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Helga hilf

Aus der Abteilung Kuriosa: Der VWL-er Thomas Hönscheid (Foto re.) hat die Grundlagen der Preistheorie in einen Arztroman gekleidet. Im Interview beschreibt der Autor, was „Schwester Helga“ (Eichborn) für die Schullektüre prädestiniert und warum Helga bald Ursula von der Leyen ablöst.

Deutschlands Schülern fehlen profunde Wirtschaftskenntnisse. Was „Schwester Helga – Du maximierst mein Glück“ zur verpflichtenden Schullektüre?
„Effizienz“ und „Wettbewerbsfähigkeit“ sind Schlüsselbegriffe der heutigen Zeit – fast so, wie es früher die Begriffe „Schuld“ und Sühne“ waren. Die Schülerinnen und Schüler lernen, differenziert über diese beiden mächtigen Begriffe nachzudenken: Wie entstehen Preise auf Märkten? Warum kommt der Mensch, außer im Paradies, nicht ohne Preise aus? Was ist ein Marktgleichgewicht? Was ist Effizienz? In welchem Bezug stehen wirtschaftliche Effizienz und soziale Gerechtigkeit – Ergänzung oder unvereinbarer Gegensatz? Kauft man eine Mandeloperation genauso wie eine Markenjeans? Was ist Sinn und Zweck des Wettbewerbs? Welchen Einfluss hat die Werbung auf unser Kaufverhalten? Welche Rolle kann und sollte der Staat in einer Marktwirtschaft spielen? Vor allem aber, das ist mein naiver Wunsch als Autor, sollen die jungen Leute mitnehmen: Wert haben nur die Dinge, denen wir einen Wert beimessen.

Ihr Buch ist prädestiniert für Folgeromane. Was passiert in der Klinik von Schwester Helga, wenn der gierige Hypo Real Estate-Banker mit Pseudo-Amnesie eingeliefert wird?
Der gute Mann würde zunächst eingehend auf Herz- und Hirnfunktionen untersucht. Die Diagnose scheint mir klar: chronische Egomanie, manische Fixierung auf sozialen Status, tatsächliche Amnesie im Bereich elementarer Risiko-Ertrags-Zusammenhänge und moralische Bewusstseinseintrübung in gefährlichem Ausmaß. Die einzig richtige Therapie wäre in meinen Augen eine gesunde persönliche Pleite. Der Investmentbanker müsste begreifen, dass Finanzspritzen des Staates kein Allheilmittel sind.

Die Finanzkrise wirft fast alle ökonomischen Modelle über den Haufen. Wie wird sich Helga künftig up to date halten müssen, um auf Augenhöhe mit dem Chefarzt diskutieren zu können? Wie wird Helga in zehn Jahren leben?
Nicht alle Modelle wurden über den Haufen geworfen. Auch das Verhalten von Lemmingen und „Rationalitätsfallen“, wie sie nun zugeschnappt sind, lassen sich mit Hilfe der Mikroökonomie recht gut modellieren. Richtig ist allerdings: Nach Jahrzehnten des entfesselten Marktliberalismus wird nun überall nach dem Staat gerufen. Und so wird Helga, um up to date zu bleiben, sicher Bekanntschaft mit der Schwester der Mikroökonomie machen müssen: der Makroökonomie. In zehn Jahren wird Helga dann promovierte Volkswirtin sein – und Ursula von der Leyen als Familienministerin ablösen.

Thomas Hönscheid: Schwester Helga –
Du maximierst mein Glück.
Der Arztroman zur Mikroökonomie.

Eichborn 2009, 12,95 Euro

Blog:schwesterhelga.de

Auszüge aus dem Buch hier und hier

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