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Gesundheitsrisiko Bilderbuch

Das EU-Parlament wird kommende Woche eine neue Spielzeugrichtlinie verabschieden, die die Kinderzimmer sicherer macht, nachdem es in den letzten Jahren mehrfach spektakuläre Rückrufaktionen u.a. wegen gefährlicher Chemikalien gegeben hatte. Unter die Richtlinie sollen auch Pappbilderbücher fallen, was Bilderbuchanbieter aus Gründen der Funktionalität, der Ästhetik, aber auch der Wirtschaftlichkeit zu verhindern versucht haben. „Es schien fast schon beschlossene Sache zu sein, dass Pappbilderbücher von der überarbeiteten EU-Spielzeugrichtlinie ausgeschlossen werden“, berichtet Ravensburger, doch das Blatt habe sich überraschend noch einmal gewendet: „Die EU geht weiterhin davon aus, dass von Pappbilderbüchern für Kleinkinder unter 3 Jahren Gesundheitsrisiken ausgehen können.“

Ravensburger Geschäftsführerin Renate Herre kann diese Argumentation nach wie vor nicht nachvollziehen. Seit fast zwei Jahren setzt sie sich für angemessene Prüfbedingungen beim Pappbilderbuch ein. „Es gibt kein Produktsicherheitsrisiko bei Büchern, die ausschließlich aus Pappe und Papier bestehen“, sagt sie stellvertretend für die deutschsprachigen Kinder- und Jugendbuchverlage. „Dies ist durch zahlreiche medizinische Gutachten belegt. Daher ist es unverständlich, dass Pappbilderbücher den gleichen Testkriterien wie Spielzeug unterliegen.“

Ravensburger berichtet von der letztlich vergeblichen Lobbyarbeit:

  • In Brüssel habe der parlamentarischen EU-Ausschuss überzeugt werden können.
  • Der Ministerrat und die EU-Kommission hätten sich unerwartet gegen die Beschlussvorlage der Abgeordneten gewandt: Pappbilderbücher sollen auch weiterhin nach den gleichen Kriterien wie Spielzeug getestet werden.
  • Das überarbeitete Regelwerk sehe derart strenge Auflagen vor, dass Ravensburger wie auch andere Kinderbuchverlage nun um die Angebotsvielfalt des Pappbilderbuchs fürchten.

„Die geforderte Materialverstärkung schränkt die Titel in ihrer Funktionalität ein, Kleinkinder würden sie viel schwieriger greifen können. Und wenn es bestimmte Pappbilderbücher mit Spieleffekten nicht mehr gibt, entfällt ein Medium, welches im Rahmen der Frühförderung eine Schlüsselfunktion übernimmt“, so Renate Herre. „Aber ganz abgesehen davon: Kleinkinder werden immer mit Hingabe an Büchern lutschen und Ecken anknabbern. Die Seite kann noch so dick sein, jede mechanische Prüfung im Labor bestehen und trotzdem werden sich bei entsprechender Einspeichelung Papierfasern oder kleine Ecken lösen. Und deshalb ist die Verpflichtung zur Drehmomentsprüfung eine absurde Angelegenheit, die keineswegs zielführend ist.“

Auch der Börsenverein hat sich heute zu Wort gemeldet:

„Nachdem die Verhandlungen zwischen Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und Rat der Europäischen Union über die Regelung für Pappbilderbücher im Rahmen der EU-Spielzeugrichtlinie gescheitert sind, fordert der Börsenverein des Deutschen Buchhandels für Pappbilderbücher eine Überarbeitung der gegenwärtigen Prüfungsbestimmungen der Europäischen Normungsbehörde CEN. „Der Schutz und die Sicherheit der Kinder haben für den Börsenverein oberste Priorität“, erklärt Börsenvereins-Geschäftsführer Alexander Skipis. „Allerdings ist es nicht nachvollziehbar, dass an Pappbüchern völlig praxisfremde technische Tests vorgenommen werden.“ Grundsätzlich unterstütze der Börsenverein sowohl chemische als auch mechanische Prüfstandards für Spielzeuge. So werden die für die Bilderbücher verwendeten Materialien wie Papier, Lacke und Farbe regelmäßig auf ihre chemische Zusammensetzung geprüft.

Bei den mechanischen Prüfungen im Rahmen der EU-Spielzeugrichtlinie war festgestellt worden, dass Kinderpappbücher, die als Spielzeug gelten, den Sicherheitsstandards nicht genügen, weil Buchecken herausgebrochen werden können. Derzeit wird den Verlagen für diese Bücher deshalb das CE-Prüfsiegel verweigert.


Kommentare

1 Kommentar zu "Gesundheitsrisiko Bilderbuch"

  1. Mir jedenfalls ist noch kein Kindersterben wegen Papp- Bilderbüchern bekannt, und in kleinen Mengen ist Pappe verträglich. Real ist für mich die Gefahr, daß bei einem Verbot auch die letzten Kinder Probleme mit dem Lesen bekommen.

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