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Jörg Robbert: Forderungen zu den Buchtagen

Jörg Robbert: Forderungen zu den Buchtagen

Die Buchhandelslandschaft in Deutschland ist weltweit einzigartig und erhaltenswert. Verleger Stefan Weidle, Vorstandsvorsitzender der Kurt-Wolff-Stiftung schlägt deshalb nach dem Vorbild der Programmkinos Förderungen für Buchhandlungen vor und findet in Jürgen Trittin prominente Unterstützung. Buchhandlungen sind kulturelle Treffpunkte, Orte der Begegnung und Kommunikation.

88% der Buchhandlungen in Deutschland liegen zwar unter 1 Mio Umsatz, mit InhaberInnen aber, die extrem viel gesellschaftliches und kulturelles Engagement zeigen und Freude an ihrem Beruf ausstrahlen. Mit zig-tausenden von Lesungen jährlich unterstützt der Buchhandel den Vertrieb der Verlage. In der Regel beteiligen sich die Verlage nicht an den Kosten der Lesungen, die in den meisten Fällen auch nicht kostendeckend sind und für die Buchhandlungen ein Zuschussgeschäft sind. Warum also keine Förderung für Buchhandlungen, warum ist die Resonanz auf diesen Vorschlag so verhalten?

Ranga Yogeshwar tritt für bessere politische Rahmenbedingung zum Erhalt diese kulturellen Ökosystems ein und sagt: „Es geht nicht um Markt sondern um Kultur, die wir aus diesen rein ökonomische Kategorien herauslösen müssen.“ Die Gegenmeinung, dass „Buchhändler nicht schützenswerter sind als alle anderen Marktteilnehmer auch“, vertritt ausgerechnet unser Vorsteher Herr Honnefelder auf einer Veranstaltung der CDU am 8.5.2013.

Schade auch. Sieht so die Lobby-Arbeit aus, für die wir ein Büro in Berlin samt vier Mitarbeitern finanzieren? Mir scheint, dass der Buchhandel mehr Lobby-Arbeit innerhalb unseres Verbandes braucht.

Die Konditionenstruktur, die sich zwischen den Sparten über die Jahre entwickelt hat, macht dem größten Teil des kleineren und teilweise mittleren Buchhandels ein wirtschaftlich sinnvolles Arbeiten nicht möglich.

Das belegen die Zahlen des Kölner Betriebsvergleichs, die bei Jahr für Jahr steigenden Gesamtkosten negative Betriebsergebnisse konstatieren:

  • -6,3% bei Buchhandlungen bis 250.000 Euro Umsatz jährlich
  • -1,1 bei Buchhandlungen bis 500.000 Euro,
  • bis 1 Mio Euro Umsatz lediglich 0,4%!

Der Kostenanteil liegt zwischen 34,1% und 31,1%. Zum Vergleich: Eine Stadtteilapotheke mit 1 Mio Umsatz erwirtschaftet bei geringeren Margen von nur 25%, allerdings deutlich geringeren Kosten, einen Gewinn von rund 7% vom Umsatz.

Da Bücher bekanntlich der Preisbindung unterliegen, sind die Möglichkeiten des Buchhandels auf steigende Kosten zu reagieren, äußerst gering. Verlage und Zwischenbuchhändler haben weit mehr Möglichkeiten, auf steigende Kosten zu reagieren – und sie tun das auch, z.B. über die Stoppgebühr.

Der Buchhandel kann steigende Kosten nicht weitergeben. In der Regel ist das Einsparpotential in kleinen Buchhandlungen ausgereizt, selten sind Personalkosten noch zu reduzieren, also gehen steigende Kosten immer zu Lasten:

  • des Gewinns,
  • der Arbeitsbelastung des Inhabers,
  • der Altersvorsorge,
  • der Gesundheit,
  • der Arbeitsqualität,
  • der Innovationsfähigkeit.

