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Junge Nutzer wenden sich von sozialen Medien ab

Die Wirtschaft der sozialen Medien ist überlebensstark und kreativ. Neue Angebote wie Snapchat können schnell zu riesigen Communitys werden. Facebook hat Skandale wie den um Cambridge Analytica und um Manipulationsversuche der amerikanischen Präsidentschaftswahlen überstanden. Nun steht den Netzwerken vielleicht ihre größte Bewährungsprobe bevor: Ausgerechnet die nachwachsende Generation könnte das Interesse verlieren.

Mehrere Umfragen der englischen Marktforschungsgesellschaft Ampere Analysis zwischen 2016 und 2018 unter 9.000 Internetnutzern zeigen, dass Menschen im Alter von 18 bis 24 Jahren ihre Einstellung zu Social Media in diesem Zeitraum verändert haben. Während 2016 noch 66% dieser demographischen Gruppe der Aussage „Social Media sind wichtig für mich“ zustimmten, schrumpfte dieser Anteil bis 2018 auf 57%.

In den USA hat besonders das Interesse an Facebook nachgelassen: Die Investmentbank Piper Jaffray hat herausgefunden, dass nur noch 36% der US-amerikanischen Jugendlichen mindestens einmal im Monat Facebook nutzen, vor mehr als vier Jahren lag die monatliche Nutzung noch mehr als doppelt soch hoch. In der Gunst der Teenager ist Facebook hinter Instagram, Snapchat und Twitter zurückgefallen.

Noch zeigen die weltweiten Facebook-Nutzungszahlen, über die Medienbeobachter wie zum Beispiel das Blog „Allfacebook“ berichten, nicht nach unten. Offizielle Vertreter der Anbieter haben sich dazu noch nicht öffentlich geäußert. Vielleicht kompensiert das Wachstum der Beliebtheit sozialer Medien bei der mittleren Generation noch die Abwanderung der Generation Z – also der zwischen 1995 und 2005 Geborenen.

Aber die Tendenz ist bedrohlich, denn, so Lesley Bielby, Chefstrategin bei der US-Marketingfirma Hill Holliday, „sobald jüngere Vertreter der Generation Z dieses Verhalten bei ihren älteren Geschwistern und Freunden bemerken, werden auch sie anfangen, ihre Nutzung von Social Media einzuschränken.“ Und so schnell der Aufstieg der Angebote dank der Schneeballeffekte auch vonstattengeht, so schnell befördern inverse Netzwerkeffekte – also der Sog des Exodus – sie wieder in den Keller. Das zeigen die Beispiele ICQ, StudiVZ oder Myspace aus der ersten Social-Media-Generation.

Wie Umfragen und Forschung zeigen, gibt es für die neue Haltung der Jugend mehrere Motive:

  • kritische Distanzierung
  • persönliche Enttäuschung

63% der britischen Schulkinder gaben im Jahr 2017 an, dass sie glücklicher wären, wenn Social Media nie erfunden worden wären. Auch Hill Holliday stellte fest, dass die Liebe der Generation Z zu Facebook & Co. „signifikante Risse zu zeigen“ beginnt, wie Bielby es ausdrückt. Sie erwartet einen deutlichen Anstieg der Zahl jüngerer Menschen, die ihre Accounts verwaisen lassen oder ihren Konsum erheblich reduzieren – trotz des „süchtig“ machenden technischen Zuschnitts der Angebote.

Die Medienbranche hat gelernt, die sozialen Medien als Konkurrenten um die mediale Aufmerksamkeit der jüngeren Leser zu beargwöhnen. Aber ein tatsächlicher Exodus würde einen Kanal gefährden, auf dem sie ihre Kommunikationsbotschaften an diese Zielgruppe absenden kann. Und ob wieder zum Buch greift, wer Facebook satt hat, dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte.

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