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Manuela Hantschel: »Vorlesen allein reicht nicht aus«

Manuela Hantschel (Foto: Milena Schlosser)

650.000 Teilnehmer haben dem Bundesweiten Vorlesetag Mitte November alle Ehre gemacht. Der seit 2004 von der Stiftung Lesen veranstaltete Aktionstag, an dem Ehrenamtliche und eine Reihe Prominenter in verschiedenen Einrichtungen Kindern vorlesen, wurde in diesem Jahr von einem großen Medienecho begleitet. Unabhängig von solchen Leuchtturmprojekten braucht es ein besseres Gesamtkonzept für die Leseförderung, findet Manuela Hantschel, Vorsitzende des Bundesverbands Leseförderung (BVL).

 

Welche Wirkung kann ein Vorlesetag entfalten?

Solche Aktionen sind unheimlich wichtig, weil sie Impulse geben und dazu motivieren, sich mit der Wirkung des Vorlesens auseinanderzusetzen. Im Idealfall erleben auch involvierte Pädagogen und Eltern, wie wichtig dieses Thema und wie groß das Interesse der Kinder an Geschichten und am Lesen ist.

Allerdings ist der konkrete Nutzen eher gering, denn die Veranstaltungen am Vorlesetag sind natürlich nicht nachhaltig. Die Zeitungen sind an diesem Tag voll davon, aber die Wirkung verpufft letztlich. Durch eine einzelne inszenierte Vorlesestunde werden Kinder nicht zu begeisterten und kompetenten Lesern. Um ein stabiles Leseverhalten zu entwickeln, braucht es gezielte und langfristige Maßnahmen. Diese schaffen es nur leider kaum in die Zeitung und werden auch nicht finanziell gefördert.

Was macht effektive Leseförderung aus?

In der öffentlichen Wahrnehmung scheint es meist so, als wäre ausschließlich Vorlesen der Schlüssel zur gelungenen Lese­sozialisation. Dabei reicht Vorlesen allein bei Weitem nicht aus. Es braucht Vermittlungsmodelle, mit denen vertiefende Zugänge zur Literatur geschaffen werden.

Das haben viele Kinderbuchverlage glücklicherweise verstanden. Fast alle beschäftigen sich inzwischen auch mit der Frage, wie sich mit ihren Büchern konkret arbeiten lässt. Diese positive Entwicklung führt aber zu keiner Verbesserung der Lage, solange die Pädagogen in den Kindergärten und Schulen keine Fortbildungen dazu besuchen müssen. Daher ist es unerlässlich, dass Gelder für qualifizierte Leseförderung bereit gestellt werden.

Was wollen Sie konkret mit Ihrem Aufschlag zum „Lesepakt“ erreichen?

Die „Hamburger Erklärung“ von Kirsten Boie hat im vergangenen Jahr bereits für einigen Wirbel gesorgt. Die kollektive Empörung über den Status quo war ein wichtiger erster Schritt – über den wir leider bisher nicht hinausgekommen sind. Daher wollen wir jetzt eine Bestandsaufnahme machen, alle Felder der Leseförderung identifizieren und all ihre Akteure zusammenbringen. Danach lautet das gemeinsame Ziel, ein strategisches Papier zu formulieren und konkrete Forderungen zu stellen, zum Beispiel die Ausbildung und Ernennung von Beauftragten für Leseförderung sowie verpflichtende Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte.

 

»Lesenslänglich. Lesen – Lernen – Können: Von Anfang an und überall«

Vom 3. bis zum 5. Juli 2020 findet im Wilhelm-Kempf-Haus in Wiesbaden-Naurod die 3. BVL-Fachtagung statt. Die Fachtagung „Lesenslänglich“ setzt vielfältige Impulse zur Auseinandersetzung mit der Bedeutung qualifizierter Leseförderung und stellt die Potenziale wirksamer Vermittlungsmethoden vor. Sie bietet Fachvorträge, Workshops und Lesungen für alle in der Leseförderung Tätigen.
Infos, Programm und Anmeldung ab Januar 2020 auf der Website bundesverband-lesefoerderung.de.

Kommentare

1 Kommentar zu "Manuela Hantschel: »Vorlesen allein reicht nicht aus«"

  1. Wir begrüßen Ihre Unterstützung für den Nationalen Lesepakt sehr – denn Bildung fängt mit Lesen an.

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