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Der imaginäre Dylan

Während in Deutschland die Schavan-Affäre weiter für Schlagzeilen sorgt, wird in den den USA über Plagiate eines Bestsellerautors diskutiert. Geschlagene sieben Monate hat es gedauert, bis sich Jonah Lehrer den Fragen der Öffentlichkeit gestellt und Fälschungen und Erfindungen eingeräumt hat.

Das Onlinemagazin Tablet hatte im Sommer 2012 aufgedeckt, dass der Neurowissenschaftler Zitate von Bob Dylan für sein Buch „Imagine! – How Creativity Works“ gefälscht hat. Lehrer erklärte zunächst, dass die Zitate aus Materialbeständen zu einem bislang nicht veröffentlichten Film von Martin Scorsese über Dylan stammten. Zwar räumte Lehrer später seine Fälschungen ein und kündigte außerdem seinen Job als Autor beim US-Magazin „New Yorker“, mied aber seither das Licht der Öffentlichkeit.
Im Rahmen eines Seminars äußerte sich Lehrer jetzt zu seinen Plagiaten, wie die „Huffington Post“ berichtet. Lehrer habe persönliche und berufliche Fehltritte eingeräumt – und sich für das tête-à-tête mit Journalisten fürstlich entlohnen lassen (20.000 Dollar). Er habe in seinem „Imagine“-Buch Dylan-Zitate erfunden, er habe seine eigenen Texte plagiiert und gegenüber dem Journalisten Michael Moynihan (der die Fälschungen aufdeckte) gelogen. Und so Freunde, Familie, Kollegen und Lektoren enttäuscht.
Moynihan legte inzwischen auf Twitter nach. Es gebe auch „viele, viele Probleme“ mit Lehrers zweitem Buch „How We Decide“ (2009). Doch der Verlag habe auf seine Hinweise nicht reagiert.
In Deutschland hat C.H. Beck Lehrers Buch „Imagine“ offenbar auf Eis gelegt, die Übersetzung sollte ursprünglich am 23. August erscheinen. Man warte auf die revidierte Fassung, hieß es im August auf Anfrage von buchreport.de, um nach deren Prüfung zu entscheiden. Aktuell heißt es auf der C.H. Beck-Homepage: „Erscheinungstermin unsicher“ (eine Anfrage beim Verlag läuft).
Lehrers zweites Buch ist 2009 bei Piper unter dem Titel „Wie wir entscheiden“ erschienen; auch Lehrers Debüt ist bei Piper erhältlich („Prousts Madeleine“).

Kommentare

1 Kommentar zu "Der imaginäre Dylan"

  1. In diesem Zusammenhang ist es auch sehr spannend, dass Lehrers Buch sozusagen aus dem Internet „gelöscht“ wurde. Das gibt zu denken, was mit rein digitalen Büchern in Zukunft geschehen könnte. (Mehr Infos gibt es hier: http://www.theatlantic.com/ent

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