Deshalb hatte ich schon 2011 gefordert, dass die Branche als Gesamtes ihrer Verantwortung für die ökonomische Situation des Buchhandels gerecht werden muss.

Meine Forderungen von damals:

  • versandkostenfreie Belieferung
  • Reduzierung der Mitgliedsbeiträge um 50% für Firmen bis 1 Mio Euro Jahrensumsatz
  • Senkung der VLB-Gebühren
  • Ein Buchhändler in den Aufsichtsrat der BBG

Vor diesem Hintergrund wurde auf den letzten Buchtagen der Antrag nach Änderung der Verkehrsordnung gestellt, in der bekanntlich festgelegt ist, dass der Buchhändler die Kosten des Buchtransports zu tragen hat. (In vielen anderen Branchen des Einzelhandels erfolgt die Lieferung ab einem bestimmten Umsatzvolumen frei Haus, wie z.B. bei Spielwaren, Geschenkartikeln, Papeterie)

Die AG PRO (Prozesse, Rationalisierung und Organisation) empfiehlt nun, den Antrag nach Übernehmen der Versandkosten durch die Verlage abzulehnen. Warum, das hat ein Vertreter der Verlage in der Diskussion der AG Pro auf der Sitzung auf den Punkt gebracht: Wenn die Verlage die Versandkosten übernehmen, dann aber nicht mehr mit dem Bücherwagen. Der ist zu teuer! Barsortiment ohne Bücherwagen aber rechne sich nicht, argumentieren die Vertreter der Barsortimente. Folglich müsse alles so bleiben wie es ist.

Heißt aber doch im Umkehrschluss: Der Buchhandel übernimmt Verantwortung für das Geschäftsmodell der Barsortimente und subventioniert sie, indem der teurere Transportweg bezahlt wird. Gerne entlastet der Buchhandel die Verlage von den Transportkosten. Wie sagte Herr Honnefelder so schön: „Der Masse der Buchhandlungen geht es schlecht, das hat aber vor allem einen Grund, das über Jahre und Jahrzehnte solche Buchhändler aus großem Idealismus her ein Geschäft geführt haben, was ökonomisch das Ganze nicht durchsteht wenn es eng wird.“ (Mitschnitt CDU Soiree 8. Mai 2013)

Wer glaubte, dass die seit Jahren (Jahrzehnten) andauernde Diskussion über zu hohe VLB-Gebühren für das Sortiment mit dem Riethmüller-Antrag von den vergangenen Buchtagen nun endlich zu einem Ergebnis im Sinne des Sortiments geführt hätte, sieht sich getäuscht. In dem Antrag heißt es zwar, „die Gebühren für die Nutzung der VLB-Daten durch den Sortimentsbuchhandel so zu gestalten, dass der Preis als Hinderungsgrund für die Nutzung entfällt“, an den VLB-Gebühren für den Handel hat sich aber nichts geändert.

Günstiger geworden ist lediglich die Einbindung der VLB-Daten in einen eigenen Online-Shop.  Den betreiben aber die wenigsten Buchhändler. Wem nutzt das also? Nun, auf jeden Fall schon mal dem Antragsteller, denn Osiander bekommt seine Daten nun wahrscheinlich günstiger als vorher.

Im Zuge der Entwicklung einer „Metadatenbank“ soll das VLB bis zum Herbst auch in die Barsortimentskataloge integriert werden. Wenn aber die Barsortimente mit viel Aufwand VLB-Daten in ihre Kataloge aufnehmen, die Buchhandlungen diese Möglichkeit nicht nutzen können/wollen, weil Gebühren für die Online-Katalogdaten, plus ein normales VLB-Abo anfallen, wird das Ganze kontraproduktiv. Die Forderung nach einer deutlichen Senkung der VLB –Gebühren für den Handel bleibt also auf der Tagesordnung.

