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Das Wichtigste wäre Transparenz

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) verteilt pro Jahr bis zu 2,7 Mrd Euro Fördergeld an Wissenschaftler. KD Wolff (Foto), Gründer und Verleger des Stroemfeld Verlags, kritisiert die intransparente und selbstgerechte Praxis der Organisation.

Die DFG unterstützt Wissenschaftler mit Fördergeldern in Milliardenhöhe. Was passt Ihnen nicht daran?

Die von der DFG vergebenen Fördergelder stammen im Wesentlichen aus Steuergeldern, die Vergabekriterien der DFG sind aber undurchsichtig und können öffentlich kaum geprüft werden, die DFG versteckt sich hinter ihrem „privaten“ Vereinsstatus.

Die Mittelvergabe der DFG erfolgt nach deren Aussage „nach rein wissenschaftsgeleiteten Kriterien im Wettbewerb“…

Die Mittelvergabe erfolgt nach Begutachtung durch die DFG. Aber die Gutachter werden nicht bekannt gegeben noch werden die Gutachten selbst den Betroffenen mitgeteilt. Es gibt keinen Rekurs, so können nicht einmal Missverständnisse geklärt werden. Und Betroffene müssten das Recht haben, befangene Gutachter abzulehnen.

Kann ein Verlag sich gegen eine ablehnende Entscheidung der DFG irgendwie wehren?

Die Verlage sind ja, da sie nicht selbst die Antragsteller sind, immer nur indirekt betroffen. Und die Antragsteller können bei einem ablehnenden Bescheid eben auch nur an die Öffentlichkeit appellieren! Aber selbst wenn über 500 Germanisten aus aller Welt wegen der DFG-Ablehnung unseres Kafka-Antrages protestieren, hilft das, wie wir erleben mussten, nicht! Dass zuvor unsere historisch-kritische Brandenburger Kleist-Ausgabe nach einigen Schwierigkeiten schließlich doch eine kleine DFG-Förderung erhielt, war vor allem der Tatsache geschuldet, dass vorher die DFG über 20 Jahre großzügig ein anderes „Kleist-Projekt“ gefördert hatte, von dem nichts erschienen war!

Die „E-Science“-Initiative der DFG fördert auch Open-Access-Publikationen von Verlagen. Eine gute Sache?

Die DFG versucht Wissenschaftler bei Förderung en passant zu zwingen, ihre Forschungsergebnisse unter Open Access zu publizieren. Das verletzt das Urheberrecht der Autoren und richtet sich gegen die wissenschaftlichen Verlage. Wer Open Access publizieren will, soll es meinetwegen tun; aber niemand, schon gar nicht die DFG, sollte einen Autor dazu zwingen.

Wie könnte das System der Fördermittelvergabe verbessert werden?

Das Wichtigste wäre Transparenz! Bekanntgabe der Anträge, Bekanntgabe der Gutachter, Bekanntgabe der Gutachten, Bekanntgabe der Vergaben! Es muss Schluss sein damit, dass immer dieselben „Verdächtigen“ ihre eigenen Projekte selbst verabschieden, selbst prüfen und selbst die „Exzellenzkriterien“ dazu bestimmen.

Die Fragen stellte David Wengenroth

Kommentare

1 Kommentar zu "Das Wichtigste wäre Transparenz"

  1. Frank Müller | 27. Juli 2011 um 4:49 | Antworten

    Sehr geehrter Herr Wengenroth,

    ich bin irritiert, dass Sie der DFG bereits im Anreißer eine „intransparente und selbstgerechte“ Praxis unterstellen. Auch wenn der buchreport.de ein Branchenblatt ist, wäre es wünschenswert, dass Sie als Journalist Neutralität bewahren und Aussagen kritisch hinterfragen.

    Dass Herr Wolff sich um sein Geschäft sorgt und dabei polemisch argumentiert und überspitzt ist sein gutes Recht. Sie, Herr Wengenroth, könnten jedoch einmal recherchieren, ob die Aussagen von Herrn Wolff den Tatsachen entsprechen. Ein Blick in die Vergaberichtlinien der DFG würden ihnen zeigen, dass es keine Open-Access-Verpflichtung gibt. Und Herrn Wolff würde der Blick nach Heidelberg zu Springer, oder nach Göttingen zu Copernicus, zeigen, dass man mit Open Access Geld verdienen kann.

    Viele Grüße,

    Frank Müller

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