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Für die Marke und die Branche

Nach den jüngsten Douglas-Ge­schäftszahlen ist Thalia mittlerweile bei einer Umsatzgrö­ßen­ordnung von 900 Mio Euro (brutto) angelangt und baut damit seine Marktführerschaft weiter aus. Auf dem Weg dahin hat der Konzern die Buchhandelslandschaft in den letzten Jahren massiv verändert. Seine Geschäftspolitik, motiviert durch das Streben nach Marktmacht und nicht durch kulturelle Berufung, wird deshalb immer wieder, zuletzt auf der Buchmesse, kritisch diskutiert.

Weil das Unternehmen – von Konditionenfragen abgesehen – bisher nicht gerade durch Kreativität aufgefallen ist, lässt der jüngste Schritt aufhorchen. In dem am 9. Oktober in Weiterstadt eröffneten Pilot­shop (hier mehr) hat der Marktführer im Einkaufszentrum Loop5 auf 2000 qm einen offenen Laborversuch gestartet, um herauszufinden, welche Möglichkeiten sich dem stationären Buchhandel heute bieten. In Kooperation mit Sony wurden verschiedene Touchscreens konzipiert, um die Entwicklung „zum echten Multi-Channel-Anbieter“ zu beschleunigen und in den Köpfen der Kunden zu verankern.

Diese Verankerung ist wichtig, denn die Erfahrungen haben ge­zeigt, dass es nicht genügt, unter www.thalia.de ein Online-Angebot zu machen und in den Innenstädten und Einkaufscentern gleichnamige Buchhandlungen zu führen. Die Angebotsformen müssen wirkungsvoll verzahnt werden, und wirkungsvoll heißt heute zum Beispiel, dass der Kunde eine Botschaft aus dem Laden an seinen heimischen Computer schicken kann, um sich angesichts der Reiz­überflutung später überhaupt noch daran zu erinnern, in besagtem Laden Bücher und andere Medien angesehen zu haben.

Der im Loop5 gewährte Innovationsspielraum war so groß, dass die Thalia-Filiale an manchen Stellen eher an die Muster­flächen der Düsseldorfer Ladenbaumesse EuroShop erinnert denn an eine reale Buchhandlung, mit der reale Umsätze ge­macht werden sollen. Auch Geschäftsführer Michael Busch räumt ein, dass manches von dem, was am Tag der Eröffnung in Weiterstadt zu sehen war, den Weg in keine andere Filiale finden wird, ja möglicherweise nach abgeschlossener Experimentierphase auch aus der Modellfiliale verschwindet. Trotzdem könnte das Geld gut investiert sein, und zwar nicht nur für Thalia, sondern für die gesamte Branche.

Geteilte Rechnung

Auch Verlage, die sich dieser Tage ärgern, mit welch hohen Gutschriftswünschen Thalia in die Jahresgespräche geht, sollten sich durch Weiterstadt ein wenig besänftigen lassen: Hier hat der Marktführer Geld in die Hand genommen, um herauszufinden, wie Bücher heute präsentiert werden müssen, damit es in zehn Jahren auch noch einen stationären Buchhandel gibt, damit nicht alles zu Ama­zon und den anderen Online-Buchhandlungen abwandert oder gar von illegalen E-Book-Tauschbörsen abgefischt wird.

Welche Unterstützung Thalia von den Produzenten erwartet, wird im Loop5 aber auch schnell deutlich: Einzelne Bildschirme in der Reise- (National Geographic) und in der Kinderbuchabteilung (Ravensburger) werden von bestimmten Verlagen exklusiv belegt.

Maria Ebert

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