Zur Rolle der MVB:

Nicht zuletzt bei dem verhinderten Netto-Deal haben Buchhändler die Erfahrung gemacht, dass die Interessen der MVB sich nicht mit denen des Buchhandles decken. Deshalb ist seit einiger Zeit die Forderung nach einem Vertreter des Buchhandels im Aufsichtsrat der BBG, der die Aktivitäten der MVB kontrollieren soll, virulent.

Im Aufsichtsrat der BBG sind von Verbandsseite aus der Vorsteher und Schatzmeister vertreten sowie ein Vertreter der Landesverbände. Die Aufgabe eines Aufsichtsrats ist es eigentlich, die Geschäftsführung der BBG zu überwachen. Beim Börsenverein ist aber ein sich selbst überwachendes Gremium von berlusconischem Zuschnitt entstanden: Die Vorstandsmitglieder Horbach (Schatzmeister) und Honnefelder (Vorsteher) kontrollieren ihren Hauptgeschäftsführer in seiner Rolle als Mitglied der BBG Geschäftsführung. Könnt diese Struktur ein Grund dafür sein, dass seit mehr als 13 Jahren über die zu hohen VLB-Kosten für das Sortiment geredet wird, ohne dass sich  etwas ändert? Weil Vorsteher und Schatzmeister das gleiche Interesse haben!

Mit den Millionen-Einnahmen aus dem VLB wird zu einem nicht unerheblichen Teil der Börsenvereinsapparat mitfinanziert.

Und um den aufrecht zu erhalten, fehlt Geld. Deshalb stellt der Vorstand auf den Buchtagen den Antrag, die Mitgliedsbeiträge im zweistelligen Prozentbereich zu erhöhen. Ich bleibe bei meiner Forderung nach weniger Beiträgen.

Wir können uns eben nur soviel Verband leisten, wie wir auch bezahlen können.

D.h. keine Beitragserhöhungen, statt dessen eine Verbandsreform! Stellen wir die Frage wie auf dem Buchcamp: „Wie müsste ein Börsenverein aussehen, wenn man ihn heute gründen würde?“ Mein Vorschlag: Weniger Verwaltung, weniger Apparat, mehr Transparenz, mehr direkte Demokratie und Beitragsstaffeln, die der ökonomischen Realität des Buchhandels Rechnung tragen.

Die Zeit drängt

Wenn es irgendwann die Buchhandelslandschaft, so wie wir sie jetzt kennen, nicht mehr gibt, müssen wir die Schuld nicht nur bei Amazon oder den Ketten suchen. Sondern auch bei uns selbst, bei unserer dreispartigen Unfähigkeit Dinge in Frage zu stellen und Strukturen zu verändern. Meine Forderungen von 2011 bleiben aktuell.

Jörg Robbert ist Inhaber der Buchhandlung am Bebelplatz in Kassel

Kommentare

14 Kommentare zu "Jörg Robbert: Forderungen zu den Buchtagen"

  1. Lieber Herr Robbert,

    so nachvollziehbar und sympathisch ich Ihren Aufruf finde, so schwer fällt es mir, den genannten Punkten zuzustimmen.

    Dass die Buchhandelslandschaft in Deutschland einzigartig ist, sehe ich wie Sie und Herr Weidle, sie ist deshalb aber nicht per se erhaltenswert – an der Stelle hat Herr Honnefelder leider absolut recht.

    Letztendlich sind wir als Gewerbetreibende – ganz gleich ob in der Form von Verlagen oder Buchhandlungen – Organe der Gesellschaft, welche dieser Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung stellen, die diese wünscht bzw. honoriert.

    Besteht keine Nachfrage nach unseren Produkten oder Dienstleistungen, so kann man daraus meines Erachtens nur zwei Schlüsse ziehen:

    Entweder besteht ganz generell keine (bzw. zu geringe) Nachfrage oder aber wir können eine bestehende Nachfrage nicht adäquat befriedigen.

