabteilung Einkäufe getätigt werden, bezeichnet man das als Maverick Buying. Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) und die Boston Consulting Group haben in ihrer Studie „Procurement 2020: Mean, Keen oder Lean?“ herausgefunden: nur ein Viertel aller Unternehmen in Deutschland liegt beim Maverick Buying unter der als kritisch bewerteten Quote von 5% und mehr.

Einkaufsabteilungen können solche Zahlen nicht kaltlassen. Grund genug, Typen, Motive und Folgen von wildem Kaufverhalten genauer zu analysieren und Gegenmittel vorzustellen.

 

Warum Fachabteilungen eigenmächtig beschaffen

Bevor wir den Gründen für Maverick Buying auf den Grund gehen, ist es zum Einstieg hilfreich, einen kurzen Blick auf die verschiedenen Typen von Maverick Buying zu werfen. Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Ausprägungen von wildem Kaufverhalten:

  1. die Beschaffung läuft komplett am Einkauf vorbei
  2. der Einkauf wird zu spät einbezogen
  3. vorliegende Rahmenverträge werden nicht genutzt

Wenn Mitarbeiter, in welcher Form auch immer, die Beschaffung selbst in die Hand nehmen, entstehen für Unternehmen eine Reihe von Problemen und Nachteilen. Doch was motiviert eigentlich Mitarbeiter zu dieser – deplatzierten – Eigeninitiative, die sich manch ein Arbeitgeber in anderen Bereichen so wünschen würde?

Für wildes Kaufverhalten gibt es verschiedenste Gründe. In der Regel ist allerdings den Angestellten nicht in vollem Umfang bewusst, welchen Schaden sie für den Einkauf und damit auch für ihren Arbeitgeber anrichten. Zu den häufigsten Gründen gehören:

  1. Mangelnde Kommunikation, daher Unwissenheit über Prozesse und Rahmenverträge
  2. Fehlendes Vertrauen in die Einkaufsabteilung
  3. Mangelnde Geschwindigkeit des Einkaufs bei dringendem Bedarf
  4. Bevorzugung anderer Hersteller infolge gewachsener Beziehungen
  5. Falsche Einschätzung von Kompetenzen innerhalb des Unternehmens
  6. Fehlende Betrachtung des Gesamtkontextes und der Gesamtkosten

 

Maverick Buying: Beschaffung unter Umgehung der Einkaufsabteilung. Grafik: d.velop AG.

Maverick Buying: Beschaffung unter Umgehung der Einkaufsabteilung (Grafik: d.velop AG)

 

Hat Maverick Buying auch positive Aspekte?

Anhand der Ursachen für Maverick Buying lässt sich bereits erahnen, dass die Bewertung von wildem Kaufverhalten innerhalb eines Unternehmens stark vom jeweiligen Betrachter abhängt:

  • Der Einkauf ist darum bemüht, den Beschaffungsprozess so strukturiert wie möglich zu gestalten.
  • Den Fachbereichen geht es vor allem darum, schnell, flexibel und mitarbeiterfreundlich zu agieren.

Ein gewisses Konflikt- und Diskussionspotenzial ergibt sich zwangsläufig daraus. Völlig neutral betrachtet bringt Maverick Buying die folgenden Vor- und Nachteile für das Unternehmen mit sich:

Vorteile des Maverick Buying

  1. Geschwindigkeit
  2. Individualität und Flexibilität
  3. Nutzung von Sonderangeboten

Nachteile des Maverick Buying

  1. Bläht den Lieferantenstamm auf
  2. Fehlende Kostentransparenz
  3. Höhere Anschaffungskosten
  4. Höhere Wartungskosten
  5. Unabgestimmte Prozesse
  6. Kürzere Garantiezeiten

 

Wie der Einkauf Maverick Buying »mit Gefühl« kontrolliert

Obwohl sich durch Maverick Buying gerade für Angestellte einige Vorteile in der täglichen Arbeit ergeben, überwiegen für Unternehmen insgesamt die Nachteile. Laut Daniel Wiese, Partner bei der Boston Consulting Group, geht es für den Einkauf daher darum, sich eine Rolle als zentrale Schaltstelle im Unternehmen zu erarbeiten und sie durch die konsequente Anwendung aller Beschaffungshebel zu behaupten. Bei den vielen verschiedenen Blickwinkeln auf das Thema ist dies eine herausfordernde Aufgabe. Die Maßnahmen gegen Maverick Buying sind daher mit Bedacht und Fingerspitzengefühl zu wählen.

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Bei Problemen mit Maverick Buying sollte es oberste Priorität des Einkaufs sein, Transparenz und Klarheit über die Tätigkeiten des Einkaufs zu schaffen. Nur wenn Angestellte möglichen Mehraufwand eines professionellen Einkaufs als sinnvoll erachten und in einen Gesamtkontext einordnen können, werden sie auch interne Vorgaben berücksichtigen – hier ist vor allem Aufklärungsarbeit gefordert.

Gleichzeitig sollten die Verantwortlichkeiten innerhalb des Unternehmens klar definiert und kommuniziert werden. Bei aller Offenheit darf nicht vergessen werden, den Einkauf unmissverständlich als die allein zuständige Anlaufstelle für alle Beschaffungsvorgänge zu positionieren. Zuletzt geht es aber vor allem darum, Beschaffungsprozesse auch technisch so einfach wie möglich zu gestalten – und das geht am besten digital.

 

Mit Beschaffungsdigitalisierung zu einer Maverick-Buying-Quote von unter 5%

Ein Beschaffungs- oder auch Purchase-to-Pay-Prozess besteht klassischerweise aus fünf analogen Einzelschritten, die wiederum in weitere Teilprozesse aufgegliedert werden können:

  1. Beschaffungsantrag
  2. Bestellung
  3. Wareneingang
  4. Rechnung
  5. Bezahlvorgang

Wenn dieser Prozess analog abläuft und nicht in seiner Gesamtheit betrachtet wird, entstehen an den jeweiligen Schnittstellen Stolperfallen für Unternehmen. Mit dem wilden Kaufverhalten haben wir in diesem Artikel bereits genau eine dieser Stolperfallen beleuchtet. Laut der „Procurement 2020“-Studie hat die Digitalisierung des Purchase to Pay-Prozesses daher höchste Priorität in Deutschland. Knapp 70% der Unternehmen erhoffen sich von Digitalisierung und stärkerer Automatisierung Chancen auf Effizienzsteigerungen entlang des gesamten Einkaufsprozesses. In diesem Zusammenhang wird auch von Einkauf 4.0 gesprochen. Zudem sehen über 60% großes Potenzial für digitale Lösungen in der Zusammenarbeit mit Lieferanten.

Um Beschaffungsprozesse durchgängig zu gestalten, braucht es Lösungen, die die einzelnen Schritte digital miteinander verbinden. Vom Beschaffungsantrag über die Lieferscheinerfassung und die Eingangsrechnungsverarbeitung bis hin zur digitalen Akte. Die Digitalisierung von papiergebundenen Prozessen in Unternehmen stellt dabei einen sinnvollen ersten Schritt auf dem Weg zum komplett digitalisierten Purchase-to-Pay-Prozess dar.

Mit freundlicher Genehmigung der d.velop AG

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