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Eine einfache Botschaft als Branchenfeuerwerk

Die Bertelsmann-Buchtochter Random House hatte bereits vor dem Höhepunkt der konsumdämpfenden Finanzkrise in den USA mäßige Zahlen addiert und die wirtschaftlichen Ziele heruntergeschraubt. Damit es nicht auch noch ein „fürchterliches Weihnachtsgeschäft“ gibt, wie US-Buchhandelsprimus Barnes & Noble kürzlich menetekelt hat, war Kreativität gefragt. Wie lassen sich vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise zusätzliche Verkaufsanreize für Bücher schaffen?
Diese Frage hatte Markus Dohle, der neue CEO von Random House Inc., während eines Meetings aller Vertriebsabteilungen der größten Publikumsverlagsgruppe Nordamerikas motivierend-provokativ in den Raum gestellt. Und die Runde hat eine beeindruckend schlichte Antwort gefunden, die sich sogar eigendynamisch zum Branchenmarketing entwickelt.

Alle ziehen an einem Strang

„Books=Gifts“, die Gleichsetzung von Büchern mit Geschenken, ist jenseits des Atlantiks Tagesgespräch. Alles an der innovativen Weihnachtskampagne ist ungewöhnlich. Angefangen bei der Tatsache, dass die üblicherweise eifersüchtig auf ihre Autonomie bedachten Random House-Verlage mit Feuereifer an einem Strang gezogen haben, um sie umzusetzen und daraus nicht eine Selbstdarstellung des Marktführers gemacht haben, sondern ein Konzept für branchenübergreifendes Marketing für alle US-Verlage. RH-Sprecher Stuart Applebaum fasst die Idee hinter „Books=Gifts“ in drei Worten zusammen: „Jeder kann mitmachen.“

Die Aufgabe, aus einer eher vagen Vorlage der Random House Sales Group eine Publikumskampagne aus einem Guss mit eingängiger Botschaft zu schneidern, fiel Doubledays Marketingleiterin Suzanne Herz zu. Der Zeitrahmen war knapp: Als sie ins Boot geholt wurde, war es Oktober und nur sechs Wochen bis zum geplanten Startschuss der Kampagne am 23. November.

Kreativität im Eiltempo

Letztlich brauchte die von Herz kurzfristig zusammengestellte „Task Force“ aus sieben Marketing- und Designspezialisten aus allen Konzerndivisionen nur die Hälfte der Zeit, um „Books=Gifts“ aus der Taufe zu heben. „Im Nachhinein ging alles schneller als erwartet. Eine Brainstorming-Runde, vier Meetings, in denen die Rollen verteilt wurden, viel Unterstützung durch die PR-Abteilungen, und wie bei einem Puzzle griff plötzlich eins ins andere. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht.“ In allen werblichen Auftritten der Random House-Verlage strahlt prominent das Motto „Books =Gifts“.

Auch Dan Brown wirbt im Video für die Kampagne.

Das Kreativteam hat mehrere flexible Marketingbausteine entworfen, die schwerpunktmäßig im Internet eingesetzt werden, aber auch in der traditionellen Printwerbung Akzente setzen. Auf der „Books=Gifts“-Homepage gibt es Links zu Buchhandlungen und Buchempfehlungslisten u.a. von „Entertainment Weekly“, „IndieBound“ und „Publishers Weekly“. In Videoclips begründen Bestsellerautoren wie Dan Brown, Christopher Paolini, Dean Koontz und Maya Angelou, warum Bücher aus ihrer Sicht ideale Geschenke sind.

Im Mittelpunkt aller Aktivitäten steht das von Bantam-Books-Designer Marc Brower gestaltete Logo. Die schleifengeschmückte goldene Weihnachtskugel mit dem ebenfalls von Brower stammenden Slogan „Books=Gifts“ wird solo eingesetzt oder in Kombination mit animierten Bannern und Druckmaterial in unterschiedlichen Formaten. Auch vier verschiedenfarbige E-Mail-Signaturen gehören zum Paket. Herz: „Es geht nicht darum, bestimmte Titel und Autoren zu bewerben, sondern das Buch ganz allgemein in den Blickpunkt zu rücken.“

Seit dem 23. November erscheinen „Books=Gifts“-Anzeigen bzw. Bannerwerbung sowohl in den Printausgaben und/oder auf den Websites u.a. von „New York Times“, „New York Times Book Review“, „The New Yorker“, der weihnachtlichen Sonderausgabe von „The New Yorker Review of Books“ und „National Geographic“.

Dass die Anzeigenfläche ausnahmslos kostenlos zur Verfügung gestellt wird, ist nicht selbstverständlich. Überzeugungsarbeit war, so Herz, nirgends nötig. „Wir haben offene Türen eingerannt, womit ich in diesem Umfang nicht gerechnet hatte. Wir schaffen mit minimalem Aufwand eine Plattform für Bücher, die ein Millionenpublikum erreicht. Schade ist nur, dass wir den kommerziellen Effekt nicht messen können…“

Ein Lob der Eigendynamik

Schon frühzeitig hatte sich abgezeichnet, dass die Kampagne eine Eigendynamik außerhalb der Random House-Gruppe entwickeln würde. Der Appell zum Mitmachen stieß nicht nur bei den Medien, sondern auch bei vielen New Yorker Buchverlagen auf offene Ohren. „Wir hatten noch gar nicht alles in trockenen Tüchern, da gingen die ersten Anfragen ein“ erinnert sich Herz.
Telefonkonferenzen und viele persönliche Gespräche, wer sich wie und womit bei „Books=Gifts“ einbringt, haben inzwischen erste Früchte getragen:

  • Sowohl die Verlage der Hachette Book Group USA als auch Simon & Schuster bereiten für www.booksequalsgifts.com Videoclips mit ihren Autoren vor und werden im Dezember das Logo auf der Homepage einstellen.
  • HarperCollins hat sein PR-Team damit beauftragt, zusätzliches Anzeigenpotenzial in Printmedien, Hörfunk und Fernsehen auszuloten.

Ganz besonders intensiv engagiert sich der US-Verlegerverband, dessen Präsidentin Pat Schroeder „Books=Gifts“ in den höchsten Tönen lobt. „Werbung muss nicht immer teuer sein, das zeigt die Kampagne ganz deutlich. Warum ist eigentlich nicht schon früher jemand auf diese Idee gekommen?“

Die Association of American Publishers (AAP) hat das Logo in die Weihnachtswerbung der erfolgreichen Leseförderungskampagne „Get Caught Reading“ integriert. Das Motiv mit dem lesenden Weihnachtsmann gibt es für Buchhandel und Bibliotheken als Poster in verschiedenen Größen, aber auch als elektronische Grußkarte.

Spätestens zu Jahresbeginn will die AAP in Zusammenarbeit mit Random House für „Books=Gifts“ auf der Verbandshomepage ein eigenes Portal schaffen, auf dem alle Verlagsaktivitäten zusammengefasst werden, denn eins steht schon fest: Die Kampagne soll kein einmaliger Weihnachtsevent sein, sondern zur Dauereinrichtung werden. Herz: „Es gibt viele Anlässe, ein Buch zu verschenken, da ist nur ein bisschen Kreativität gefragt. Spontan fallen mir z.B. die Stichworte Valentinstag, Strandlektüre und Ostern ein.“

Anja Sieg

www.booksequalgifts.com, www.getcaughtreading.org

aus: buchreport.magazin 12/2008

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