    Angesichts der Umsatzvolumina von Amazon & Co. unterstelle ich, dass zweiteres der Fall ist, wir eine bestehende Nachfrage also nicht adäquat befriedigen können, sodass der im wahrsten Sinne des Wortes »konservative« Ansatz eines Erhalten-Wollens das Problem eher verschlimmern als verbessern dürfte.

    Die einzige Weg, der eine Chance auf Erfolg hat, muss daher auf Veränderung, mithin auf Innovation, auf neue wirtschaftliche und damit auch kulturelle Möglichkeiten setzen.

    Sie haben sicherlich recht damit, dass Buchhandlungen kulturelle Treffpunkte, Orte der Begegnung und Kommunikation sein sollten (ich wähle hier bewusst den Konjunktiv, genauer gesagt den Optativ), nur dass die Realität anders aussieht, was weder die Schuld der Buchhändler, noch die Schuld von Amazon, sondern ein gesellschaftliches Phänomen ist:

    Kommunikation kann nur dort stattfinden, wo sich Menschen auch tatsächlich begegnen und miteinander austauschen können. Unsere Kunden gehen heute aber eben nicht mehr in den Laden, um sich auszutauschen – die gehen online bzw. sind mit ihren Smartphones und tablets mobil unterwegs.

    Einen wahren Ort der Begegnung für Bücherfreunde – goodreads – hat sich Amazon eben erst einverleibt. Und die Webshops in der deutschen Buchhandelslandschaft sind in etwa so kommunikationsfördernd wie eine Rolle Isolierband um den Kopf einer Geisel. Von den digitalen Angeboten ganz zu schweigen.

    Amazon sich die Frage »Wo befindet sich unser Kunde?« also nicht nur gestellt, sondern auch beantwortet und handelt entsprechend konsequent.

    Amazon scheint sich aber auch eine andere Frage gestellt und beantwortet zu haben, nämlich »Wofür bezahlt uns unser Kunde?«, wobei es einen eklatanten Wettbewerbsnachteil in eine Chance verwandelt hat:

    Gerade bei Büchern kauft man die Katze ja nur ungern im Sack, was anfänglich ein großes Problem für Amazon war, da man ja nicht einfach ins Lager spazieren und in die Bücher hineinlesen konnte. Wie aber soll man als Kunde herausfinden, ob der Inhalt eines Buches auch den Erwartungen entspricht?

    Amazon hat das Problem durch Leseproben in Form von PDFs gelöst, später noch verbessert durch die „search inside“-Funktion. Und dann haben sie sich in einem lichten Moment die richtige Frage gestellt; Wofür bezahlt uns der Kunde eigentlich? Für das Trägermedium oder für den Inhalt? Die Antwort sollte inzwischen klar sein.

    Und auch wirtschaftlich hat das digitale Modell eine Reihe von Vorzügen, da eine praktisch unbegrenzte Verfügbarkeit mit deutlich niedrigeren Kosten für die logistische Abwicklung einher geht – und das bei praktisch null Waren- bzw. Absatzrisiko.

    Dagegen haben die deutschen Anbieter noch nicht einmal eine durchgängige Leseprobenabdeckung zu bieten, geschweige denn, dass die Leseproben über die Website leicht zugänglich wären.

    Und noch ein Wort zur viel diskutierten Metadatenbank:

    Die Investitionen und Bemühungen können wir uns sparen, da sie leider nirgends hinführen werden. Eine Datenbank ohne entsprechende „Frontends“ in Form von attraktiven Shops, die eine tatsächliche Kommunikation mit sowie unter Kunden ermöglicht ist nicht nur ein zahnloser Tiger, sondern eine Totgeburt.

    Noch dazu bringt es uns nichts, dort sämtliche „lieferbaren“ Titel lückenlos abgebildet zu haben, da es mir als Kunden völlig egal ist, ob ein Titel nun lieferbar, vergriffen, rechtsfrei oder verwaist ist – ich will das Buch haben. Und wenn ich es an der einen Stelle nicht bekomme, gehe ich dorthin, wo ich es aller Wahrscheinlichkeit nach auch bekomme: bei Amazon.

