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Deutsch-Deutsche Ansichten

Zwei Deutschlandromane, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, werden heute in Rezensionen vorgestellt. Der „Stern“ zeigt sich von Andrzej Stasiuk „Dojczland. Ein Reisebericht“ mehr als empört: Habe der polnische Bestsellerautor bislang vor allem den „wilden Osten“ beschrieben, knöpfe er sich nun den westlichen Nachbarn vor. „Herausgekommen ist ein vorurteilsbeladenes Machwerk, das man getrost als fremdenfeindlich bezeichnen darf.“ Stasiuk erlebe das Land nur im Rausch, egal, wo er hinkomme, sei er betrunken, er nehme nur „das Rot des Kommunismus und den schwarzen Rauch der Krematorien“ wahr. Das Magazin vermutet, dass Stasiuks Abneigung gegen Deutschland stark geprägt sei von seiner ersten, misslungenen Reise nach Leipzig vor etwa acht Jahren: Niemand habe damals auf ihn gewartet. „Als wenn er damals nicht selbst hätte ins Taxi steigen können, lässt er die Deutschen noch Jahre später dafür büßen.“ Ironisch könne das Werk wohl nicht gemeint sein, ein Blick in die polnische Originalfassung zeige sogar, dass vieles für die deutsche Fassung „entschärft“ wurde.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ widmet sich dagegen Uwe Timms „ambitionierten Deutschlandroman“ „Halbschatten“. Darin begebe sich Timm auf den Berliner Invalidenfriedhof, um Stimmen der deutschen Vergangenheit hören, genauer: die Geschichte der deutschen Fliegerin Marga von Etzdorf. Er entwickle zumindest zwei grosse Erzählungen, die ästhetisch und thematisch miteinander konkurrieren, ohne ein Ganzes zu ergeben. Der Roman sei eine zarte, leichtfüssig geschriebene Hommage an die Fliegerin und wolle zugleich ein dunkles Pandämonium der Geschichte sein. Timm erzähle die Geschichte aus historischen Quellen und reichere sie mit fiktivem Material und kongenialen Figuren an, doch die Verbindung zwischen den Porträts des NS-Personals und der Heldin gelinge nicht ganz. „Das Buch geht aber auch ein ästhetisches Wagnis ein. Wenn Uwe Timm viele Tonspuren nebeneinander legt, Ich-Erzähler um Ich-Erzähler einführt, dann fehlt dem Roman vor lauter Stimmen schliesslich der eigene Ton.“

Andrzej Stasiuk: Dojczland. Ein Reisebericht. Suhrkamp 2008, 9,00 Euro
Uwe Timm: Halbschatten. Kiepenheuer & Witsch 2008, 18,95 Euro
stern.denzz.ch

NACHGELESEN – Bücher heute in den Zeitungen


Belletristik

Henning Mankell: Der Chinese. A. d. Schwed. von Wolfgang Butt. Zsolnay 2008, 24,90 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 34)

Rolf Lappert: Nach Hause schwimmen. Hanser 2008, 21,90 Euro
fr-online.de

Håkan Nesser: Ein ganz anderer Fall. Btb 2008, 19,95 Euro
focus.de

André Aciman: Ruf mich bei deinem Namen. A. d. Amerikan. von Renate Orth-Guttmann. Kein & Aber 2008, 18,90 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)

Alan Bennett: Die souveräne Leserin. A. d. Engl. von Ingo Herzke. Wagenbach 2008, 14,90 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)

Irena Brežná: Die beste aller Welten. Edition Ebersbach 2008, 18,00 Euro
nzz.ch

Sachbuch

Alexander Mitscherlich: Die Unwirtlichkeit unserer Städte. Anstiftung zum Unfrieden. Suhrkamp 2008, 15,00 Euro
„Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Seite 34)

Michail Ryklin: Kommunismus als Religion. Die Intellektuellen und die Oktoberrevolution. A. d. Russischen von Dirk u. Elena Uffelmann. Verlag der Weltreligion bei Insel 2008, 17,80 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)

Paul Feyerabend, Hans Albert: Briefwechsel Band I: 1958-1971. Kitab Verlag 2008, 19,00 Euro
„Süddeutsche Zeitung“ (Seite 16)

Helwig Schmidt-Glintzer: Kleine Geschichte Chinas. C. H. Beck 2008, 19,90 Euro
Thomas O. Höllmann: Das alte China. Eine Kulturgeschichte. Ebd. 2008, 29,90 Euro
nzz.ch

Christian Rutishauser: Christsein im Angesicht des Judentums. Echter-Verlag 2008, 8,90 Euro
nzz.ch

Helmut Schmidt: Außer Dienst – Eine Bilanz. Siedler 2008, 22,95 Euro
„Bild“ (Seite 3)

VORAUSGEHÖRT – Bücher im Radio

Ein Klassiker der Weltliteratur steht beim Deutschlandfunk heute ab 20:30 Uhr auf dem Programm: Janes Austens „Northanger Abbey“. „Niemand, der Catherine Morland als Kind gekannt hatte, wäre auf den Gedanken gekommen, dass sie zur Romanheldin bestimmt sei.“ So verführerisch beginne der Roman, den die zur Zeit der Niederschrift (1798) 23-jährige Jane Austen als Parodie auf die Mode der „gothic novel“, des Schauerromans, konzipiert hatte und der ursprünglich den Titel „Susan“ tragen sollte. Austen erzähle vom Ausflug Catherine Morlands ins Kurbad Bath, von Liebe, Grundbesitz und Geld. Hans Pleschinski schreibe in seinem Nachwort für Claudia Otts Neu-Übersetzung von „Northanger Abbey“ im Manesse Verlag: „Geld fungiert drastisch als ebenso bestimmendes Daseinselement wie Witz, Schönheit oder Güte.“

Für den Deutschlandfunk liest Elmar Gunsch den ersten Teil dieses lange unterschätzen Klassikers, die Fortsetzung gibt es am kommenden Mittwoch zur gleichen Zeit.

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