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Dorit Müller: Der irische Buchmarkt in Zeiten der Wirtschaftskrise

Dorit Müller: Der irische Buchmarkt in Zeiten der Wirtschaftskrise

Ein Land, das vier Literaturnobelpreisträger und weitere großartige Schriftsteller und Schriftstellerinnen hervorgebracht hat, steckt in der Wirtschaftskrise. Hart getroffen durch die Bankenkrise und einem totalen Zusammenbruch des Immobilienmarktes, schlüpft es nun unter den EU-Rettungsschirm und präsentiert einen Vier-Jahres-Plan, der es in sich hat. Bis 2014 will die irische Regierung 15 Milliarden Euro einsparen. Für die Iren bedeutet das nicht nur, dass die Löhne und Sozialleistungen sinken, sondern auch, dass die Mehrwertsteuer von derzeit 21 Prozent bis auf 23 Prozent erhöht wird.

Zwar sind Bücher seit 1982 von der Mehrwertsteuer befreit, doch es drängt sich nun die Frage auf, ob sich dies im Zuge der Krise ändern wird. Auf Seite 97 im Vier-Jahres-Plan steht geschrieben, dass die Regierung die von der Mehrwertsteuer befreiten Güter, dazu zählen neben den Büchern auch Kinderbekleidung und Kinderschuhe, auf ein EU-Level bringen will. Jean Harrington von Maverick House und Präsident von Publishing Ireland sagte jedoch, dass es dumm wäre, die Mehrwertsteuer für Bücher einzuführen, vor allem wenn man versucht, eine wissensbasierte Wirtschaft aufzubauen”. Außerdem könnten die 377 Bibliotheken weniger Bücher in ihren Bestand aufnehmen, so Harrington weiter. Dies würde wohl nicht nur die Bevölkerung im Allgemeinen treffen, sondern auch viele Studenten, die zusätzlich noch die Einführung von Studiengebühren in Höhe von 2000 Euro pro Jahr befürchten müssen.

Von der schrittweisen Erhöhung der Mehrwertsteuer sind in jedem Fall sowohl Hörbücher als auch E-Books betroffen, die derzeit bereits mit 21 Prozent besteuert werden. Für Zeitungen und Zeitschriften gilt noch ein ermäßigter Satz von 13,5 Prozent. Mit der Erhöhung wird ein Einbruch der Verkaufszahlen erwartet. Dabei hat der irische Buchhandel für das Jahr 2010 bereits mehr als 7 Prozent Verlust an Wert und Umsatz einfahren müssen, dies entspricht ca. 10 Millionen Euro. Fergal Tobin, Verlagsleiter bei Gill & Macmillan, sagte, dass „vor allem die Titel im Mittelfeld vom Rückgang betroffen sind. Die Bestseller verkaufen sich zwar weiterhin gut, aber es gibt weniger von ihnen.“  Dabei waren Gill & Macmillan und auch viele andere Verlage bereits in den letzten Jahren gezwungen, die Anzahl ihrer Titel zu reduzieren, um ihre Kosten decken zu können.

Auf Grund der weiter sinkenden Verkaufszahlen mussten nun sowohl The History Press Ireland, zugehörig zur Verlagsgruppe The History Press, als auch New Island, ein irischer Verlag für zeitgenössische Literatur, bereits Personal entlassen. Andere Verlage setzen ihre Mitarbeiter auf Kurzarbeit, um einer drohenden Insolvenz entgegenzuwirken. Penguin Ireland konnte indes seine Verkaufszahlen stabil halten, nicht zuletzt dank Jamie Oliver’s „30 Minuten Menüs“ und anderen Bestsellern des Verlages.

Bei den 60. Stuttgarter Buchwochen im November auf die Frage angesprochen, wie Irland mit der schweren Wirtschaftskrise umgehe, äußerte sich der Botschafter Dan Mulhall optimistisch: Irland hat eine junge, gut ausgebildete Bevölkerung und ist ein exportstarkes Land. Wir haben heute viele Probleme zu lösen – aber ich bin zuversichtlich, dass wir das überwinden können.“

Nun bleibt abzuwarten, wie sich der Markt 2011 verändern wird. Vielleicht ist es ja ein gutes Omen, dass Dublin erst im Juli 2010 von der UNESCO zur Literaturstadt ernannt wurde…

Dorit Müller studiert Buchhandel/Verlagswirtschaft an der HTWK Leipzig.

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