    Die bittere Ironie an der Sache aber ist, dass nicht etwa Amazon den Titel lieferbar hätte, sondern einer der angeschlossenen Händler am Marketplace. Amazon selbst ist also noch nicht einmal Händler, sondern stellt lediglich die Infrastruktur für andere Händler zur Verfügung. Und nicht umsonst hat Amazon abebooks gekauft, denen wiederum das ZVAB gehört.

    Wer also meint, er könne alternativ über das ZVAB einkaufen, kauft mit einer perversen Logik letztendlich doch nur wieder über Amazon, nur dass er von einer andere Seite (bzw. Website) her kommt.

    Letzten Endes kann ich Ihnen, lieber Herr Robbert, in Ihrer Forderung nach strukturellen Reformen nur zustimmen, wenngleich wir meines Erachtens noch viel radikaler (im Sinne von »von der Wurzel her«) denken müssen, und zwar in Form einer Restrukturierung der gesamten Branche, die durch neue Geschäftsmodelle den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung trägt.

    Insbesondere benötigen wir eine gemeinsame Infrastruktur für den Massenmarkt, die es einem jeden Teilnehmer ermöglicht, seine individuellen Stärken voll auszuspielen.

    Mehr zum Thema unter http://www.log-os.info

  2. Sehr guter Artikel von Herrn Robbert: kenntnisreich, konstruktiv, kritisch – aber nicht polemisch. Und mutig! Können wir nur absolut unterstützen.

  3. Jörg Robbert hat den berühmten „Nagel auf den Kopf getroffen „. Er spricht vielen Sortimentern aus der Seele. Doch leider können viele dieser Sortimenter nicht in Berlin sein. Die Gründe sind sehr meistens die Kosten ( ob Personalkosten, Reisekosten etc.). Doch ich hoffe , dass er reichlich Unterstützung bekommt.

