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Postskriptum: Bayerische Willenskraft

Der menschliche Wille kann bekanntlich wahre Wunder vollbringen. Gewarnt sei allerdings vor Willenskraftproben wie derjenigen, die der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sich für den politischen Aschermittwoch in Passau vorgenommen hatte. „Ich trinke das, was die Bedienung mir bringt“, erklärte Seehofer vor der Veranstaltung. „Ich bin selbst gespannt, was sie mir zutraut.“ Ganz schön mutig: Der Sieg der Willenskraft wird auf diese Weise nicht nur zu einer Frage der richtigen Einstellung, sondern sozusagen auch der richtigen Hinstellung.  

Aschermittwoch: Antik

Apropos Aschermittwoch: Alle traurigen Narren mag ein Zitat des Philosophen Seneca (1 bis 65 n. Chr.) über das Ende der Karnevalszeit hinwegtrösten: „Niemand kann auf Dauer eine Maske tragen.“ Der Wert dieser Erkenntnis wird nur unwesentlich dadurch geschmälert, dass man sich den großen Stoiker zugegebenermaßen nur schwer schunkelnd, Kamelle schmeißend und „Helau“ grölend auf einem Karnevalsumzug vorstellen kann.

Fischer: Frankfurterisch

Eine besonders hübsche Bemerkung hat vergangene Woche Mathias Schreiber auf „Spiegel Online“ zur Diskussion über den Suhrkamp-Umzug nach Berlin beigesteuert: „Was viele in diesen hitzigen Symbol-Debatten vergessen: Suhrkamp bleibt ja gewissermaßen in Frankfurt am Main. Jener Verlag immerhin, den Peter Suhrkamp 14 Jahre, von 1936 bis 1950 geführt hat, wenn auch ironischerweise damals in Berlin – S. Fischer. Das Haus, in dem Thomas Mann, Carlos Ruiz Zafón, Julia Franck, aber auch ein Held der ,Frankfurter Schule‘, Max Horkheimer, verlegt werden, hat nicht vor, nach Berlin abzuwandern. S. Fischer braucht auch keine Staatsknete als Umzugshilfe, denn der Verlag ist sehr erfolgreich – nicht nur finanziell. Und das in Frankfurt, Frau Unseld-Berkéwicz!“

Darwin: Dogmatisch

Eine Umfrage unter 1200 angehenden Biologielehrern hat ergeben, dass jeder achte von ihnen an der Evolutionstheorie von Charles Darwin zweifelt. Die Zweifler hätten wohl ein „naives Wissenschaftsbild“, kritisiert der Dortmunder Biologe Dittmar Graf. Wissenschaft sei für sie „doch auch nur dogmatisch“. Hübscher Kommentar dazu (gefunden in der „WAZ“): „Der Ansatz ist löblich – denn dogmatisch ist nie gut: Hätte sich Noah damals beispielsweise nicht so sklavisch an die Baumaße gehalten, hätten die Dinosaurier auch noch Platz auf der Arche gefunden…“

Erhardt: Enthaltsam

Zum Schluss eine kleine Nachbetrachtung zum 100. Geburtstag von Heinz Erhardt. Er dichtete treffend: „In nur vier Zeilen was zu sagen,  /  erscheint zwar leicht, doch es ist schwer! / Man braucht ja nur mal nachzuschlagen: / Die meisten Dichter brauchten mehr…“ Für sein – meiner Meinung nach – schönstes Gedicht brauchte der große Komödiant sogar nur zwei Zeilen: „Auf einem Baume saß ein Specht. / Der Baum war hoch. Dem Specht war schlecht.“

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