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»Es muss nicht immer blutig zugehen«

In der Titelflut des Buchmarktes sind Cover oft kaufentscheidend.

Originelle Ideen werden alljährlich im Mai mit dem »Bloody Cover«-Preis geehrt. Der Literaturagent Peter Molden erklärt, was ein gutes Cover ausmacht.

Peter Molden:Im Januar 2005, unmittelbar nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer bei Lübbe, hat Peter Molden in Köln seine Autoren- und Verlagsagentur gegründet mit den Schwerpunkten Autorenvertretung sowie Verlagsvertretung und -beratung. Molden betreut Autoren in den Bereichen Werbung, Presse und PR, verhandelt mit Buchclubs und ausländischen Lizenznehmern.

Mit dem undotierten „Bloody Cover“-Preis zeichnet die Autorengruppe Das Syndikat deutschsprachige Krimis aus. Der Literaturagent Peter Molden, der Krimi-Autoren vertritt (darunter auch Beate Maxian, deren „Tod in der Hofburg“ auf Platz 5 landete), über die Bedeutung des Covers.

Was halten Sie von der diesjährigen „Bloody Cover“-Auswahl?

Es sind drei wirklich sehr gut gemachte Cover, wo das Zusammenspiel von Titel, Formulierung und Motiv gut umgesetzt wurde. Aufgefallen ist mir auch, dass viel Wert auf Layout und Stimmigkeit der Schriften gelegt wurde, deren Rolle sonst – übrigens nicht nur im Krimi-Bereich – häufig unterschätzt wird. Die Motive haben einen Eyecatcher, etwa die rote Nase oder den Apfel. Nicht nur die Gestalter haben gute Arbeit geleistet, sondern auch die Lektoren, die jene informieren müssen, denn in der Regel lassen Verlage die Cover von Werbeagenturen entwerfen, auch um von einem stärkeren Wettbewerb der Ideen zu profitieren.

„Still“ und „Blutapfel“ deuten auf den ersten Blick nicht sofort auf Kriminalromane hin. Kann das als Kaufanreiz für Krimi-Leser funktionieren?

Auf jeden Fall, weil eine Spannung entstehen muss aus dem Titel und dem Motiv. Bei „Still“ ist es etwa das Kreuz und der Untertitel, die schließlich doch auf das Genre hinweisen. Bei „Blutapfel“ ist es die rote Einfärbung, die sehr aggressiv wirkt und in Verbindung mit dem Titel neugierig macht. Das Wichtigste ist doch, dass der Buchkäufer an Titel und Umschlag hängenbleibt – und das gelingt bei allen drei ausgewählten Titeln sehr gut. Es ist nicht notwendig, dass immer ein Mordopfer auf dem Cover zu sehen ist. ▹

Muss man Krimis denn eindeutig am Cover identifizieren können?

Der Krimi erfordert Spannung, aber zum Cover gehört ja sowohl die Titelformulierung wie auch das Motiv, beides muss eine Einheit bilden. Für die Kaufentscheidung ist es natürlich wichtig, weil das Cover bereits eine bestimmte Erwartung beim Käufer eines Krimis auslöst.

Für einen „Bloody Cover“-Wettbewerb geht es eher unblutig zu. Spielt das Pulp-Klischee des bluttriefenden Titelbilds keine Rolle mehr auf dem Buchmarkt?

Es muss nicht unbedingt blutig zugehen: Zwar wirkt Rot immer noch als Signalfarbe, die die Blicke auf sich zieht, aber die Funktion des Covers ist vor allem, eine Geschichte zu vermitteln. Da ist ein roter Apfel wie bei „Blutapfel“ dezenter, verweist aber gleichfalls auf eine Crime-Story. Das gilt auch für die rote Nase auf dem Totenschädel beim Cover von „Totgelacht“. Das Motiv muss dafür sorgen, dass der Leser sich eine Krimi-Geschichte vorstellt.

Mittlerweile zählen düstere, bedeutungsschwere Landschaften zu den ewig wiederkehrenden Motiven in der Novitätenflut. Ist die Gefahr der Austauschbarkeit bei Krimis höher als in anderen Genres?

Das ist ein wichtiges Thema, denn viele Krimis sind Reihentitel, da muss man schon sehr aufpassen, dass man eine Ähnlichkeit hat, die aber nicht zu einer Verwechslung führen darf. Wenn ich immer Landschaften verwendet habe, muss ich mich bemühen, bei einem neuen Titel der Reihe eine Landschaft zu finden, die zwar Assoziationen mit bisherigen Titeln erlaubt, aber dennoch letztlich irgendwie anders ist. Ein gutes Beispiel, wie man diese Gratwanderung in der Praxis besteht: Bei den Eifel-Krimis der von mir mitbetreuten Krimi-Autorin Martina Kempff, die bei Piper veröffentlicht, waren immer Landschaften auf den Covern. Irgendwann wurde im Verlag entschieden, ein Tier aufs Cover zu nehmen. Seither wechseln die Tiere auf den Covern und dennoch hat man in der Gesamtschau eindeutig eine Wiedererkennung. Trotz Reihencharakter kommt es nicht zu einer Verwechslung. Dabei spielt auch wieder die Schrift eine entscheidende Rolle: Die einheitliche Typografie trägt ebenfalls dazu bei, dass ein Bezug zu einer Serie hergestellt wird.

Die meisten Belletristik-Neuerscheinungen sind Krimis. Wie können sich Verlage über das Cover von der Masse abheben?

Es ist schwierig, aber sie müssen versuchen, eine eigene Handschrift zu entwickeln: Das kann über die Schrift und die Gesamtgestaltung geschehen. Meines Erachtens ist es dem Emons Verlag ganz gut gelungen: Die Bücher des Verlags haben fast immer eine Landschaft auf dem Cover, dazu ein Querbalken mit Autor und Titel, sodass sich jeder Titel eindeutig als Emons-Titel und als Spannungsroman applizieren lässt. Trotzdem ist jedes Buch anders und lässt sich von den anderen Publikationen unterscheiden.

Ist das Cover wirklich so wichtig für den Erfolg eines Krimis?

Ja, denn abgesehen von den Bestseller-Autoren, die beim Publikum etabliert und bekannt sind, gibt es einfach zu viele ähnliche Spannungsbücher: Wenn auf einem Präsentationstisch in der Buchhandlung 50 Bücher liegen, hat jeder Titel nur wenige Sekunden, in denen das Auge des Kunden über das Cover schweift. Das Cover ist die erste Botschaft und Auslöser dafür, dass der Kunde zugreift und sonst nichts. Natürlich kann auch ein guter Krimi mit einem weniger guten Cover erfolgreich sein, wenn es positive Rezensionen oder Empfehlungen in den sozialen Netzwerken gibt. Aber das Cover ist ein Türöffner für den Markt, den man nicht unterschätzen darf.

Die Fragen stellte Till Spielmann

Unblutig: Die in diesem Jahr von mehr als 3000 KrimiFans ausgewählten drei besten „Bloody Cover“ wurden jeweils gestaltet von der Network! Werbeagentur in München („Still“, Platz 1), vom Styria-Artdirector Bruno Wegscheider („Totgelacht“, Platz 2) und der Hauptmann und Kompanie Werbeagentur in Zürich („Blutapfel“).

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Foto: privat

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