  4. Im deutschen Buchhandel besteht genau eines: eine massive Schieflage in der Selbstwahrnehmung und der Einschätzung der eigenen Bedeutung.
    Die Überzeugung, ein kultureller Pfeiler der Gesellschaft zu sein, ist aus so vielen Blickwinkeln überheblich, dass man fast schon schmunzeln möchte, wenn man dieser Branche beim Untergang zusieht.
    Lesungen und Autorenabende können ganz lässig von Universitäten und Büchereien getragen werden. alternativ bieten sich Kneipen und private Selbstorganisation an. Den kleinen Buchhandel als Träger braucht dazu kein Mensch und es schlichtweg falsch, die Wahrung eines Kulturguts beanspruchen zu wollen. Und weil genau diese realistische Einsicht um’s Verrecken nicht gemacht werden will, wird keiner überleben.
    Es wird immer noch um Formalien gekämpft. Unglaublich! Alle sitzen im gleichen sinkenden Schiff und jeder beschuldigt den anderen, zu schwer und zu satt zu sein.
    Solange derartige Verblendung und Anmaßung herrscht, gibt es keine Hoffnung. Wie kann man sein berufliches Leben in dieser Branche verbringen und glauben, dass Lobbyarbeit und Satzungsänderungen etwas bewirken?
    Der Buchhandel ist kulturell genauso notwendig wie es CD-Läden früher waren oder die letzten Videotheken heute sind. Sie verschwinden und kein Mensch vermisst sie. Das gleiche gilt für die kleine Buchhandlung, die alles anbietet, ihren Regalplatz an den Meistbietenden verkauft, kein Konzept und keine Intelligenz hat.
    Ausschließlich Fachbuchhandlungen haben eine Chance. Etwa eine Buchhandlung, die nur Kochbücher anbietet, ein Cafe integriert hat, die Autoren der Bücher einlädt und mit ihnen Kochkurse veranstaltet, die eine rege Aktivität auf Youtube unterhält und die Kundschaft mit regelmäßigen Promos und unangefochtener Expertise bei Laune hält. So ein Laden steht zB in San Francisco und wird dort in 20 Jahren auch noch stehen. Der Barnes & Nobles daneben nicht mehr.
    Genauso wenig der deutsche Hugendubel in der deutschen Fußgängerzone oder jede vergleichbare Konkurrenzkette. Hugendubel bietet für mich keinen Mehrwert, keine Exzellenzambition. Das einzige, was die Mitarbeiter können, ist einem sagen WO ein Buch steht. Und das muss man auch nur fragen, weil die Computer-Suchterminals mit Metalltastatur völlig veraltet sind und keinerlei Benutzerfreundlichkeit aufweisen.
    Wenn ich bei Amazon ein Buch anklicke, dann bekomme ich durch Kundenrezensionen, weiterführende Links, Kaufempfehlungen, durch Kindle Community-Highlights und vieles mehr eine derartige Menge an Mehrwert, dass keine plumpe Filiale da rankommt, die ihr Schiff noch mit einem Konzept betreibt, das sich Ende der 80er etabliert hat.
    Und Amazon ist nicht der Bösewicht, sondern lediglich einer von vielen Auswüchsen eines Grundprinzips des Internets: flache Hierarchien, keine middle men mehr, Demokratisierung.
    Der einzige Ausweg für den Einzelhandel, den Verleger und den Verlag ist eine Exzellenzinitiative.
    Nochmal: Exzellenzinitiative.
    Was kann ich bieten, was andere online wie offline nicht bieten können? Wo kann ich mein Leistungsangebot erweitern, damit der Kunde mich aufsucht? Und hiermit ist nicht das Anbieten von Kuchen und Kaffee gemeint.
    Die Branche wird nicht bestehen bleiben. Das muss verstanden werden. Alles andere ist Verblendung. Die Umbrüche sind zu drastisch. Keine Form von Druckausüben innerhalb der klassischen Strukturen kann das aufhalten. Kein Gesetz, keine Lobbyarbeit, kein Entgegenkommen der Verlage.
    Wenn der Autor des obigen Artikels wirklich glaubt, er könne überleben und sogar Gewinn machen, falls seine genannten Forderungen durchweg erfüllt werden, dann kann er morgen früh schonmal mit dem Zollstock die qm seiner Ladenfläche nachmessen. Über 1000qm wird in 3 Jahren ein H&M Laden darin sein. Unter 1000qm ein Douglas.
    Wenn die Strukturen der Branche so lieb gewonnen sind, dass man sehenden Auges gegen die Wand fährt, dann sei es so.
    Jeder ist gewarnt worden.

    • Und wofür brauchen wir H&M und Douglas? Das picken doch auch die Amazon-Knechte in die Kartons.

    • Manfred Keiper | 21. Juni 2013 um 20:10 | Antworten

      Hallo Ahab – Klugscheißer,
      zeig uns doch mal, wo Du bei Amazon „Demokratisierung“ siehst. Deine eigene Realitäts- und Selbstwahrnehmung ist nicht nur schief, sondern ganz schön schräg. Versuchs doch mal mit´nem Blick draußen auf die bundesdeutsche Realität, oder meinetwegen in die amerikanische: Amazon holt sich hier wie dort und haufenweise Förderungen und Zuschüsse, und das sind nicht solche Peanuts wie sich jetzt manche Buchhändler erhoffen. Für jedes Logistik-Center gibt´s haufenweise Wirtschaftsförderung, Lohnkostenzuschüsse, kostenlose „Praktikanten“, in den USA werden die Bundesstaaten gegeneinander ausgespielt: „Willst Du Mehrwertsteuer, kriegst kein Logistikcenter!“ In Europa sackt Amazon die Mehrwertsteuer für sich ein, in den USA kann sie damit die stationäre Konkurrenz preislich unterbieten, und Steuern zahlt Amazon so gut wie gar nicht. Die Jungs sind ja nicht blöd. Klotzen statt kleckern ist das Prinzip, Abzocken, wo es geht! Kein örtlicher Händler kann das hinkriegen, weder in den USA, in UK noch bei uns hier. Kann man alle abschaffen? Klar doch, weg damit, die kennen Dich nicht, Du kennst die nicht. Sag mal, wovon lebt Du eigentlich? Überleg mal, ob man Dich überhaupt brauch. Oder schaff Dich doch erst einmal selbst ab. Womöglich kostet Du nur! Also weg mit Dir!

