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Markus Wilhelm: Der Einkauf sitzt am Gewinnhebel

Markus Wilhelm: Der Einkauf sitzt am Gewinnhebel

Die Verlagsbranche muss aktuell einen gewaltigen Spagat meistern: Neue Herausforderungen durch digitale Produkte und Veränderungen bei gedruckten Produkten stehen einem enormen Wettbewerbsdruck gegenüber. Gewinnen werden dabei diejenigen Verlage, die in der Lage sind, Kosten und Zeit zu sparen, um Produkte schnell und günstig auf den Markt zu bringen – der strategische Einkauf wird mit einer überproportionalen Gewinnsteigerung belohnt.

Hinter dieser Philosophie steht eine einfache Rechnung: Eine Senkung der Einkaufskosten um nur drei Prozent leistet den gleichen Gewinnbeitrag wie eine Umsatzsteigerung von etwa 15 Prozent. Fragt sich, warum so viele Verlage diesen effizienten Gewinnhebel noch nicht betätigen wollen und der Einkauf immer noch nicht genügend zur Chefsache gemacht worden ist. Immerhin geben Verlage heute durchschnittlich 20% ihrer Umsätze für den Einkauf von Waren und Dienstleistungen aus – eine Größenordnung, von der man denken könnte, dass sie überzeugend genug ist, um über das Potenzial dieser Stellschraube nachzudenken. Und das ist in der Tat beeindruckend: Mit einem strategischen Einkauf von vertriebsfähigen Produkten lassen sich enorm Kosten sparen, Innovationen schnell und effizient auf den Markt bringen, Prozess- und Personalkosten positiv beeinflussen. Wer mit Hilfe der richtigen Dienstleister und Partner effiziente Beschaffungsprozesse nutzt, kann viel Zeit sparen und hat so den Gewinnhebel schon in der Hand.

Genau wie sich die Herausforderungen für Verlage in den letzten Jahren geändert haben, gilt es dabei aber auch Einkauf und Beschaffung weiterzuentwickeln. Denn auf dem Weg zu mehr Rendite gibt es auch in diesem Bereich Stolpersteine, die ausgeräumt werden sollten:

  • Strategisch statt operativ einkaufen:
 Die meisten Verlage handeln heute beim Einkauf von Waren und Dienstleistungen immer noch viel zu operativ und sind mit hemmenden Routinetätigkeiten wie Auftragserteilung, Terminverfolgung und Reklamationsabwicklung beschäftigt. Gewinnbringend wird der Einkauf, wenn er stattdessen Zeit in Verhandlungen, Lieferantenmanagement und effiziente Kosten-, Prozess- und Logistikoptimierung investiert.
  • „Wildes Einkaufen“ birgt Gefahr:
Gerade bei neuen, digitalen Produktformen beschaffen die Fachabteilungen häufig selbst E-Books , Apps oder Software, ohne geregelte Einkaufsstrukturen zu beachten. Dieses „Maverick Buying“ kennt man aus allen Branchen, inzwischen auch in der Verlagswelt. Nur ein funktionierender Prozess, der Verhandlung, Gesamtüberblick und Reporting einbezieht, liefert eine stabile und dauerhafte Basis für effiziente Beschaffung.
  • Ineffiziente Beschaffungsprozesse verbessern:
 Wem es gelingt, mit Rahmenverträgen, optimierten Verhandlungen und Konditionsvereinbarungen wichtige, auch internationale Dienstleister und Partner an sich zu binden, kann enorme Prozess- und Personalkosten sparen.
  • Neue Beschaffungsmärkte entdecken:
Bisher machen sich die meisten Verlage noch viel zu wenig Gedanken um neue Beschaffungsmärkte. Doch gerade die Beschaffungsmarktanalyse ist eine Aufgabe, die sich einem strategischen Einkaufsmanagement stellt. Wer informiert ist, wo sich neue digitale Produkte oder veränderte Printprodukte am besten, schnellsten und günstigsten beschaffen lassen, gewinnt einen unschlagbaren Vorsprung im Wettbewerb.
  • Controlling nicht vergessen:
 Geradezu stiefmütterlich wird oft noch das Beschaffungscontrolling behandelt. Ungenaue oder fehlende Kennzahlen verhindern, dass die Effizienz des Einkaufs messbar gemacht werden kann. Umso wichtiger also ist es, von Basiskennzahlen über wertbezogene Kennzahlen, Lieferanten und Markt bis hin zu Prozesskennzahlen und mitarbeiterbezogenen Kennzahlen Daten über den Erfolg des Beschaffungsmanagements zu analysieren.

Die Chancen auf Wettbewerbsvorteile durch reduzierte Beschaffungskosten und die gezielte Entwicklung von machbaren wie bezahlbaren Innovationen sind groß. Viele Verlage nutzen ihre Potenziale in dieser Hinsicht viel zu wenig. Egal ob sie Vorstufen- oder Druckleistungen, E-Books, Apps oder Lizenzen einkaufen: Hier ist noch viel Luft für mehr Erfolg.

Markus Wilhelm (42) ist geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens Hofner und Wilhelm Publisher Consultants (München). Wilhelm hat Kommunikationstechnologie (Druck) studiert und war in leitenden Positionen in den Bereichen Herstellung, Einkauf und Produkt­entwicklung beim Bildungsverlag Eins, Prestel und dem Ravensburger Buchverlag sowie beim Dienstleister Kaltner Verlagsmedien.  

Dies ist die Kurzfassung eines Beitrags, der im buchreport.magazin Juli/2013 erschienen ist (hier zu bestellen).

Kommentare

3 Kommentare zu "Markus Wilhelm: Der Einkauf sitzt am Gewinnhebel"

  1. Was meint der Herr Berater eigentlich mit den ach so allgemein gehaltenen „Beschaffungskosten“? Geht es wirklich um die Produktionskosten? Bei wachsendem Ebook-Anteil doch wohl eher nicht. Oder geht es gar ums Autorenhonorar? In Zeiten prosperierenden Selfpblishings möglicherweise ein Knieschuss.

  2. Es ist mittlerweile sehr kompliziert geworden und wenn man sich beim Einkauf nicht anstrengt, beißt man schon bald ins unternehmerische Gras. Es ist aber trotzdem machbar, erfordert aber massig Arbeit und Mühe.
    http://stylexa.de/

  3. Eines hat der schlaue Herr allerdings vergessen. Wenn es im Verlag (Medienunternehmen) kein professionelles Personal für die Auftragsvergabe gibt, zu Dumpingpreisen schlechte Vorleistungen für die Produktion (Manuskript, Satz, +++) eingekauft werden und dann alles auf den Dienstleister abgewälzt wird, möglichst auch zum Dumpingpreis, dann schlägt sich das Medienunternehmen jene Äste kaputt, an denen deren Früchte wachsen sollen: Satzstudios, Softwaredienstleister, Drucker/Buchbinder.

    Geiz ist geil – versperrt uns die Zukunft.
    Ressourcen optimal einsetzen – sollte zum Zeitgeist werden.

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