  5. Ulrich Straub, Bunter Bücherla | 20. Juni 2013 um 13:53 | Antworten

    Kann ich nur unterstützen

  6. Frei nach Sarrazin: Der Börsenverein hat kein Einnahmen-, er hat ein Ausgabenproblem. Durch zuviel Quatschprojekte, um hier als jüngstes Beispiel nur mal SiDiM zu nennen:
    http://www.buchreport.de/nachrichten/online/online_nachricht/datum/2013/06/13/piratenfallen-im-text.htm?no_cache=1?no_cache=1

    Auch bei der Metadatenbank drückt er sich offensichtlich um eine Ausschreibung.

  7. Jürgen Rieger, Buchhdl. Rieger | 20. Juni 2013 um 9:40 | Antworten

    Sehr gut! Diesen Beitrag kann ich nur voll und ganz unterstützen!

  8. Die Buchhändler wollen also wie die Harz4 empfänger Kohle vom Steuerzahler.

    • Steuerzahler

      Nein, nicht wie die Hartz4-Empfänger! Eigentlich sind es die Veranstaltungs- und Lesungs-Etats (der Buchhnandlungen), die der Kohle des Steuerzahlers bedürfen, und die werden nun einmal von den vielen „kleinen“ Buchhändlern gemanagt. Jede Stadtbücherei hat da bessere Spielräume und Quellen, ihr Engagement finanziell unterstützt zu bekommen. Es geht also nicht um Pauschalförderung schwacher Existenzen, sondern um Belohnung „schützenswerter Kultur (die Unesco läßt grüßen) – Arbeit“.
      Und zur VLB-Gratiseinbindung in die Bestell-EDVs von Börsenvereinsmitgliedern: eigentlich beschämend, daß unsere Vertreter mehrjährige Ebook-Förderkampagnen fahren, aber so etwas Grundsätzliches nicht meinen finanzieren zu können. M.Luy, nicht mitwählend, aber noch Börsenvereinsmitglied

    • Manfred Keiper | 20. Juni 2013 um 10:55 | Antworten

      Ja, Steuerzahler, denn wenn mal eben 500 Mio Euro Steuergelder für Maschinen im Tötungsvorfeld (und das ist die winzige Spitze eines Eisberges!) rausgeschmissen werden können, dann wäre es recht und billig, wenn 100 oder 200 Mio für Kultur- und Leseförderung u.ä.m. umverteilt werden würden. Das wäre sogar besser für die Köpfe und für den Wirtschaftsstnadort Deutschland!

    • Manfred Queisser | 20. Juni 2013 um 12:41 | Antworten

      Buchhandlungen zu erhalten ist unter den vielen Varianten wie heute Steuergeld verschwendet wird (Bankenrettung, Eurohawk usw.) ein lohnenswerte Aufgabe. Frankreich als Kulturnation nimmt sie jetzt in Angriff.

    • Hartz4-Empfänger-Beschimpfung ist einfach, meistens
      nicht treffend und selten gewinnbringend für eine Diskussion. Übrigens:
      Die Steuerquote (also der Anteil des Haushaltseinkommens, der für
      Steuern jedweder Art aufgewendet wird) ist bei Hartz4-Haushalten
      besonders hoch. Sie sinkt mit steigendem Einkommen. Ist aber ein ganz
      anderes Thema.

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